Die neuen Medien transportieren in ihrem Angebot, wie die herkömmlichen Medien ebenfalls, auch für Kinder und Jugendliche problematische Inhalte, nämlich Gewalt verherrlichende, rassistische und pornografische. Der Unterschied zur herkömmlichen Medienlandschaft besteht vor allem darin, dass sich die neuen Medien sehr viel weniger effektiv mit den herkömmlichen Kontrollmechanismen fassen lassen. Was in anderen Hinsichten für die Informationsvermittlung von Vorteil ist, nämlich die schnelle Verfügbarkeit und Reproduzierbarkeit von Datenmaterial, die mit der Digitalisierung von Informationen einhergeht, wirkt sich hier nachteilig aus. Auch die Globalisierung der Medienlandschaft, die auf die weltweite Vernetzung von Informationssystemen zurückzuführen ist, schränkt die Effektivität traditio­neller Schutz- und Kontrollverfahren ein. Der Jugendmedienschutz muss sich daher heutzutage neuen Anforderungen stellen.

In den letzten Jahren sind einige, zum Teil sehr viel versprechende Schritte in die Wege geleitet worden. Einer hiervon ist der Aufbau von "jugendschutz.net" http://www.jugendschutz.net/ einer Jugendschutz-Kontrollstelle, die sich auf per Internet zugänglich gemachte und verbrei­tete Inhalte spezialisiert hat. Diese länderübergreifend ausgerichtete Stelle konnte im Oktober 1997 in Wiesbaden-Erbenheim ihre Tätigkeit aufnehmen und in den darauf folgenden Monaten mit beachtlichen Erfolgen stetig verbessern. Ihre Aufgabe besteht darin, einen Überblick über Art und Umfang jugendschutzrelevanter Angebote im Internet zu gewinnen, die jeweiligen Anbieter zur Änderung dieser Angebote zu bewegen oder dazu, derartige Inhalte aus dem Netz zu nehmen und schließlich, falls erforderlich, das für weitere Maßnahmen zuständige Land zwecks Weiterleitung an die Behörden zu informieren, damit rechtliche Schritte eingeleitet werden können.

Die Stelle arbeitet mit einem Crawler, das heißt, mit einem suchenden, sich online verlinken­den Rechner, der mit höherer Geschwindigkeit als Menschen und höherer Effektivität Angebote im Netz erfassen, prüfen und vergleichen kann. Der Suchvorgang findet auf drei Ebenen statt:

Mittlerweile ist die technische Verfeinerung der eingesetzten Suchmethodik so weit fortgeschritten, dass bei einem Suchvorgang des Crawlers etwa 100-200 Angebote gefunden werden, von denen wiederum mehr als drei Viertel wegen Verstoßes gegen Jugendschutzvorschriften als unzulässig klassifiziert werden können. Von diesen liegen weit mehr als die Hälfte in Deutschland. Das Angebot unzulässiger Inhalte in Deutschland ist also erschreckend groß, vor allem größer als gemeinhin angenommen wurde.

Besonders trifft dies auf den Bereich frei zugänglicher Pornografie zu, in dem die weitaus größte Angebotszahl auszumachen ist. Besonders fotografische Hardcore-Darstellungen sind in großer Zahl vorhanden. Auf der Eingangsseite werden sie in der Regel lediglich mit "Warnungen" und Hinweisen versehen, dass Jugendliche unter 18 Jahren die Folgeseiten nicht ansehen sollten. Am breitesten im Internetangebot vertreten ist insgesamt der Bereich des Rotlichtmilieus im weitesten Sinne. Clubs und Callgirls stellen sich dem Internetbenutzer vor, oft optisch unterlegt mit grob anstößigem Bildmaterial. Fast aus jeder größeren deutschen Stadt machen S/M-Clubs hier Werbung; Bild, Telefonnummer und Kurzbeschreibung der Domina, sowie bildschirmfüllende Detailfotos, Darstellungen von Folterinstrumenten, ja sogar Fotografien gefesselter, misshandelter Frauen, deren Verletzungen deutlich erkennbar sind, bilden keine seltene Ausnahme.

Auch in einem zweiten Bereich wird der Crawler immer wieder fündig: bei den privaten Angeboten und Homepages. Auch hier: Fotos in Selbstdarstellungsposen, werbende Angebote und Aufforderungen zur Prostitution, häufig ebenfalls der S/M-Sparte zuzuordnen. Sehr auffällig ist die große Anzahl von Links, die eine direkte Weiterleitung zu meist ausländischen Hardcore-Anbietern leisten. Es scheint unter den Anbietern noch immer weitgehend unbekannt zu sein, dass es strafbar ist, Gelegenheit zur Prostitution oder in grob anstößiger Weise zu sexuellen Handlungen im Internet frei anzubieten.

Bei einem dritten Inhaltsbereich, in dem der Crawler große Funde verzeichnen kann, den Publikationen der rechten Szene, ist vor allem die sehr sorgfältige Gestaltung des Angebotes auffällig sowie die intensive Verlinkung und Vernetzung der Angebote untereinander und schließlich die Tatsache, dass strafrechtlich in Frage kommende Symbole und Texte fast immer im Ausland platziert sind. "jugendschutz.net" ist hier vor allem vor die Aufgabe gestellt, das einheimische Angebot zu sichten, zu prüfen und die Links zu strafrechtlich relevanten Inhalten zu sperren.

Kurz noch zu einem rechtlich-definitorischen Aspekt, der Frage nämlich, Angebote welchen Inhalts denn überhaupt unzulässig sind. Dazu ist zu bemerken: Generell unzulässig sind

Jugendschutzwirksame Maßnahmen können natürlich nur so weit gehen, der Anforderung gerecht zu werden, die Verbreitung solchen Text- und Bildmaterials effektiv einzudämmen, eine Anforderung, der "jugendschutz.net" in vorbildlicher Weise nachkommt.

Gegen die prinzipielle Möglichkeit, die für Minderjährige besteht, rechtliche oder technische Hindernisse zu überwinden, indem sie einen Sicherheitscode knacken, Kreditkarten von Erwachsenen entwenden und für den Einlass in entsprechende Internetseiten benutzen oder ein Programm verändern, kann natürlich von dieser Seite nichts unternommen werden. Auch die Nutzer sind in dieser Hinsicht gefordert.

Bei Installation einer Jugendschutz-Software können auf der Nutzerseite jugendgefährdende Angebote erkannt und gesperrt werden. Auch hier hat "jugendschutz.net" positive Erfahrungen zu verzeichnen: Alle kontaktierten Anbieter waren bereit, Angebote für eine solche Software zu programmieren; leider jedoch sind erst wenige Angebote an diese Möglichkeit angeschlossen, so dass bislang erst entsprechend wenige Nutzer von der Möglichkeit einer Sperrung von problematischen Angeboten für ihre minderjährigen Kinder Gebrauch machen können.

Zitat aus der Seite von jugenschutz.net

Im Rahmen von Rechercheprojekten konnten wir vertiefte Kenntnisse über die Schutzrelevanz von wichtigen Phänomenen im Internet erhalten.
Im Jahre 2001 sind in diesem Rahmen im Auftrag des Bundesfamilienministerium ein Leitfaden für Eltern und Pädagogen

Ein Netz für Kinder - Surfen ohne Risiko? und eine CD-ROM Rechtsextremismus im Internet - Recherchen, Analysen, pädagogische Modelle entstanden.

Zum Thema Verantwortlichkeit für rechtlich fragwürdige Inhalte ist zu sagen, dass ein Anbie­ter für alle Angebote verantwortlich ist, die er entweder selbst erstellt hat, oder aber zumindest selbst ausgesucht hat, d. h. an anderer Stelle, in Büchern, Druckschriften, im Netz selbst, gefunden und in sein Angebot eingescannt hat. Auch in diesem Angebot platzierte Links, die zu anderen, fremden Inhalten führen, sind in den Bereich der Verantwortlichkeit einbezogen, und zwar genau dann, wenn aus dem Zusammenhang, in den sie gestellt werden, ersichtlich wird, dass sie Bestandteil des eigenen Angebotes im Sinne des Anbieters werden sollen (vgl. hierzu auch Kapitel 9.6: "Haftung für Links").

Für fremde Inhalte ist ein Anbieter (zum Beispiel ein Provider, der einen Speicherplatz auf seinem Server seinen Kunden zur eigenen Ausgestaltung zur Verfügung stellt) nur dann verantwortlich, wenn er von diesen Inhalten Kenntnis hat und es ihm technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu unterbinden.

Ein Beispiel: Ein Provider wie T-Online oder AOL ist in dem Moment für pornografische Inhalte auf der Homepage eines Kunden verantwortlich, in dem er Kenntnis von diesen Inhal­ten erlangt, z. B. durch ein Anschreiben von "jugendschutz.net" das ihn auf das jugendschutz-relevante Angebot aufmerksam macht und ihn bittet, für Veränderung zu sorgen. Reagiert er nicht durch Veränderung oder Sperrung des Angebotes, kann er rechtlich belangt werden.

Access-Provider, die lediglich den Zugang zum Internet oder anderen Netzen oder zu einem großen Server mit einer Vielzahl von Angeboten vermitteln und nicht zu einzelnen, konkreten Angeboten, die problematischen Inhalts sein können, sind nicht für solche Inhalte verantwortlich zu machen, da für sie die Sperrung der einzelnen Angebote - nach gegenwärtigem Kenntnisstand - noch nicht technisch möglich ist. Die technisch allerdings mögliche Sperrung ganzer Server kann als nicht zumutbar gelten, denn sie würde für den Nutzer gleichzeitig die Nutzung einer Vielzahl durchaus zulässiger und interessanter Angebotsinhalte unmöglich machen.

Die offenbar weit verbreitete Einschätzung, dass jemand nicht rechtlich belangt werden kann, der ein unzulässiges Angebot einfach auf einem ausländischen Server zugänglich macht, ist nicht gesetzlich abgesichert. Für die Strafbarkeit nach deutschem Recht ist es ausreichend, wenn auch nur ein Bestandteil der Tathandlung, z. B. die Zusammenstellung des Angebotes, das Einscannen der Bilder oder die Redaktion des Textes, in Deutschland geschehen ist.

Für den Lehrenden und die konkrete Schulsituation, so bleibt abschließend zu bemerken, ist in rechtlicher Hinsicht vor allem Folgendes von Wichtigkeit:

Da das Internet unter anderem auch den Zugang zu jugendgefährdenden Inhalten vermittelt, kann derjenige, der Minderjährigen eine Gelegenheit gibt, diese Angebote einzusehen, sich unter Umständen strafbar machen. An diesen Tatbestand des "Zugänglichmachens" von fragwürdigen Inhalten für unter 18-Jährige dürfen allerdings keine allzu strengen Maßstäbe angelegt werden.

Es genügt, der Pflicht zur pädagogische Begleitung und Aufsicht nachzukommen. Der Lehrende soll seinen Schülern bei ihrer Tätigkeit am Computer, im Internet, wie bei allen anderen schulischen Arbeitsleistungen anleiten, beobachten, für Rückfragen und als Hilfestellung-Leistender ihnen zur Verfügung stehen und gegebenenfalls eingreifen, wenn von den Lernenden Angebote genutzt werden, die nicht für sie bestimmt sind. Unbeaufsichtigt dürfen sie nur bei ihrer Arbeit gelassen werden, wenn eine wirksame, funktionsfähige und vom Nutzer nicht zu umgehende Filtersoftware als Kinder- und Jugendsicherung installiert ist.

Grundkurs Multimediaberater/in