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Textent­ste­hung und Text­fas­sun­gen: Frag­men­ta­ri­tät

Der Ge­samt­text des Woyzeck-Dra­mas ist kein ge­schlos­se­nes, vom Autor au­to­ri­sier­tes Gan­zes son­dern ist ein nach­träg­li­ches Kon­strukt des je­wei­li­gen Her­aus­ge­bers. Das liegt daran, dass es le­dig­lich mehr oder we­ni­ger ko­hä­ren­te Ent­wurfs­fas­sun­gen bzw. nicht zu­ge­ord­ne­te Ein­zel­sze­nen gibt. Die erste Ent­wurfs­fas- sung (H 1) be­steht aus 21 Sze­nen und lässt eine li­nea­re Kon­zep­ti­on mit einem strin­gen­ten Hand­lungs­ver- lauf er­ken­nen (Un­treue- und Mord­hand­lung). Wei­te­re 9 Sze­nen (H 2) bie­ten Va­ria­tio­nen be­reits vor­han- dener Sze­nen sowie Er­gän­zun­gen (z.B. die Fi­gu­ren des Haupt­manns und des Dok­tors) sowie wei­te­re Bruch­stü­cke (H 3, 2 Sze­nen, Er­näh­rungs­ver­such, das zu­rück­blei­ben­de Kind). Die letz­te Ent­ste­hungs­stu­fe (H 4, 17 Sze­nen) be­steht aus über­ar­bei­te­ten Sze­nen von H 1 und H 2, wobei eine Kom­plett­über­ar­bei­tung al­ler­dings durch Büch­ners Ty­phuser­kran­kung und frü­hen Tod ver­hin­dert wurde, so­dass nur ⅔ der ers­ten bei­den Ent­wurfs­stu­fen über­ar­bei­tet wor­den sind. Der erste Her­aus­ge­ber – Karl Emil Fran­zos – er­stell­te eine ei­gen­wil­li­ge Edi­ti­on, die er 1879 ver­öf­fent­lich­te, die aber nicht der heute üb­li­chen Text­ge­stalt ent- spricht (das Stück endet bei ihm mit dem Selbst­mord Woyzecks); diese be­stimm­te über 4 Jahr­zehn­te die Woyzeck-Re­zep­ti­on und lag auch der Erst­auf­füh­rung 1913 im Re­si­denz­thea­ter in Mün­chen zu­grun­de. Eine noch kon­se­quen­ter am Hand­schrif­ten-Be­stand ori­en­tier­te, je­doch die Sze­nen­fol­ge der ers­ten bzw. vier­ten Stufe ab­wan­deln­de Aus­ga­be von Fritz Ber­ge­mann (1922) war maß­geb­lich für die nach­fol­gen­den Lese- und Büh­nen­fas­sun­gen (z.B. Re­clam UB 7733). Die heu­ti­ge, his­to­risch-kri­ti­sche Aus­ga­be (z.B. her- aus­ge­ge­ben von Heike Wir­thwein in der Re­clam XXL-Aus­ga­be) geht zu­rück auf die Aus­ga­be von Wer­ner R. Leh­mann aus dem Jahre 1967 (spä­ter dann neu her­aus­ge­ge­ben von Burg­hard Ded­ner).

Im Sinne der größt­mög­li­chen Nähe zur tat­säch­li­chen Text­ge­stalt auf der Basis der Ent­ste­hungs­stu­fen ist für die un­ter­richt­li­che Be­hand­lung na­tür­lich die Aus­ga­be nach den Hand­schrif­ten zu emp­feh­len. Ande- rer­seits bie­tet der Ver­gleich die­ser Fas­sung mit der eben­falls weit ver­brei­te­ten Lese- und Büh­nen­fas­sung die Mög­lich­keit die (Aus-)Wir­kun­gen der ver­schie­de­nen Ar­ran­ge­ments auf die Strin­genz der Hand­lung bzw. auf deren Re­zep­ti­on und Dra­ma­tur­gie her­aus­ar­bei­ten zu las­sen und damit di­dak­tisch frucht­bar zu ma­chen.

 

Georg Büch­ner: Woyzeck: Her­un­ter­la­den [pdf][2 MB]

 

Wei­ter zu Un­ter­richts­ma­te­ri­al