Materialien zur Lehrerfortbildung „Die Sterne in den Unterricht holen“
Ein schulartübergreifender Modell-Lehrgang
Akademie Bad Wildbad, 26.-28. April 2010, Lehrgangsnummer 848952
Leitung: Dr. Olaf Fischer (HdA
1
Heidelberg)
Unter Mitwirkung von:
Dr. Cecilia Scorza (HdA
1
Heidelberg)
Dr. Thorsten Lisker (ZAH
2
, ARI
3
)
1
Haus der Astronomie am Max-Planck-Institut für Astronomie,
2
Zentrum für Astronomie Heidelberg,
3
Astronomisches Rechen-Institut
Die Fortbildungsgruppe, die die Sterne in den Unterricht holen möchte.
Die Sterne wirken in mancherlei Hinsicht auf uns – sie lassen die Gedanken in die Ferne schweifen und der Fantasie Flügel wachsen. Für Schüler sind astronomische Themen oft interessant und dazu geeignet, Interesse an Dingen zu wecken, die mit ihr im Zusammenhang stehen – und das sind nicht wenige. Ein modernes Weltbild erfordert aber auch die direkte Kenntnis einiger Inhalte der Astronomie, sie gehören zur Allgemeinbildung.
Im angebotenen schulartübergreifenden Lehrgang werden astronomische Themen aufgegriffen, die unsere Weltvorstellung betreffen. Es geht dabei um den Aufbau des Kosmos, die Typen kosmischer Objekte, ihre Dimensionen und Anordnung und auch etwas um fantasievolle Ideen ihrer Widerspiegelung.
Zu den Themen werden Vorträge, Workshops und Beobachtungen dargeboten, die Unterrichtsideen und den Test entsprechender didaktischer Materialien beinhalten. Handlungsorientierung und Fächerverknüpfung sind dabei wichtige Aspekte.
Die Fortbildung Nr. 848952 hatte auch das Ziel, Lehrer verschiedenster Schultypen zu versammeln, um ihnen Gelegenheit zu geben, sich über ihre Arbeit auszutauschen, Toleranz zu üben und einen weiteren Blick auf das Bildungssystem zu ermöglichen.
Komplettübersicht zur Fortbildung [pdf] [1,8 MB]
Vortrag: Der Bauplan der Universums
Die
Masse im Kosmos ist nicht gleichmäßig verteilt. Sie ist in kosmischen
Objekten verschieden dicht konzentriert: in Wolken aus Gas und Staub, in
Kleinkörpern, Planeten, Sternen und deren Resten bis hin zu den sehr
massiven Schwarzen Löchern in Galaxienzentren und der geheimnisvollen
Dunklen Materie. Diese kosmischen Objekte haben sich vor allem unter der
Wirkung der Gravitation und aufgrund des Beharrungsvermögens ihrer
Bewegung geformt und stabile Strukturen (Satellitensysteme) gebildet. Diese
Strukturen bilden hierarchische Systeme – größere Strukturelemente
sind aus kleineren aufgebaut.
Im Vortrag wird die Vielfalt der kosmischen Objekte vorgestellt. Es geht darum, was diese Objekte ausmacht, welche Ausmaße und Entfernungen sie besitzen, wie sie sich anordnen und zu welcher Hierarchieebene sie gehören. Bei einem sich anschließenden Workshop soll die Thematik in Form einer Sortieraufgabe für Schüler gleich wieder aufgegriffen werden.
Workshop: Ordnung im Weltraum schaffen
Bilder von kosmischen Objekten sind in den Medien beliebt und ihren Nutzern
beliebt. Oftmals fällt es jedoch schwer, das bildlich Gesehene einzuordnen
oder auch nur einer Objektbezeichnung zuzuordnen.
Eine
Sortieraufgabe, bei der 45 Bilder oder auch bildliche Darstellungen kosmischer
Objekte oder Objekteigenschaften ihren Bezeichnungen zuzuordnen sind, erfordert
Wissensaustausch, Recherche und Merkmalsidentifikation (aufgrund welcher
Bildmerkmale wurde die Zuordnung getroffen). Die Arbeit wird in Gruppen von
zwei oder drei Personen durchgeführt, wobei jede Gruppe einen Computer
zur Verfügung hat. Jede Gruppe stellt abschließend einen Teil
der Ergebnisse vor und die jeweils verbleibenden Gruppen überwachen
die Richtigkeit.
Bei Möglichkeit kann die Sortieraufgabe verbessert werden bzw. können weitere Ideen zur aktiven Annäherung an das Thema „Aufbau und Objekte des Kosmos“ entwickelt werden (z. B. Kreuzworträtsel oder kosmische Postzustellung und unsere kosmische Adresse).
Sortieraufgabe [pdf] [1,1 MB]
Vortrag: Kosmische Dimensionen
Der Weltraum lässt sich in Zustand und Entwicklung nur beschreiben und
verstehen, wenn man die Ausmaße und Entfernungen der kosmischen Objekte
kennt. Die astronomische Entfernungsbestimmung stellt entsprechend eine grundlegende
Forschungsaufgabe der Astronomie dar. Im Vortrag geht es zum einen um die Methoden
der astronomischen Entfernungsbestimmung. Zum anderen werden Ideen vorgestellt,
um eine Vorstellung von kosmischen Dimensionen beim Schüler zu entwickeln.
Dimensionsmodelle bilden den wesentlichen Inhalt des folgenden Workshops.
Workshop:
Kosmische Dimensionen drinnen und draußen
Kosmische Dimensionen entziehen sich schnell unserer Vorstellungskraft (über kosmische Entfernungs- und Größenverhältnisse bestehen etliche Fehlvorstellungen bzw. fehlt schlichtweg die Vorstellung). Um kosmische Dimensionen der Vorstellung zu erschließen, verwendet man Maßstabsmodelle.
Im Rahmen des Workshops geht es darum, derartige Modelle vorzustellen und insbesondere die Möglichkeiten für Schüleraktivität auszuloten. Da die Zeit nicht ausreicht, um alle Modelle eingehender zu erkunden, widmet sich jede Teilgruppe einer ausgewählten Teilmenge und stellt im abschließenden Erfahrungsaustausch das davon zur Präsentation ausgewiesene Modell vor.
Oben: Entfernungen der Kassiopeia-Sterne im Modell
Links: Durchmesser und Abstände von Sonne und Erde im Modell
Trigonometrische Parallaxe im Modell
[pdf] [128 KB]
Dimensionsmodelle I
[pdf] [156 KB]
Dimensionsmodelle II
[pdf] [239 KB]
Dimensionsmodelle III
[pdf] [213 KB]
Vortrag:
Himmelsbeobachtung mit Schülern
Die eigene Beobachtung kosmischer Objekte mit dem bloßen Auge und mit
Hilfe optischer Hilfsmittel ist für Schüler eine wichtige Erfahrung
und wird in der Regel zu einem sehr positiven Erlebnis. Während sich die
Sonne während der Unterrichtszeit beobachten lässt, wird die Organisation
eines Beobachtungsabends zu einer Herausforderung.
Angefangen
beim Beobachtungsort und seiner sicheren Erreichbarkeit durch die Schüler über
die Verabredung des Kommens oder Nichtkommens entsprechend der Wolkensituation
muss man sich Gedanken machen über die aktuellen Beobachtungsobjekte,
die Beobachtungs- und Messgeräte und die Aktivierung der Schüler
durch entsprechende Beobachtungsaufgaben. Der Vortrag soll eine Checkliste
für die Vorbereitung eines Beobachtungsabends liefern, aber auch Lust
und Mut machen, sich diesem Unterfangen zu stellen.
Himmelsbeobachtungen
Am 26. April 2010 bietet der Himmel über Bad Wildbad den Blick auf verschiedene
Typen kosmischer Objekte. Der Mond präsentiert sich fast voll (ca. 95%)
um 21.00 Uhr etwa 20° über dem Horizont und hellt den Himmel leider
stark auf.
Der
hell strahlende Planet Venus im Westen wird sich trotzdem sofort bemerkbar
machen, sofern der Beobachtungsplatz hoch genug liegt. Mars und Saturn, die
ihr im Band der Ekliptiksternbilder folgen, können gesichtet und im Fernrohr
aufgesucht werden. Dann kommen die hellen Sterne – die stark leuchtenden
und die der Sonne benachbarten. Im Westen finden wir u. a. Kapella und Beteigeuze,
Arktur im Osten und Prokyon und Regulus im Süden.
Vortrag: Sonnensystemobjekte -Wissenswertes
Beim bisher vorrangigen geometrisch anschaulichen Kennenlernen des Weltalls wächst das Bedürfnis nach weiterer Information zu den betrachteten kosmischen Objekten. Dies ist ähnlich dem wachsenden Informationsbedürfnis in einer fremden Stadt nachdem das Problem des Zurechtfindens gelöst ist. Dieser Neugierde soll in diesem Vortrag zunächst auf der Hierarchieebene des Sonnensystems nachgekommen werden.
Vortrag: Sterne - Wissenswertes
In einer klaren Nacht können wir am Himmel hunderte Sterne erblicken. Was
wir sofort sehen, ist, dass sie unterschiedliche Helligkeiten besitzen. Was wir
vielleicht nicht gleich merken, ist, dass sie in unterschiedlichen Farben leuchten.
Und was wir gar nicht sehen (weil sie uns alle punktförmig erscheinen),
ist, dass sie unterschiedlich weit von uns entfernt sind. Wir sehen die Sterne
am Himmel in unterschiedlichen Entwicklungsstadien: Einige sind vor Kurzem entstanden
während andere bereits in ihre letzte Lebensphase eintreten. Die unterschiedliche
Eigenschaften der Sterne und ihre Lebenswege werden in diesem Vortrag anschaulich
vermittelt.
Vortrag:
Sternbilder und ihre Geschichten
Die Astronomie ist die einzige Naturwissenschaft, die kulturellen Wurzeln besitzt. Unterschiedliche Kulturen haben im Lauf der Geschichte ihre Werte und Kosmogonien über Mythen und Sagen um die Sternbilder vermittelt. Wie man sich mit Hilfe dieser wunderschönen Geschichten aber auch mit modernen Methoden am Nachthimmel orientieren kann, und wie Planeten, Gasnebel und Galaxien am Himmelsgewölbe ausfindig gemacht werden können, das wird im anschließenden Workshop vermittelt.
Workshop: Sternbilder finden und vorstellen
Der
Workshop beginnt für jeden mit der Herstellung einer eigenen drehbaren
Sternkarte. Indem die Schüler auf dieser Karte Linien, Punkte und Objekte
hervorheben (z. B. Himmeläquator und Ekliptik, oder Sternvielecke), machen
sie sich diese mehr zueigen und können z. B. das Laufband der Planeten
oder jahreszeitlich typische Sternbilder am Himmel leichter aufsuchen. Anschließend
besteht die Möglichkeit, einen Sternbildprojektor aus Pappe zu basteln,
der zusammen mit einem Sternbildkartensatz z. B. für ein Ratespiel
einsetzbar ist. Mit demselben Kartensatz können die Schüler die Sternbilder
je nach Geschichte und Jahreszeit klassifizieren. Es besteht auch die Möglichkeit,
ein Sternbildtheater im Schuhkarton zu gestalten oder eine eigene Sternbildgeschichte
zu schreiben.
Während des Workshops wird auch anschaulich geklärt, woher eigentlich die Sternbildgrenzen kommen und wie diese aussehen. (siehe auch Leserbrief in SuW 6/2009).
Orion-3-D-Modell
(Achim Breidenbach) [pdf] [606 KB]
Bilder für Sternbetrachter
[pdf] [259 KB]
Bilder für Tierkreismodell
[pdf] [423 KB]
Vorlage für Sternkarte
[pdf] [105 KB]
Übungen mit der Sternkarte
[pdf] [129 KB]
Vortrag:
Astronomische Winkelmessinstrumente
Johannes Keplers erste Schritte von der Himmelstheologie zur Himmelsphysik
basierten auf den Winkelmessungen von Tycho Brahe.
Die
Messung von Winkeln ist heutzutage die Aufgabe der Astrometer, derjenigen Astronomen,
die die Positionen der Himmelskörper bestimmen und so die Vorlage für physikalische Überlegungen
wie auch die trigonometrische Entfernungsbestimmung liefern.
Bevor in einem folgenden Workshop verschiedene astronomische Winkelmessinstrumente
hergestellt und/oder getestet werden können, werden diese im Rahmen dieses
Vortrags vorgestellt.
Workshop: Astronomische Winkelmessung
Dieser Workshop ist ganz praktisch orientiert. Es beginnt mit der menschlichen
Hand als Winkelmesser, der für Winkelabschätzungen geeignet ist.
In Folge werden Winkelmessungen auf ganz verschiedenen Art und Weise durchgeführt
(Schattenstab, Winkelbestimmung durch Zeitmessung, Jakobsstab). Schließlich
kommt ein Sextant zur Winkelmessung mit Bogenminutengenauigkeit zur Anwendung.
Vortrag: Das neueste Bild von unserer Sterneninsel
Weniger als 100 Jahre sind vergangen seit der Erkenntnis, dass unsere Milchstraße nur eine von vielen Milliarden Galaxien im Universum ist.
Dennoch ist sie unsere Heimat und erlaubt uns detaillierte Studien ihrer Eigenschaften.
Vom Schwarzen Loch im Zentrum, über die rotierende Balkenstruktur im Innenbereich,
die Geburtsstätten junger Sterne weiter außen in den Spiralarmen,
bis zum großen Halo aus Dunkler Materie, zeigt sich die Milchstraße vielfältig
und ereignisreich. Im Vortrag soll anschaulich vermittelt werden, auf welche
Art und in welchem Licht man unsere Galaxie untersuchen muss, um mehr über
sie zu lernen.
Workshop:
Das Schwarze Loch in und die Struktur der Galaxis erkunden
Seit 2002 wissen wir es genau: Im Zentrum unseres Sternsystems (des Milchstraßensystems) befindet sich ein supermassives Schwarzes Loch. Im Rahmen dieses kurzen Workshops wird die Gelegenheit geboten, dessen Masse (zumindest annähernd) selbst zu berechen. Grundlage dafür ist eine Aufgabe, die aus dem WIS-Material 11/2006 stammt
(
http://www.wissenschaft-schulen.de/sixcms/media.php/1308/galaxien.pdf
). Der Schüler erhält dabei Originaldaten und kann diese mit einfachen Kenntnissen der Schulphysik und -mathematik auswerten. Auch hier ist Gruppenarbeit möglich.
Eine andere Aufgabe besteht darin, die Struktur der Galaxis kennenzulernen, indem sie mit der Startrek-Galaxis verglichen wird.
Nature 2002
[pdf] [286 KB]
April 2009
[pdf] [2,4 MB]
Aufgaben Schwarzes Loch
[pdf] [320 KB]
Aufgaben Galaxis-Struktur
[pdf] [774 KB]
Vortrag: Die Sondierung unserer kosmischen Nachbarschaft mit Zwerggalaxien
Klein aber oho - dieses Motto trifft auf die kleinsten Sterneninseln nicht nur wegen ihrer großen Anzahl zu, sondern insbesondere auch wegen der Vielfalt ihrer Eigenschaften. Während mehrere Dutzend Zwerggalaxien als Satelliten um die Milchstraße und die Andromedagalaxie kreisen, sind in den großen Galaxienhaufen mehr als tausend von ihnen zu finden. Der Vortrag soll die wichtige Rolle dieser geheimnisvollen Objekte für unser Verständnis des Universums verdeutlichen, und Möglichkeiten zur Veranschaulichung im Schulunterricht aufzeigen.