Exekutive Funktionen
Die Förderung exekutiver Funktionen im Musikunterricht
Was sind exekutive Funktionen?
Als „exekutive Funktionen” bezeichnet man in der Gehirnforschung geistige Prozesse, die uns gezielt, planvoll und überlegt handeln lassen.
Kinder, deren exekutiven Funktionen besonders gut ausgeprägt sind, können
- Handlungsabläufe bzw. Aufgaben – auch komplexerer Art – bewusst planen und durchführen und Prioritäten setzen;
- Störreize gezielt ausblenden und emotionale Impulse kontrollieren;
- sich flexibel auf neue Aufgaben, Herausforderungen oder Arbeitspartner einstellen.
Exekutive Funktionen sind also Fähigkeiten der Selbstregulation, der Konzentration und der Selbstdisziplin. Sie fördern dabei gezielt die Lern- und Sozialkompetenz.
Welche Bedeutung haben die exekutiven Funktionen?
Untersuchungen haben ergeben, dass durch praktisches Musizieren die exekutiven Funktionen gezielt trainiert werden (vgl. Lenz/Zöllner Dressler in Kubesch 2014, S. 301).
Langzeituntersuchungen sehen außerdem positive Zusammenhänge von positiv ausgebildeten exekutiven Funktionen, Lernleistung, der Stabilität von emotionalen Beziehungen und einem gesunden Lebensverlauf (vgl. Walk/Evers 2013, S. 8 u. S. 30].
Der Bildungsplan Musik GS in Baden-Württemberg misst den exekutiven Funktionen für das Lernen und für ein gelingendes Leben große Bedeutung bei. Sie sind implizit z.B. in den übergeordneten Leitperspektiven Prävention und Gesundheit (PG) und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) enthalten.
Welche exekutiven Funktionen gibt es?
Zu den exekutiven Funktionen gehören das Arbeitsgedächtnis , die Inhibition und die kognitive Flexibilität (vgl. Kubesch in Kubesch, 2014 S. 13 f.).
Diese Fähigkeiten spielen im Musikunterricht eine bedeutende Rolle. Anhand der folgenden Beispiele soll dies verdeutlicht werden.
Das Arbeitsgedächtnis
ermöglicht eine kurzfristige Aufnahme und Wiedergabe mehrerer aufgabenrelevanter Informationen, die zur Bewältigung auch komplexer Aufgabenstellungen notwendig sind.
Beispiele für Situationen im Musikunterricht, die das Arbeitsgedächtnis trainieren:
- Die SuS können eine von der Lehrkraft gesungene Melodiephrase oder ein geklatschtes Rhythmuspattern aus dem Gedächtnis reproduzieren.
- Bei der Verklanglichung einer Geschichte können die Abfolge der Instrumentenaktionen am Ende einer Gruppenarbeit wiedergegeben werden.
Die Inhibition
bezeichnet die Fähigkeit, Impulse und Emotionen zu unterrücken und Störreize auszublenden. Das Verhalten und die Aufmerksamkeit werden kontrolliert.
Beispiele für Situationen im Musikunterricht, die die Inhibition fördern:
- Die SuS erhalten Instrumente ausgeteilt, die ausprobiert werden dürfen. Auf ein Zeichen der Lehrerin darf nicht mehr gespielt werden.
- Eine Gruppe von SuS spielt eine Tonfolge, eine andere Gruppe spielt eine andere Tonfolge, ohne dass sich die erste Gruppe durcheinander bringen lässt (z.B. Kanon singen oder Kanon sprechen).
- „Der verbotene Rhythmus”: Die SuS klatschen als Echo verschiedene bekannte Pattern nach, die vorklatscht werden. Ein zuvor festgelegtes Pattern ist „verboten”, d.h. es darf nicht nachgeklatscht werden.
-
Lied: „Drei Chinesen mit dem Kontrabass”
Das Lied wird zuerst komplett gesungen, anschließend werden die Vokale im Lied durch festgelegte Vokale ersetzt: „Dra Chanasan mat dam Kantrabass ….” -
Lied: „Auf der Mauer auf der Lauer sitzt 'ne kleine Wanze”
Sukzessive werden einzelne Silben weggelassen.
Kognitive Flexibilität
ermöglicht es, den Fokus der Aufmerksamkeit zu wechseln, um sich schnell auf veränderte Situationen einstellen zu können und um verschiedene Perspektiven einnehmen zu können.
Beispiele für Situationen im Musikunterricht, die die kognitive Flexibilität fördern:
- Die Lehrkraft klatscht ein bekanntes Rhythmuspattern und wandelt dies immer wieder ab. Die SuS reproduzieren die verschiedenen Variationen.
- Die SuS lernen einen Sprechvers und führen festgelegte Bewegungen zu den Sprechsilben aus. Anschließend werden die Bewegungen verändert.
- Rhythmisches Rondo: Die SuS klatschen/klopfen einen von der Lehrkraft vorgegebenen Rhythmus (Rhythmus A) 4 Takte lang. In der darauffolgenden Pause von 2 Takten darf ein Kind einen Solorhythmus (Rhythmus B) spielen. Anschließend spielen alle wieder den gemeinsamen Rhythmus A über die Länge von 4 Takten. Dann kommt ein neues Solo (Rhythmus C).
- Musikstopp: Die Spieler bewegen sich im Raum zur Musik. Der Spielleiter stoppt die Musik und ruft ein Kommando, welches die Spieler ausführen müssen, z.B.: Karussell = Armkreisen, Baum = ganz ruhig stehen, Waschmaschine = Kopf kreisen.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass im Musikunterricht ständig und in vielfältigen Zusammenhängen die exekutiven Funktionen geübt werden.
Praktische Beispiele, die mehrere Exekutive Funktionen trainieren:
Überlagerung von Rhythmen
1. Grundübung :
- die linke Hand patscht Viertel auf den linken Oberschenkel
- die rechte Hand patscht im gleichen Tempo Achtel auf den rechten Oberschenkel
2. Variante:
- linker und rechter Fuß stampfen im Wechsel Viertel: links - rechts - links - rechts
3. Grundübung und Variante zusammen
- Tausch von zuvor eingeübten Aktionen (z.B. patscht bei einem erneuten Durchgang nicht mehr die linke Hand die Viertel auf den linken Oberschenkel, sondern die rechte Hand patscht die Viertel auf den rechten Oberschenkel)
Ziel : Training des Arbeitsgedächtnisses, der Impulskontrolle und der kognitiven Flexibilität
Sprechvers mit Bewegungen: Kuckuck und Hai
Text: (Verfasser unbekannt)
Sitzt ein Kuckuck auf dem Baum, kommt ein Hai vorbei.
Sagt der Hai „Kuckuck”, sagt der Kuckuck „Hey” zum Hai.
Aktionen:
Bei „Kuckuck”: klatschen
Bei „Hai” bzw. „Hey”: stampfen
Ziel : Training des Arbeitsgedächtnisses und der Impulskontrolle
Siehe auch:
Kubesch, Sabine: Exekutive Funktionen und Selbstregulation, Huber Bern, 2014
Walk, Laura/ Evers, Wiebke: Fex - Förderung exekutiver Funktionen, Wehrfritz Bad Rodach 2013,
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