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Ein­füh­rung in das to­po­lo­gi­sche Fel­der­mo­dell

Das to­po­lo­gi­sche Fel­der­mo­dell ist ein Werk­zeug zur Be­schrei­bung von Sät­zen und Satz­struk­tu­ren. Ein voll­stän­di­ger Satz be­steht min­des­tens aus einem fi­ni­ten Verb (also einem nach Per­son, Nu­me­rus, Tem­pus, Modus und Genus verbi kon­ju­gier­ten Verb) und sei­nen da­zu­ge­hö­ri­gen Kom­ple­men­ten.
Das Mo­dell ist des­halb ein to­po­lo­gi­sches, weil der Satz sich un­ter­tei­len lässt in ver­schie­de­ne Be­rei­che bzw. Fel­der (topoi von gr. topos = Ort). Für die Fel­der gel­ten je­weils an­de­re Be­le­gungs­re­geln.
Die Ein­tei­lung in Fel­der liegt nahe, weil es im Deut­schen hin­sicht­lich der Verbstel­lung im Satz drei syn­tak­ti­sche Grund­mus­ter gibt (die Verb-Erst-Stel­lung, die Verb-Zweit-Stel­lung und die Verb-End-Stel­lung) und das Verb eine Satz­klam­mer bil­den kann (kom­ple­xes Prä­di­kat). Bei zu­sam­men­ge­setz­ten Ver­ben ent­steht eine Satz­klam­mer (Le­xi­kal­klam­mer), bei be­stimm­ten Tem­pus­for­men eine Tem­pus­klam­mer, bei der Pas­siv­bil­dung eine Pas­siv­klam­mer, bei der Ver­wen­dung von Mo­dal­ver­ben eine Mo­dal­klam­mer.

Auf­grund der fest de­fi­nier­ten Po­si­ti­on des Ver­bes im Satz und der mög­li­chen Satz­klam­mer kommt die Ein­tei­lung in Fel­der zu­stan­de: Man spricht von Vor­feld, Mit­tel­feld und Nach­feld. Das Vor­feld steht vor der lin­ken Satz­klam­mer, das Mit­tel­feld zwi­schen der lin­ken und rech­ten Satz­klam­mer und das Nach­feld nach der rech­ten Satz­klam­mer. Bei­spie­le für Sätze mit Verb-Zweit-Stel­lung und un­ter­schied­li­che Typen von Satz­klam­mern,  die das Mo­dell ver­deut­li­chen sol­len, sind:

  Vor­feld (VF) Linke Satz­klam­mer (LSK) Mit­tel­feld (MF) Rech­te Satz­klam­mer (RSK) Nach­feld (NF)
Le­xi­kal­klam­mer Lehr­per­so­nen stel­len das Fel­der­mo­dell gerne ta­bel­la­risch dar. --
Tem­pus­klam­mer Die Leh­re­rin hat ihrer Klas­se das Fel­der­mo­dell er­läu­tert, und das in ver­ständ­li­cher Weise.
Pas­siv­klam­mer Das Fel­der­mo­dell wird in der Mit­tel­stu­fe des 6BG be­han­delt, weil es so im Bil­dungs­plan steht.
Mo­dal­klam­mer Die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Fel­der­mo­dell kann (muss, soll,...) für die Mit­tel­stu­fe sinn­vol­ler sein als her­kömm­li­cher Gram­ma­tik­un­ter­richt.

Die Ta­bel­le oben ver­deut­licht, dass nicht jedes Feld be­setzt sein muss. Der Grund dafür ist, dass das fi­ni­te Verb bei Haupt­sät­zen immer in der lin­ken Satz­klam­mer steht und sich dar­aus alles wei­te­re er­gibt. Ins­be­son­de­re das Nach­feld, das häu­fig für Ne­ben­sät­ze (siehe 3. Bei­spiel), Er­gän­zun­gen (siehe 2. Bei­spiel) und Ver­glei­che (siehe 4. Bei­spiel) ge­nutzt wird, bleibt oft un­be­setzt. Bei Verb-Erst-Sät­zen wie z. B. Ent­schei­dungs­fra­gen ("Gehst du mor­gen in die Schu­le?") oder Im­pe­ra­tiv­sät­zen ("Geh mor­gen in die Schu­le!") bleibt das Vor­feld leer. Auch das Mit­tel­feld oder die rech­te Satz­klam­mer müs­sen nicht zwangs­läu­fig be­setzt sein ("Ich gehe.").

Im Mit­tel­feld kön­nen be­lie­big viele Kon­sti­tu­en­ten ste­hen ("Ich fahre mor­gen früh um 6 Uhr mit dem Bus in die Schu­le."). Die linke Satz­klam­mer ist bei Verb-Erst- und Verb-Zweit-Sät­zen die Po­si­ti­on, in der sich das fi­ni­te Verb be­fin­det, die rech­te Satz­klam­mer ist in der Regel der Ort für Par­ti­zi­pi­en, nicht-fi­ni­te Ver­ben und Ver­bpar­ti­keln bei zu­sam­men­ge­setz­ten Ver­ben.

Da das Vor­feld le­dig­lich von einem Satz­glied be­setzt wer­den darf, lässt sich pro­blem­los de­fi­nie­ren, was ein Satz­glied ist: Ein Satz­glied ist in der Regel eine Wort­grup­pe, die bei der Um­stell­pro­be nur ge­mein­sam ver­scho­ben wer­den kann und vor­feld­fä­hig ist.

Ne­ben­sät­ze, meist Verb-Letzt-Sätze, kön­nen auch mit dem­sel­ben Sche­ma (uni­for­mes Mo­dell) ei­gens be­schrie­ben wer­den:

VF LSK MF RSK NF
Das Fel­der­mo­dell wird in der Mit­tel­stu­fe des 6BG be­han­delt, weil es so im Bil­dungs­plan steht.
  weil es so im Bil­dungs­plan steht.  

Das uni­for­me Mo­dell hat zwar den Vor­teil, dass für alle Satz­ar­ten und Satz­ty­pen das­sel­be Mo­dell ver­wen­det wer­den kann, je­doch führt die Un­ter­schei­dung von Vor­feld und lin­ker Satz­klam­mer bei Ne­ben­sät­zen zu stel­len­wei­se schwer nach­voll­zieh­ba­ren Ein­tei­lun­gen. Da­ge­gen hat das so­ge­nann­te Dif­fe­renz-Mo­dell, das das Vor­feld und die linke Satz­klam­mer durch die C-Po­si­ti­on er­setzt, die­sen Nach­teil nicht, dafür un­ter­schei­det das Dif­fe­renz-Mo­dell je nach Satz­typ ver­schie­de­ne Fel­der­sche­ma­ta. Als Ver­ein­fa­chung für den Un­ter­richt in der Mit­tel­stu­fe ist es mög­lich, den Schü­le­rin­nen und Schü­lern bei­zu­brin­gen, bei Ne­ben­sät­zen das Vor­feld und die linke Satz­klam­mer ver­schmel­zen zu las­sen.

Für das obige Bei­spiel er­gibt sich:

VF LSK MF RSK NF
Das Fel­der­mo­dell wird in der Mit­tel­stu­fe des 6BG be­han­delt, weil es so im Bil­dungs­plan steht.
weil es so im Bil­dungs­plan steht.  

Es gibt noch wei­te­re Be­son­der­hei­ten, in denen von dem fünf­glied­ri­gen Grund­mo­dell ab­ge­wi­chen wird: Ein so­ge­nann­tes Ko­or­di­na­ti­ons­feld (KO) wird in be­son­de­ren Fäl­len dem Vor­feld vor­an­ge­stellt, z.B. bei In­ter­jek­tio­nen oder An­re­den sowie bei Kon­junk­tio­nen.

  KO VF  LSK MF RSK NF
In­ter­jek­ti­on Hey, was tun Sie da?    
An­re­de Frau Mül­ler, wo waren Sie heute zwi­schen 8 und 9 Uhr?    
Kon­junk­tio­nen   Ich gehe in die Schu­le    
und   laufe in das Klas­sen­zim­mer.    

Eine wei­te­re Be­son­der­heit be­trifft die rech­te Satz­klam­mer. Sie muss in ein Ober- und ein Un­ter­feld un­ter­teilt wer­den, wenn bei kom­ple­xen Prä­di­ka­ten im Ne­ben­satz das fi­ni­te Verb nicht am Ende steht ("Peter er­zähl­te mir, dass er in der Kan­ti­ne hat essen kön­nen"; merk­wür­dig wirkt da­ge­gen die Kon­struk­ti­on: "Peter er­zähl­te mir, dass er in der Kan­ti­ne essen kön­nen hat.").

VF LSK MF RSK (Ober- und Un­ter­feld) NF
dass er in der Kan­ti­ne hat  
essen kön­nen.

In ein­zel­nen Fäl­len ist es dar­über hin­aus schwer zu ent­schei­den, ob nicht­ver­ba­le An­tei­le des Prä­di­kats der rech­ten Satz­klam­mer oder einem Feld zu­ge­ord­net wer­den müs­sen ("Peter ist Schü­ler."; "Peter ist krank."), da die Gren­ze von Prä­di­kat und Satz­glied un­scharf ist. In die­sem Bei­spiel kön­nen "Schü­ler" und "krank" so­wohl als Teil des Prä­di­kats als auch als Satz­glied er­fasst wer­den.

 

Hand­rei­chung 6BG Fel­der­mo­dell: Her­un­ter­la­den [doc][11 MB]

Hand­rei­chung 6BG Fel­der­mo­dell: Her­un­ter­la­den [pdf][412 KB]

 

Wei­ter zu: Vor­tei­le und Kri­tik