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Text­be­geg­nung

Auf­grund der über­schau­ba­ren Text­län­ge und der Ver­füg­bar­keit her­vor­ra­gend an­no­tier­ter Aus­ga­ben (z.B. Re­clam XXL) emp­fiehlt sich eine selb­stän­di­ge Kom­plett­lek­tü­re des Dra­mas durch die SuS vor Be­ginn der Un­ter­richts­ein­heit. Die­ser Lek­tü­re­pha­se kann eine Hin­füh­rungs­stun­de vor­aus­ge­hen, in der z.B. durch die Be­spre­chung ein­schlä­gi­ger Zi­ta­te aus dem Text die The­ma­tik an­ti­zi­piert und erste An­nä­he­run­gen an die Le­bens­si­tua­ti­on der Haupt­fi­gur er­fol­gen kann. Denk­bar wäre auch eine ak­tua­li­sie­ren­de Pro­blem­be- schrei­bung zu den As­pek­ten ‚Fa­mi­li­en in pre­kä­ren Le­bens­ver­hält­nis­sen‘, die an­hand von Zei­tungs­be­rich- ten oder TV-Re­por­ta­gen ent­wi­ckelt wer­den könn­te. Lek­tü­re­be­glei­ten­de Ar­beits­auf­trä­ge könn­ten über die klas­si­schen in­halts­si­chern­den Syn­op­sen (Zu­sam­men­fas­sung des In­halts jeder Szene / Ein­satz ana­ly­ti- scher Ka­te­go­ri­en­ras­ter) hin­aus z.B. Leit­mo­tiv­ket­ten in den Blick neh­men; deren Er­geb­nis­se wären an di­dak­tisch ge­eig­ne­ter Stel­le in den Un­ter­richt ein­zu­spei­sen. Somit ist durch diese Art der Vor­ablek­tü­re die Grund­la­ge ge­schaf­fen für den me­tho­di­schen Kern der Un­ter­richts­ein­heit: die Text­ar­beit.

„Du musst nicht zu viel auf Mei­nun­gen ach­ten. Die Schrift ist un­ver­än­der­lich und die Mei­nun­gen sind oft nur ein Aus­druck der Ver­zweif­lung dar­über“

Franz Kafka: Der Pro­ceß1

Im Sinne einer ori­gi­nä­ren Text­be­geg­nung und mög­lichst tief­grün­di­gen Tex­ter­schlie­ßung wäre dem Rat des Ge­fäng­nis­ka­plans an Josef K. zu fol­gen und das bei der Erst­lek­tü­re ge­won­ne­ne Pri­mär­ver­ständ­nis un­ge­ach­tet oft ver­kür­zen­der Mei­nun­gen und Kli­schees (vgl. die o.g. Gym­na­si­al-Büch­ner-Ste­reo­ty­pe) zu über­prü­fen und dabei zu dif­fe­ren­zie­ren, zu prä­zi­sie­ren und zu ver­tie­fen, wenn nötig aber auch zu mo­di­fi- zie­ren oder gar zu re­vi­die­ren. Die dabei in An­satz zu brin­gen­den ko­gni­ti­ven Kom­pe­tenz­be­rei­che wären in einer fol­ge­rich­ti­gen, da auf­ein­an­der auf­bau­en­den Rei­hen­fol­ge: das Ana­ly­sie­ren, das In­ter­pre­tie­ren, das Re­flek­tie­ren sowie das Ar­gu­men­tie­ren. Fol­ge­rich­tig ist diese An­ord­nung, da das In­ter­pre­tie­ren die Analy- se, das Re­flek­tie­ren die In­ter­pre­ta­ti­on sowie das Ar­gu­men­tie­ren die Re­fle­xi­on zur Vor­aus­set­zung hat. Die letz­te Stufe – das Ar­gu­men­tie­ren – bil­det die Schnitt­stel­le zum Auf­satz­for­mat I, A ‚Er­ör­te­rung eines lite- ra­ri­schen Tex­tes‘, eine Auf­satz­form, an die die KMK-Pflicht­lek­tü­re ‚Woyzeck‘ ge­bun­den ist.

1 Franz Kafka: Der Pro­ceß. Fas­sung der Hand­schrift. Stutt­gart [Re­clam] 1995, S. 200f.

 

Georg Büch­ner: Woyzeck: Her­un­ter­la­den [pdf][2 MB]

 

Wei­ter zu Em­pa­thie und Er­kennt­nis