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Ma­te­ri­al A

Der Hin­du­is­mus ist die dritt­größ­te Welt­re­li­gi­on und hat etwa 900 Mil­lio­nen An­hän­ger. In In­di­en ge­hö­ren mehr als 80 Pro­zent der Be­völ­ke­rung die­ser Re­li­gi­on an, die Mil­lio­nen von Göt­tin­nen und Göt­tern kennt. Eine ein­heit­li­che Re­li­gi­on ist der Hin­du­is­mus nicht, son­dern ein re­li­giö­ses und so­zia­les Sys­tem, das auch den All­tag ge­nau­es­tens re­gelt. Für die Hin­dus ist ihr Glau­ben „Sa­na­ta­na Dhar­ma” („ewige Ord­nung”).

Alle Hin­dus glau­ben an die gött­li­che Kraft „Brah­ma”, an die Wie­der­ge­burt und an die Er­lö­sung. Brah­ma ist kein Gott, wie wir ihn uns vor­stel­len, son­dern die Kraft, die alles le­ben­dig macht. Sie hat keine rich­ti­ge Ge­stalt, ist weder männ­lich noch weib­lich, weder Tier noch Mensch, son­dern ein­fach alles. Die meis­ten Hin­dus ver­eh­ren dar­über hin­aus die Gott­hei­ten Vish­nu, Shiva und Shak­ti.

Die un­sterb­li­che Seele be­fin­det sich in einem Kreis­lauf aus Ge­burt, Tod und Wie­der­ge­burt, der „Sam­sa­ra” heißt. „Dukha” ist das Wort dafür, dass das sich wie­der­ho­len­de Leben vor allem aus Härte und Leid be­steht. Lust, Freu­de und Glück sind in Wahr­heit nur Ab­len­kun­gen und Schein („Maya”). Die Werke des Men­schen („Karma”) be­stim­men, als was er nach sei­nem Tod wie­der­ge­bo­ren wird. Zum Karma tra­gen gute oder schlech­te Taten im Leben bei. Jeder Fehl­tritt führt un­aus­weich­lich zu einer Be­stra­fung in einem künf­ti­gen Leben.

Den Kreis­lauf ver­las­sen kann die Seele erst durch die Er­lö­sung („Moksa”). Er­reicht wer­den kann die­ses Ziel nur durch stren­ges Be­fol­gen der Re­geln des guten Le­bens („Dhar­ma”). Dazu ge­hört es, seine Pflich­ten ge­gen­über der Fa­mi­lie und den Freun­den zu er­fül­len, den Nach­barn hel­fen, freund­lich zu an­de­ren zu sein und die Wahr­heit zu sagen. „Zehn Le­bens­re­geln” geben die Rich­tung vor: sich rein hal­ten, zu­frie­den sein, freund­lich und ge­dul­dig sein, sich bil­den, sich ganz nach den Göt­tern rich­ten, nicht zer­stö­ren und ver­let­zen, nicht lügen, nicht steh­len, an­de­re nicht be­nei­den, nicht un­be­herrscht und gie­rig sein.

Der Hin­du­is­mus wird des­halb nicht nur als „Sa­na­ta­na Dhar­ma” („ewige Ord­nung”, s.o.), son­dern oft auch als „Var­naashra­ma Dhar­ma” (varna = „Kaste”, ashra­ma = „Le­bens­form”) be­zeich­net. Jeder Hindu wird in eine Kaste hin­ein­ge­bo­ren. Die Kas­ten un­ter­tei­len die Ge­sell­schaft in Schich­ten. Die vier Haupt­kas­ten hei­ßen von oben nach unten „Brah­ma­nen” (Pries­ter), „Ks­ha­triyas” (Krie­ger, Ad­li­ge und Be­am­te), „Vais­hyas” (rei­che Bau­ern, Hand­wer­ker und Händ­ler) und „Shu­d­ras” (arme Bau­ern, Knech­te und Die­ner). Dar­un­ter ste­hen noch die „Pa­ri­as” oder „Un­be­rühr­ba­ren”, die „un­rei­ne” Tä­tig­kei­ten wie das Töten von Le­be­we­sen, das Wa­schen von Schmutz­wä­sche, das Her­stel­len von Leder aus Tier­häu­ten aus­üben.

Die Kaste zu wech­seln würde gegen die „Ewige Ord­nung” ver­sto­ßen, da jeder Mensch ab­hän­gig davon, wie viel Gutes oder Schlech­tes er in sei­nem vor­he­ri­gen Leben getan hat,  in eine be­stimm­te Kaste hin­ein­ge­bo­ren wurde. An­ge­hö­ri­ger einer nie­de­ren Kaste zu sein, ist die ge­rech­te Stra­fe für schlech­tes Karma. Wer Gutes tut, wird als Brah­ma­ne, Krie­ger, Hand­wer­ker oder Bauer wie­der­ge­bo­ren, wer Schlech­tes tut als da­ge­gen als Hund, Schwein oder „Un­be­rühr­ba­rer”, lehrt eine hei­li­ge Schrift („Upa­nis­had”). Die ein­zi­ge Hoff­nung be­steht darin, im nächs­ten Leben in eine hö­he­re Kaste ge­bo­ren zu wer­den.

Der Kon­takt zu Mit­glie­dern einer nied­ri­ge­ren Kaste war frü­her ver­bo­ten, die Hei­rat mit sol­chen eben­so. Lange Zeit hieß es, dass man durch Nah­rung, die von An­ge­hö­ri­gen der un­te­ren Kaste zu­be­rei­tet wurde, ver­un­rei­nigt wird. Heut­zu­ta­ge gilt das Kas­ten­we­sen zwar als of­fi­zi­ell ab­ge­schafft, sehr viele Men­schen glau­ben trotz­dem fest daran, da es Teil der ewi­gen Welt­ord­nung des „Sa­na­ta­na Dhar­ma” ist. An­ge­hö­ri­ge nie­de­rer Kas­ten kämp­fen auch heute oft nicht für ihre Rech­te, son­dern fügen sich in ihr har­tes Schick­sal.

Quel­len

Hel­muth von Gla­sen­app, „Der Brah­ma­nis­mus oder Hin­du­is­mus” in ders., Die fünf Welt­re­li­gio­nen - Hin­du­is­mus, Bud­dhis­mus, Chi­ne­si­scher Uni­ver­sis­mus, Chris­ten­tum, Islam , Mün­chen, 2001, S. 13-73.

Peter Schrei­ner, „Hin­du­is­mus” in Emma Brun­ner-Traut (Hrsg.), Die fünf gro­ßen Welt­re­li­gio­nen, Frei­burg, 11. Aufl. 1984, S. 19-39.

phil-fak.​uni-​du­es­sel­dorf.​de

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Wei­ter zu Ma­te­ri­al B