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Hör­tech­nik

Hör­tech­nik – in­di­vi­du­ell

Zu­sam­men­fas­sung

Mit in­di­vi­du­el­len tech­ni­schen Hör­hil­fen wie Hör­ge­rä­ten oder Co­ch­lea-Im­plan­ta­ten kann die Hör­si­tua­ti­on von Men­schen mit einer Hör­schä­di­gung ver­bes­sert wer­den. Dabei ist zu be­ach­ten, dass auch bei op­ti­ma­ler Ein­stel­lung kein na­tür­li­ches Hören mög­lich ist. Ein­schrän­kun­gen in der Kom­mu­ni­ka­ti­on kön­nen des­halb nicht aus­ge­schlos­sen wer­den.

Für eine ef­fek­ti­ve Nut­zung der in­di­vi­du­el­len Hör­hil­fen sind Fach­kom­pe­tenz der Be­trof­fe­nen und ei­gen­ver­ant­wort­li­cher Um­gang mit der Hör­tech­nik eine we­sent­li­che Vor­aus­set­zung. Der Kom­pe­ten­z­er­werb er­folgt schritt­wei­se unter fach­li­cher und päd­ago­gi­scher Be­glei­tung. Hier­bei er­le­ben die Schü­le­rin­nen und Schü­ler das In­ter­es­se der Leh­re­rin­nen und Leh­rer an ihrer Hör­tech­nik als hilf­rei­che Un­ter­stüt­zung.

Eine Hör­schä­di­gung kann sich in hohem Maße auf die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­ti­on der be­trof­fe­nen Men­schen aus­wir­ken. Die Sprach­ver­ständ­lich­keit kann durch die ein­ge­schränk­te Hör­si­tua­ti­on re­du­ziert und damit das dar­auf auf­bau­en­de Sprach­ver­ste­hen be­ein­träch­tigt wer­den. So dient die Ver­sor­gung mit Hör­ge­rä­ten oder Co­ch­lea-Im­plan­ta­ten vor allem der Ver­bes­se­rung der Sprach­ver­ständ­lich­keit, be­son­ders unter akus­ti­schen All­tags­be­din­gun­gen.
Hör­ge­rä­te oder Co­ch­lea-Im­plan­ta­te er­leich­tern die Teil­ha­be an der Welt Gut­hö­ren­der, kön­nen je­doch das ge­sun­de Gehör nicht er­set­zen und nicht an des­sen Leis­tun­gen her­an­rei­chen.
Für Men­schen mit einer Hör­schä­di­gung ist die Ver­ständ­lich­keit in Ruhe meist aus­rei­chend, so­bald je­doch an­de­re Schall­si­gna­le z. B. gleich­zei­tig hör­ba­re an­de­re Spre­cher hin­zu­kom­men, ver­rin­gert sich die Sprach­ver­ständ­lich­keit im Ver­gleich zu gut Hö­ren­den über­pro­por­tio­nal.
Das Hören wird für Men­schen mit Hör­schä­di­gung des­halb – trotz aller tech­ni­schen Hör­hil­fen – immer ein ver­zerr­tes Ab­bild der Hör­ein­drü­cke gut hö­ren­der Men­schen sein.

Hör­ge­rä­te – Die wich­tigs­ten Bau­for­men

  • Hin­ter-dem-Ohr-Hör­ge­rä­te (HdO-Ge­rä­te)
  • Im-Ohr-Hör­ge­rä­te (IO-Ge­rä­te)
  • Kno­chen­lei­tungs-Hör­ge­rä­te

Hin­ter-dem-Ohr-Hör­ge­rä­te

Das Hin­ter-dem-Ohr ge­tra­ge­ne Gerät ist der am häu­figs­ten ge­wähl­te Hör­ge­rä­te­typ und wird hin­ter dem Ohr ge­tra­gen.
Hier gibt es eine Viel­zahl an Grö­ßen, Far­ben und For­men und ge­nü­gend Platz für die Elek­tro­nik (im Ge­gen­satz zum Im-Ohr-Gerät), so dass diese Bau­form viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten bie­tet, un­ter­schied­li­che Hör­ver­lus­te an­ge­mes­sen zu ver­sor­gen.

Ein Schüler mit HdO-Gerät

[ C ] Ein Schü­ler mit HdO-Gerät

Be­stand­tei­le des HdO-Ge­rä­tes sind:

  • das ei­gent­li­che Hör­ge­rät
  • der Tra­ge­ha­ken (Hör­ge­rä­te­win­kel)
  • der Schall­schlauch
  • das Ohr­pass­stück (in­di­vi­du­ell an­ge­passt)
  • in­ter­ne T-Spule
Aufbau und Teile eines HdO-Geräts

Auf­bau und Teile eines HdO-Ge­räts. Quel­le: SO­NO­VA AG

Funk­ti­on

Die Schall­auf­nah­me er­folgt durch das Mi­kro­fon und wird vom Laut­spre­cher (Hörer) über das Win­kel­stück, den Schall­schlauch und das Ohr­pass­stück in den Ge­hör­gang ge­lei­tet.
Am un­te­ren Ende be­fin­det sich das Bat­te­rie­fach.

Be­deu­tung der Oto­plas­tik

Die Ver­bin­dung des HdO-Ge­räts mit dem Au­ßen­ohr wird mit­hil­fe einer Oto­plas­tik her­ge­stellt. Neben dem ei­gent­li­chen Hör­ge­rät ist ihre Qua­li­tät und Be­schaf­fen­heit von her­aus­ra­gen­der Be­deu­tung, da sie die akus­ti­schen Ei­gen­schaf­ten und den Tra­ge­kom­fort ent­schei­dend mit­be­stimmt.
Wenn Kin­der Hör­ge­rä­te ab­leh­nen, liegt dies häu­fig an Pro­ble­men, die durch die Oto­plas­tik ver­ur­sacht wer­den. Die Oto­plas­tik (Ohr­pass­stück) muss gut pas­sen. Sie muss einen guten Sitz in der Ohr­mu­schel und/oder dem Ge­hör­gang haben.
Die Oto­plas­tik wird auch als SE (Se­cret Ear) be­zeich­net und be­ein­flusst in hohem Maße das Klang­bild des Hör­ge­räts. Die hoch­wer­ti­gen akus­ti­schen Über­tra­gungs­funk­tio­nen eines di­gi­ta­len Hör­ge­rä­tes kön­nen nur mit einer op­ti­mal ge­fer­tig­ten Oto­plas­tik voll aus­ge­schöpft wer­den. Der op­ti­ma­le Sitz und die Be­schaf­fen­heit der Ohr­pass­stü­cke soll­ten – vor allem bei Kin­dern – re­gel­mä­ßig über­prüft wer­den.

Zwei Schülerinnen im Gespräch – sichtbares Hörgerät, Mikrofon

Zwei Schü­le­rin­nen im Ge­spräch – sicht­ba­res Hör­ge­rät, Mi­kro­fon

Er­gän­zen­de In­for­ma­ti­on

  • Die Be­dien­ele­men­te des Hin­ter-dem-Ohr Hör­ge­rä­tes sind im Ge­häu­se un­ter­ge­bracht.
  • In der Regel gibt es fol­gen­de Ein­stel­lun­gen:
    • O: Hör­ge­rät ist aus­ge­schal­tet
    • T: Te­le­fon­s­pu­le – Hör­ge­rä­te­mi­kro­fon ist aus­ge­schal­tet, Si­gna­le wer­den di­rekt aus dem Te­le­fon­hö­rer auf­ge­nom­men. T be­deu­tet au­ßer­dem Hören über In­duk­ti­on, d. h. Si­gna­le wer­den über eine zen­tra­le Hör­an­la­ge, die mit einer In­duk­ti­ons­schlei­fe ver­bun­den sind, di­rekt ins Hör­ge­rät über­tra­gen. Das Hör­ge­rä­te­mi­kro­fon ist nicht aktiv, so­dass Um­ge­bungs­ge­räu­sche nicht mit­ver­stärkt wer­den.
    • M: Mi­kro­fon ist aktiv, nimmt Schall auf.
    • MT: Mi­kro­fon und T-Spule sind aktiv, das nahe Um­feld bleibt hör­bar und gleich­zei­tig wer­den Si­gna­le über die Ring­schlei­fe emp­fan­gen.
  • Durch die Ein­füh­rung der Di­gi­tal­tech­nik gibt es in­zwi­schen nicht mehr zwin­gend einen Laut­stär­ke­reg­ler. Auch die Be­dien­ele­men­te (O – T – M) sind nicht mehr über­all zwin­gend er­for­der­lich. Das Hör­ge­rät ist da­durch ein­ge­schal­tet, dass das Bat­te­rie­fach ver­rie­gelt wird.

Im-Ohr-Ge­rä­te (IO-Ge­rä­te)

Alle Kom­po­nen­ten des Ge­räts sind im Ge­hör­gang un­ter­ge­bracht.
Für Kin­der sind IO-Ge­rä­te nicht ge­eig­net, da sich der Ge­hör­gang durch das Wachs­tum immer wie­der ver­än­dert. Erst ab dem 14. Le­bens­jahr sind IO-Ge­rä­te unter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen mög­lich, wobei ein ent­schei­den­der Nach­teil die­ser Ge­rä­te bei Kin­dern und Ju­gend­li­chen ist, dass Zu­satz­ge­rä­te (wie z. B. di­gi­ta­le Über­tra­gungs­an­la­gen) nicht an­ge­schlos­sen wer­den kön­nen. Meist ist auch kein Platz für die T-Spule vor­han­den.

Kno­chen­lei­tungs-Hör­ge­rä­te

Bei Hör­schä­di­gun­gen, deren Ur­sa­che im Mit­tel­ohr liegt (Schall­lei­tungs­schwer­hö­rig­keit), ist eine Ver­sor­gung mit einem Kno­chen­lei­tungs­hör­ge­rät mög­lich. Dies be­trifft Kin­der oder Ju­gend­li­che, bei denen kein Ge­hör­gang an­ge­legt oder die Ohr­mu­schel fehlt oder miss­ge­bil­det ist.
Es gibt die kon­ven­tio­nel­le Kno­chen­lei­tungs­ver­sor­gung, bei der die HdO-Ge­rä­te mit einem Kno­chen­lei­tungs­hö­rer ver­se­hen wer­den. Die­ser wird mit­hil­fe eines Bü­gels oder eines Stirn­bands fest auf den Schä­del­kno­chen hin­ter dem Ohr ge­presst und der Schall wird als Vi­bra­ti­on auf den Kno­chen über­tra­gen und dem In­nen­ohr di­rekt zu­ge­führt.

Ein Schüler mit Knochenleitungshörgerät (Stirnband)

[ C ] Ein Schü­ler mit Kno­chen­lei­tungs­hör­ge­rät (Stirn­band)

Mo­bi­les Baha-Gerät (Bone ancho­red hea­ring aid)

Die Baha-Hör­ver­stär­ker ste­hen für Kin­der als mo­bi­les Sys­tem zur Ver­fü­gung und wer­den mit einem spe­zi­el­len Baha-Kopf­bü­gel be­fes­tigt.

Bei der Ver­sor­gung mit kno­chen­ver­an­ker­ten Sys­te­men wird der Hör­ver­stär­ker (Emp­fän­ger di­gi­ta­ler Über­tra­gungs­an­la­gen) mit­hil­fe einer Ti­t­an­schrau­be fest im Schä­del­kno­chen ver­an­kert. Diese ver­wächst im Laufe der Zeit mit dem Kno­chen. Für die Baha-Hör­ver­stär­ker gibt es Zu­be­hör wie T-Spule, Richt­mi­kro­fon, Au­dioad­ap­ter und FM-Emp­fän­ger.

CROS- und BI­CROS-Ver­sor­gung

Bei ein­sei­ti­ger Er­tau­bung oder Un­ver­sorg­bar­keit eines Ohrs kann durch eine CROS- oder BI­CROS-Kon­fi­gu­ra­ti­on die Schall­auf­nah­me auf der tau­ben Seite er­mög­licht wer­den. Der Schall wird mit einem Mi­kro­fon auf der schwer­hö­ri­gen/tau­ben Seite auf­ge­nom­men und zu einem Hör­ge­rät auf der hö­ren­den Seite ge­lei­tet, wo der Schall dem bes­ser hö­ren­den Ohr dar­ge­bo­ten wird.

Co­ch­lea-Im­plan­tat (CI)

Ein Co­ch­lea-Im­plan­tat (CI) ist eine In­nen­ohr­pro­the­se für Kin­der und Er­wach­se­ne mit einer hoch­gra­di­gen Hör­schä­di­gung, bei der eine Hör­ge­rä­te­ver­sor­gung wenig oder kei­nen Nut­zen mehr bringt. Vor­aus­set­zung für die Ver­sor­gung ist eine in­tak­te Co­ch­lea und ein funk­ti­ons­fä­hi­ger Hör­nerv.

Auf­bau und Funk­ti­ons­wei­se

Ein CI be­steht aus ex­ter­nen und in­ter­nen Kom­po­nen­ten.
Außen sicht­bar sind Sen­des­pu­le mit Ma­gnet und Kabel sowie der Au­dio­pro­zes­sor.
Zu den in­ter­nen Tei­len ge­hö­ren das ei­gent­li­che Im­plan­tat und der Elek­tro­den­trä­ger.

Funktionsweise eines Cochlea-Implantats

Funk­ti­ons­wei­se eines Co­ch­lea-Im­plan­tats. Quel­le: https://​com­mons.​wi­ki­me­dia.​org/​wiki/​File:​Co­ch­le­ar_​im­plant.​jpg Stand 08.03.2019

Funk­ti­on

Das Mi­kro­fon nimmt die Schall­wel­len auf und lei­tet diese zum Au­dio­pro­zes­sor. Hier wer­den diese ana­ly­siert, di­gi­ta­li­siert und zu einer Folge elek­tri­scher Im­pul­se co­diert. Die co­dier­ten Si­gna­le wer­den über ein Kabel an die Sen­des­pu­le wei­ter­ge­lei­tet, die an der Schä­del­ober­flä­che auf der Haut liegt. Diese sen­det den Code durch die in­tak­te Haut (trans­ku­tan) zum ei­gent­li­chen in­ter­nen Im­plan­tat, das sich in einem Kno­chen­bett hin­ter dem Ohr (Mas­to­id) be­fin­det und durch einen Ma­gne­ten mit der Emp­fän­ger­spu­le ge­hal­ten wird. Im Im­plan­tat wird der Code in elek­tri­sche Si­gna­le um­ge­wan­delt und Reize zu den ein­zel­nen Elek­tro­den ge­sen­det. Diese Si­gna­le wer­den über den Hör­nerv zum Ge­hirn wei­ter­ge­lei­tet und er­zeu­gen einen Hör­ein­druck (Ge­räusch, Klang, Spra­che).

Ein Schüler mit einem Cochlea-Implantat

[ C ] Ein Schü­ler mit einem Co­ch­lea-Im­plan­tat

An­pas­sung

Die Ver­sor­gung mit einem CI ist mit einem auf­wän­di­gen An­pas­sungs­pro­zess ver­bun­den. Etwa einen Monat nach der Im­plan­ta­ti­on er­folgt nach Ab­schluss der Wund­hei­lung die Er­stan­pas­sung, d. h. die Pro­gram­mie­rung des ex­ter­nen Au­dio­pro­zes­sors. Die Ar­beits­be­rei­che der Elek­tro­den sind so fest­zu­le­gen, dass alle Reize hör­bar sind, Über­sti­mu­la­ti­on je­doch ver­mie­den wird. Die ste­ti­ge Op­ti­mie­rung des Au­dio­pro­zes­sors ist ein we­sent­li­cher As­pekt der Re­ha­bi­li­ta­ti­on, da sich die Hör­wahr­neh­mung durch Lern­pro­zes­se ver­än­dert.1

Das kann ich tun

Leh­re­rin­nen und Leh­rer Schü­le­rin­nen und Schü­ler
  • Ich kann den Schü­ler/die Schü­le­rin in sei­ner/ihrer Ver­ant­wor­tung beim Um­gang mit sei­nen/ihren Hör­hil­fen be­stär­ken.
  • Ich kann auf das re­gel­mä­ßi­ge Tra­gen der Hör­ge­rä­te ach­ten und ge­ge­be­nen­falls dar­auf hin­wei­sen.
  • Ich kann In­for­ma­tio­nen über die in­di­vi­du­el­len Hör­hil­fen und deren Pfle­ge ein­ho­len.
  • Ich kann Ge­sprächs­be­reit­schaft si­gna­li­sie­ren, wenn Pro­ble­me mit den Hör­hil­fen ent­ste­hen und ge­mein­sam mit dem Schü­ler/der Schü­le­rin nach Lö­sun­gen su­chen.
  • Ich kann den son­der­päd­ago­gi­schen Dienst bei Be­darf an­fra­gen.
  • Ich über­neh­me die Ver­ant­wor­tung für meine Hör­hil­fen.
    • Ich trage meine Hör­hil­fen und kann diese selbst­stän­dig ein­set­zen.
    • Ich kenne die ein­zel­nen Teile mei­ner Hör­hil­fen.
    • Ich pfle­ge und warte meine Hör­hil­fen.
    • Ich halte Er­satz­bat­te­ri­en be­reit.
    • Ich über­prü­fe re­gel­mä­ßig meine Hör­tech­nik auf häu­fig auf­tre­ten­de Feh­ler­quel­len und sorge für deren um­ge­hen­de Be­he­bung.
    • Ich lasse meine Hör­hil­fen re­gel­mä­ßig (min­des­tens ein­mal im Jahr) vom Hör­akus­ti­ker über­prü­fen.

 

1 Vgl. Bo­gner, 2009 und Mro­win­ski, Scholz, T. Stef­fens, 2011

 

Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit einer Hör­schä­di­gung: Her­un­ter­la­den [pdf][7,0 MB]

 

Wei­ter zu Hör­tech­nik im Klas­sen­zim­mer