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Kommunikation gestalten

Information – Hörschädigung und Kommunikation

Zusammenfassung

Menschen sind als soziale Wesen darauf angewiesen, sich anderen mitzuteilen und sich mit anderen zu verständigen. Die Fähigkeit und Möglichkeit zu kommunizieren ist somit beinahe als lebensnotwendig zu bezeichnen. Mit anderen Menschen in Kontakt treten, mit ihnen reden, diskutieren, scherzen, plaudern, streiten, Informationen austauschen, Probleme kooperativ lösen, sich verständigen: Um zwischenmenschliche Beziehungen herzustellen und zu erhalten, braucht es gelingende Kommunikation. Dies gilt für Menschen mit Hörschädigungen ebenso wie für alle anderen.

Kommunikationsstrategien und Hörtaktik

Eine Hörschädigung stellt in vielen Situationen eine Erschwernis der Kommunikation dar. Die große Herausforderung, der sich Menschen mit Hörschädigungen immer wieder aufs Neue stellen müssen: Lücken im Verstehen schließen durch möglichst geschicktes hörtaktisches Verhalten, also etwa

  • den gezielten Einsatz von zusätzlicher Hörtechnik,
  • das Absehen von den Lippen des Gesprächspartners,
  • die Deutung von dessen Körpersprache,
  • die bewusste Gestaltung des Kommunikationsumfeldes und
  • ein hohes Maß an Kombinationsfähigkeit.

All dies ist erforderlich, um Erschwernisse bei der Kommunikation und die damit verbundenen Gefühle der Unsicherheit so gering wie möglich zu halten. Dies setzt sehr viel an Wissen, Erfahrung, Motivation und Energie voraus. Kinder und Jugendliche mit Hörschädigung müssen diese Kompetenzen im Laufe ihrer Entwicklung erst erwerben und benötigen hierzu Unterstützung und Hilfe aus ihrem Umfeld.

Soziales Handeln

Sozial-kommunikative Kompetenzen beeinflussen, abgesehen von dazugehörigen Erfolgserlebnissen, ganz wesentlich das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl aller Schülerinnen und Schüler, aber ihr Erwerb hat für Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung ganz besondere Wichtigkeit. Somit ist in inklusiven Bildungs-Settings mit gut hörenden Schülerinnen und Schülern und Schülerinnen und Schülern mit Hörschädigung eine Intensivierung des kommunikativen Handelns notwendig. Dabei fällt den Lehrkräften die Rolle zu, allen Schülerinnen und Schülern, auch denjenigen mit Hörschädigung, das nötige Repertoire hierfür an die Hand zu geben. Um das zu können, müssen die Lehrkräfte die besonderen Bedürfnisse, die Schülerinnen und Schüler mit einer Hörschädigung bei der Entwicklung einer umfassenden Kommunikationskompetenz haben, kennen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten darauf eingehen. Dabei werden sie durch den SOPÄDIE der sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit Förderschwerpunkt Hören unterstützt.

Kommunikationsfähigkeit – eine Schlüsselqualifikation

Gelingende Kommunikation und dialogisches Handeln, sich mündlich wie schriftlich ausdrücken und Wirkung erzielen können, muss erlernt werden. Daher müssen im (inklusiven) Unterricht mit Schülerinnen und Schülern mit einer Hörschädigung vermehrt Sprech- und Schreibanlässe sowie dialogische Situationen angeboten werden und zwar in möglichst allen Fächern, denn sprechen, zuhören, argumentieren, miteinander reden sowie Gefühle, Standpunkte und Meinungen schriftlich verständlich zum Ausdruck bringen lernt man am besten, indem man es möglichst oft tut. Um den Schülerinnen und Schülern mit Hörschädigung eine aktive Beteiligung an diesem Tun zu ermöglichen, müssen die Barrieren, die ihrer Teilhabe im Wege stehen, erkannt und von allen Beteiligten – den betroffenen Schülerinnen und Schülern selbst, den Lehrkräften und den Mitschülerinnen und Mitschülern – gemeinsam beseitigt werden. Dies geschieht am leichtesten in einem Klima der gegenseitigen Akzeptanz und einer Atmosphäre im Klassenraum, die durch Fehlertoleranz und Vertrauen geprägt ist.

Nimmt man noch die Ergebnisse soziologischer Untersuchungen hinzu, wonach Kommunikationsfähigkeit und Berufserfolg deutlich korrelieren, so kann die Bedeutung von Kommunikation für eine gelingende gesellschaftliche Inklusion von Menschen mit Hörschädigung auch nach dem Übergang von der Schule in den Beruf gar nicht hoch genug eingestuft werden: Der Grundstein für Teamfähigkeit im Sinne von zuhören und in Gruppen arbeiten, offen kommunizieren, diskutieren und Fragen stellen können, wird in der Schule gelegt und ist der Schlüssel zum beruflichen Erfolg und damit zu wirtschaftlicher Unabhängigkeit und Selbstständigkeit.

Eine Schülerin und ein Schüler mit Hörtechnik in Kommunikation

Kommunikation – eine Schülerin und ein Schüler mit Hörtechnik in Kommunikation

Die Kunst, richtig miteinander zu kommunizieren, ist wie Laufen lernen: Man fällt so oft auf die Nase, bis man liebevoll an die Hand genommen wird.

Bereich Sprechen – Das kann ich tun

Lehrerinnen und Lehrer Schülerinnen und Schüler
  • Ich sorge für geeignete Rahmenbedingungen im Klassenraum – siehe Hörtechnik, Raumakustik, Sitzplatz und Beleuchtung.
  • Ich minimiere Nebengeräusche (Einhaltung von Ruheregeln, hohe Gesprächsdisziplin).
  • Ich kenne die Kommunikationsbedürfnisse der Schülerin / des Schülers mit Hörschädigung.
  • Ich bin vertraut mit der Hörtechnik der Schülerin / des Schülers,
    • habe Basiswissen über die Hörhilfen (CI, Hörgeräte),
    • habe Wissen über Zusatztechnik und setze sie konsequent ein.
  • Beziehungen gestalten:
    • Ich sorge für ein nachfragefreundliches Klassenklima.
    • Ich sensibilisiere die Mitschülerinnen/Mitschüler für die Bedürfnisse der Schülerin/des Schülers mit Hörschädigung.
    • Ich bin Vorbild beim Einsatz der Hörtechnik, beim geduldigen Wiederholen auf Nachfrage, beim deutlichen Artikulieren, etc.
  • Unterricht gestalten:
    • Ich erweitere die dialogische Kompetenz aller Schülerinnen/Schüler durch Stärkung ihres kommunikativen Handelns, übe dies konsequent und beziehe die Schülerin/den Schüler mit Hörschädigung dabei gleichberechtigt ein.
    • Ich ermögliche die aktive Teilhabe der Schülerin/des Schülers mit Hörschädigung und fordere sie auch ein.
  • Verhalten als Sender in der Klassenraumkommunikation:
    • Ich halte Blickkontakt.
    • Ich wähle meine Sprechweise (Geschwindigkeit, Betonung, Komplexität, Wortwahl) bewusst.
    • Ich setze nonverbale Qualifikatoren (Mimik, Gestik, Symbole,…) bewusst ein.
    • Ich initiiere Kommunikation und kündige Themenwechsel an bzw. gebe Strukturierungshilfen (Stichwörter, etc.).
  • Verhalten als Empfänger in der Klassenraumkommunikation:
    • Ich sichere das Verstehen durch sinnvolle, einfühlsame Fehlerkorrektur.
    • Ich gebe Rückmeldung bei Problemen zu verstehen – meine Nachfragetechnik dient gleichzeitig als Vorbild für Schülerin/Schüler mit Hörschädigung und Mitschülerinnen/Mitschüler.
  • Netzwerkarbeit in der Lerngruppe:
    • Ich bin Sprachvorbild.
    • Ich bringe Schülerinnen/Schüler miteinander ins Gespräch.
    • Ich lege Umgangsregeln fest, übe sie ein und fordere ihre Einhaltung konsequent ein.
  • Ich kenne Tipps und Tricks, die mir beim Verstehen helfen – siehe Hörtechnik, Raumakustik, Sitzplatz und Beleuchtung.
  • Ich weiß, was ich von den anderen brauche, damit ich sie gut verstehen kann:
    • Abstand nicht zu groß,
    • Blickkontakt zu mir,
    • Sprache nicht zu schnell,
    • deutliche Sprechweise,
    • ...
  • Ich weiß, wie ich anderen erklären kann, warum ich dies für mein Verstehen brauche, und tue es auch.
  • Ich weiß, was ich selbst tun kann, damit ich möglichst gut in Gesprächen klar komme.
    • Ich verringere den Abstand zur Sprecherin oder zum Sprecher und/oder halte Blickkontakt.
    • Ich achte auf Mimik, Gestik, und Lippenbewegungen von Sprechern.
    • Ich frage nach, wenn ich etwas nicht verstanden habe.
    • Ich weiß, wie ich möglichst genau nachfragen kann und lasse nicht einfach alles wiederholen.
    • Ich halte zusätzliche Hörtechnik (digitale Höranlage, Schülermikrofone) einsatzbereit und übergebe sie auch.
    • Ich suche mir in der Klasse Helferinnen/Helfer, die mich unterstützen (Stichwörter wiederholen, Schülermikro weitergeben, Seitenzahl zeigen, etc.).
  • Ich bin mutig und traue mich, mich an Unterrichtsgesprächen und Gruppenarbeiten aktiv zu beteiligen.
  • Ich versuche möglichst gut konzentriert zu sein, signalisiere aber auch, wenn ich eine „Auszeit“ (Hörpause) brauche.
  • Ich versuche auch in meiner Freizeit, in Gruppen aktiv dabei zu sein und mich mit anderen Kindern oder Jugendlichen auszutauschen.

Bereich Schreiben/Lesen/Umgang mit Texten – Das kann ich tun

Lehrerinnen und Lehrer Schülerinnen und Schüler
  • Ich weiß, dass und wie sich eine Hörschädigung auch auf die Schriftsprache auswirken kann, zum Beispiel durch:
    • eingeschränkten Wortschatz,
    • eingeschränktes Weltwissen,
    • Schwarz-Weiß-Sicht auf die Welt,
    • Unsicherheit in der Grammatik aufgrund von hörbedingten Sprachentwicklungsverzögerungen,
    • Auffälligkeiten in der Lexik; Schwierigkeiten beim Verstehen abstrakter Begriffe,
    • Unsicherheiten im sozialen Miteinander, dadurch bedingt Schwierigkeiten, Gedanken und Handlungen von Personen in selbst verfassten Texten adäquat zu verbalisieren,
    • Probleme, sich in die Gefühls- und Gedankenwelt literarischer Personen hinein zu versetzen.
  • Förderung des schriftsprachlichen Ausdrucksvermögens:
    • Ich gebe gezielte, konkrete Rückmeldungen bei der Korrektur von Schülertexten.
    • Ich gebe Schreibanlässe und biete Besprechung an (ohne Notendruck).
    • Ich baue Wortschatz- und Stilübungen in den Unterricht ein und stelle Übungsmaterial für zu Hause zur Verfügung.
    • Ich erkläre regelmäßig schwierige Wörter, abstrakte Begriffe, etc. (Wort der Woche, Fremdwörtermerkheft, etc.).
  • Ich ermögliche Texterfassung „mit allen Sinnen“ (Bilder zu Gedichten malen, Personen zeichnen, Bühnenbilder nachstellen lassen, etc.).
  • Ich stelle möglichst viel attraktiven, anregenden Lesestoff und Lesezeiten im Unterricht zur Verfügung.
  • Ich führe Leseprogramme wie „Lesen macht schlau“ oder ähnliche Projekte in der Klasse durch.
  • Ich schreibe regelmäßig, damit ich übe, mich möglichst klar und verständlich schriftlich auszudrücken:
    • Tagebuch
    • Freundebuch
    • Briefe
    • Textnachrichten
    • Titel zu Bildern im Fotoalbum
    • Reime und lustige Sprüche
    • Comics mit Sprechblasen
    • Beiträge in Chatrooms
    • Zettel für Familienmitglieder
  • Ich lese möglichst viel, auch in der Freizeit, z. B.:
    • Kinder- und Jugendbücher
    • Fachbücher oder Zeitschriften zu meinen Hobbys
    • Internetartikel
    • Tageszeitung
    • Illustrierte
  • Ich lese Anleitungstexte wie Rezepte, Bauanleitungen, etc. und setze die gelesenen Informationen beim Kochen, Basteln, Bauen, etc., um.
  • Ich schlage Wörter, die ich nicht verstehe, nach oder lasse sie mir erklären.
  • Ich denke mir Geschichten aus zu Bildern oder Fotos, die mir gefallen.

 

Schülerinnen und Schüler mit einer Hörschädigung: Herunterladen [pdf][7,0 MB]

 

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