Didaktisch-methodischer Kommentar
Angesichts globaler Migrationsbewegungen sowie der aktuellen Flüchtlingsthematik ist es legitim, dass sich SuS bereits in der 7./8. Klasse des Ethikunterrichts mit der Thematik „Armut und Reichtum” differenziert auseinanderzusetzen. Durch die Auseinandersetzung mit Armut und Reichtum werden die Schüler besonders sensibilisiert für die Leitbegriffe des Ethikunterrichts „Gerechtigkeit”, „Verantwortung” und „Freiheit”. Außerdem ermöglicht die Thematik angemessen schon in den Klassen 7/8 die Menschenrechtsverletzungen und die Kinderrechte aufzugreifen. Aufgrund der Komplexität der Thematik bietet es sich an, das Themenfeld eher am Ende der 7. Klasse oder in der 8. Klasse zu behandeln.
Gegenüber dem oftmals im Alltag vertretenen Mythos, arme Länder seinen primär alleine verantwortlich für ihre prekäre Lage, betont Thomas Pogge unsere Verantwortung an der Weltarmut. Er sieht diese in den strukturellen Problemen unserer politischen und ökonomischen Ordnungen begründet. Daher verdeutlicht Pogge auch die Grenzen, Weltarmut primär durch individuelles Spenden – der im Alltag dominanten Handlungsoption – begegnen zu wollen. Pogge tritt im Gegensatz zu Singer, der sogar eine Pflicht zu spenden fordert, für institutionelle, insbesondere politische und rechtliche Änderungen der Weltordnung ein: für faire Lohnkosten, für die Eigentumsrechte der armen Ländern an ihren Ressourcen, für einheitliche Standards bei den Arbeitsbedingungen u.a.
Aus Gründen der Altersadäquatheit wird den Schülerinnen und Schülern die Position Pogges und seine Argumentation in Form eines konstruierten Schülerinterviews, das bis auf wenige sprachlichen Vereinfachungen aus Originalzitaten der Schriften Pogges besteht, präsentiert. Um den Schülerinnen und Schülern den Zugang zu dem Argumentationsgang Pogges zu erleichtern, können sie beim „Pogge-Talk” auf Hilfskarten zurückgreifen, die zur Veranschaulichung zentraler Begriffe und damit zur Texterschließung dienen. Die „Pogge-Materialien” weisen einen aufsteigenden Schwierigkeitsgrad auf, ausgehend von einer Phänomenologie der Weltarmut, über die Analyse der Frage nach der Verantwortlichkeit für Weltarmut, hin zur Diskussion der eigenen Möglichkeiten zur Bekämpfung globaler Armut. Am Ende des Unterrichtsgangs gibt es spezielle Aufgaben, auch produktionsorientierte, zur Überprüfung der Kompetenzförderung. Außerdem ermöglichen die Materialien fächerübergreifendes Arbeiten, zum Beispiel mit den Fächern Mathematik und Gemeinschaftskunde.
Der Binnendifferenzierung wird in der Unterrichtseinheit zu Pogges politischer Ethik durch Zusatzaufgaben, insbesondere durch das zusätzliche Arbeitsblatt zu Pogges Kritik an der Spendenpraxis als Mittel zur Bekämpfung der Weltarmut, Rechnung getragen. Bei den Materialien dieses Arbeitsblattes ist zu berücksichtigen, dass Pogges Kritik am Spenden angesichts globaler Strukturen nicht impliziert, dass die Schülerinnen und Schüler ohnmächtig der Weltarmut gegenüberstehen. Einer solchen Verkürzung der Position Pogges wird durch die Aufgaben zur Kompetenzprüfung entgegengewirkt, bei denen die eigene Positionierung und die Auslotung eigener Handlungsmöglichkeiten im Vordergrund stehen.
prozessbezogene Kompetenzen
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inhaltsbezogene Kompetenzen
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2.1 Wahrnehmen und sich hineinversetzen 3. eigene Bedürfnisse, Interessen und Gefühle und die anderer erkennen und formulieren 6. in Situationen, Ereignissen oder Handlungen ethisch-moralische Fragestellungen oder Probleme identifizieren |
3.1.4 (1) Erscheinungsformen und Ursachen von Armutund Reichtumerfassen undbeschreiben 3.1.1.2 (4) Verantwortung in ihren verschiedenen Dimensionen benennen (zum Beispiel wer, vor wem, wofür, weswegen, wann) 3.1.1.2 (5) anhand von Beispielen den Zusammenhang zwischen Freiheit und Verantwortung aufzeigen und eigene Verantwortlichkeiten benennen (zum Beispiel soziale Beziehungen, Nachhaltigkeit) 3.1.1.3 (1) ihr Verständnis von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit an Beispielen darstellen und erläutern (beispielsweise bezogen auf Schulleben, Familie, Freundschaft, Bildung, Ernährung, Sport) 3.1.4.1 (4) grundlegende Menschenrechte benennen und die Relevanz ihrer Achtung für ein menschenwürdiges Leben erklären (zum Beispiel Kinderrechte) 3.1.4.1 (3) Auswirkungen von Armut und Reichtum auf die Möglichkeiten eines selbstbestimmten Lebens beschreiben und im Hinblick auf Gerechtigkeitsvorstellungen beurteilen 3.1.1.3 (3) die Bedeutung grundlegender Rechte zur Sicherung von Gerechtigkeit aufzeigen und erklären (beispielsweise Menschenrechte, UN-Konvention, Kinderrechte) 3.1.1.3 (5) verantwortliches Handeln im Hinblick auf gerechte Lebensverhältnisse entwerfen und bewerten 3.1.4.1 (5) Handlungsmöglichkeiten zur Sicherung menschenwürdiger und gerechter Lebensverhältnisse im eigenen Lebensumfeld darlegen und diskutieren (beispielsweise bezogen auf Konsum, soziales Engagement, Fair Trade) |
2.2 Analysieren und interpretieren 1. Informationen aus verschiedenen Quellen als Denkanstoß für die Deutung ethischer Sachverhalte erschließen 6. die Beteiligten und Betroffenen in ethisch-moralischen Situationen identifizieren und deren Stellenwert altersgemäß einschätzen 9. ethisch-moralische Sachverhalte unter verschiedenen Gesichtspunkten und Fragestellungen untersuchen, problematisieren und deuten |
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2.3 Argumentieren und reflektieren 1. sich zu ethisch-moralischen Themen, Frage- und Problemstellungen äußern und eine Position argumentativ darlegen 2. einen Standpunkt begründet und unter Bezug auf moralische Regeln und ethische Grundsätze vertreten 4. verschiedene Argumente in der ethisch-moralischen Auseinandersetzung in Beziehung setzen und gewichten |
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2.4 Beurteilen und (sich) entscheiden 1. unterschiedliche Positionen (beispielsweise in einer Situations-, Fakten-, Interessenanalyse) erarbeiten und vergleichend bewerten 4. eigene begründete Standpunkte entwickeln 6. eigene Handlungsoptionen entwerfen, im Hinblick auf Folgen und Realisierbarkeit bewerten und die Rolle von Vernunft und Gefühl beim Entscheiden kritisch prüfen |
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