Meme 1: John Feartfield
John Heartfield
Überschrift: Der Sinn des Hitlergrußes. Motto „Millionen stehen hinter mir!“ Am rechten unteren Bildrand: Adolf Hitler, die Hand erhoben und wie es seine Marotte war nach hinten abgewinkelt. Links am Bildrand, fast die halbe Seite einnehmend: ein dicker Mann im grauen Jackett. Er reicht lässig ein Bündel Geldscheine in die Hand Hitlers.
Diese Montage aus dem Jahr 1932 ist eine der bekanntesten von John Heartfield. Erschienen in der „Arbeiter-Illustrierten-Zeitung“ karikiert sie eine im Wahlkampf oft gebrauchte Phrase des Naziführers: „Millionen stehen hinter mir!“. Hitler meinte Wähler und Parteigenossen – Heartfield spitzt zu und montiert zur Kenntlichkeit. Bei ihm wird es das Kapital, das hinter Hitler steht. Faschismus als extremste Steigerung kapitalistischer Ausbeutung – Heartfields Montage knüpft an diese Interpretation an und gießt sie für ein Massenpublikum in ein gleichermaßen satirisches und gültiges Bild.
Analog zu den Bilderfluten der heutigen Zeit, die seit der Erfindung des Smartphones wie ein Tsunami den öffentlichen Raum fluten, empfanden die Zeitgenossen damals das Medium der Fotografie mit seinen Möglichkeiten der massenhaften Vervielfältigung als ungeheuer anregend, revolutionär, manchmal auch beängstigend. Bertolt Brecht sprach beim zehnjährigen Jubiläum der „Arbeiter-Illustrierten-Zeitung“ (AIZ) 1931 eine Grundsatzkritik aus, die, wer mag, auch analog auch auf digitale Memes anwenden kann:
„Die ungeheure Entwicklung der Bildreportage ist für die Wahrheit über die Zustände, die auf der Welt herrschen, kaum ein Gewinn gewesen: Die Fotografie ist in den Händen der Bourgeoisie zu einer Waffe gegen die Wahrheit geworden. Das riesige Bildmaterial, das tagtäglich von den Druckerpressen ausgespieen wird und das doch den Charakter der Wahrheit zu haben scheint, dient in Wirklichkeit nur der Verdunkelung der Tatbestände. Der Fotografenapparat kann ebenso lügen wie die Schreibmaschine. Die Aufgabe der AIZ, hier der Wahrheit zu dienen und die wirklichen Tatbestände wiederherzustellen, ist von unübersehbarer Wichtigkeit.“
John Heartfield sah sich als ein Wiederhersteller der Wahrheit. Oder zumindest als einer, der sie trotz alledem ausspricht – gegossen in ikonische, künstlerisch geformte Collagen, die in ihrer Montagetechnik, zum Beispiel zwei Bilder gegenüberzustellen, eindeutig als Vorläufer der Memes gesehen werden können:
Überschrift: „Wie im Mittelalter … so im Dritten Reich.“ Die obere Bildhälfte zeigt das Foto eines Steinreliefs aus der Stiftskirche Tübingen: Ein Mann, fast nackt und nur mit Lendenschurz bekleidet, ist in die Speichen eines Rades geflochten – das Abbild einer brutalen Hinrichtung. Die untere Bildhälfte zeigt das Foto eines Mannes in ähnlicher Lage – nur das Rad ist kein Rad, sondern das Hakenkreuz.
Dieses Motiv von John Heartfield erschien 1934. Nach dem Krieg kehrte Heartfield nach Deutschland zurück, wo er bis 1968 in Ostberlin lebte. Es waren die an Kunst und Agitation interessierten westdeutschen Studenten der 1960er -Jahre, die Heartfields Werk und vor allem seine Methode für sich wiederentdeckten, allen voran der in Bitterfeld aufgewachsene Plakatkünstler Klaus Staeck.
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