Zur Hauptnavigation springen [Alt]+[0] Zum Seiteninhalt springen [Alt]+[1]

Einleitung

Zur vorliegenden Handreichung

In der Folge der fachlichen und rechtlichen Weiterentwicklungen wurden in Baden-Württemberg die Aufgaben des sonderpädagogischen Dienstes (SOPÄDIE) überarbeitet und in der Handreichung „Rahmenkonzeption sonderpädagogischer Dienst“ neu gefasst.
Hier gilt als Grundverständnis für die Begleitung im SOPÄDIE:
„Behinderung ist keine statische individuelle Eigenschaft, sondern wird durch die Wechselwirkung von körperlichen, seelischen und geistigen Funktionen und Kontextfaktoren dynamisch bestimmt. Dies bedeutet auch, dass Beeinträchtigung und Behinderung bei Kindern und Jugendlichen in einem umschriebenen Kontext auftreten und nicht ausschließlich Eigenschaften der betroffenen Personen sind.“
In der vorliegenden Handreichung werden die allgemeinen Richtlinien auf die Arbeitsweise des SOPÄDIE Förderschwerpunkt Hören übertragen. Dabei werden die Aufgaben aller Personen, die am Erziehungs- und Bildungsprozess von Schülerinnen und Schülern mit einer Hörschädigung beteiligt sind, in den Blick genommen.

Der Begleitung von Schülerinnen und Schülern mit einer Hörschädigung durch den SOPÄDIE geht meist die medizinische Diagnose einer Hörschädigung mit ihren individuellen Auswirkungen auf Sprachentwicklung, Kommunikation und Identitätsentwicklung voraus.

Ziel ist, mit allen am Bildungsprozess Beteiligten die Rahmen- und Lernbedingungen individuell zu gestalten, damit die Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung ihrer Begabung gemäß unterrichtet und gefördert werden können. Der Einsatz des SOPÄDIE erfolgt nach dem Prinzip der Subsidiarität.

Die Beratung und Unterstützung wird aufgenommen, wenn Eltern, Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung und/oder die Schule ihren Bedarf beim SOPÄDIE anmelden. Besonders in den Blick genommen werden Übergänge (Wechsel der Lehrkräfte, Einschulung, weiterführende Schule). Die Beratung und Unterstützung endet, wenn bei allen Beteiligten kein Bedarf mehr besteht.

Beschreibung

Strukturbild zu den besonderen Förderbedarfen aus der Handreichung "Rahmenkonzeption sonderpädagogischer Dienst"

Ziel der Handreichung

Mit der Handreichung sollen Lehrkräfte, pädagogisches Personal, Erziehungsberechtigte und die betroffenen Schülerinnen und Schüler sowie deren Mitschülerinnen und Mitschüler sowohl an allgemein bildenden als auch an beruflichen Schulen in der gemeinsamen Gestaltung von Bildungsangeboten unterstützt werden. Dabei ist die Intention, Expertenwissen zu vermitteln, das sowohl die pädagogisch Verantwortlichen, die Eltern als auch die Betroffenen selbst nutzen können. Damit soll die Verantwortung aller Beteiligten für das Gelingen von Lernprozessen gestärkt werden.
Ziel ist es, dass Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung am Ende der Schullaufbahn selbstständig und selbstwirksam am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können. So ist Schul- und Ausbildungszeit als Entwicklungsprozess zu sehen, in dem die Verantwortlichkeit von Erziehungsberechtigten und pädagogischen Fachkräften langsam alters- und entwicklungsgemäß übergeht zu den Schülerinnen und Schülern.
Hinter diesem Ansatz steht das Konzept des Empowerments, der Ressourcenorientierung und die Förderung der Selbstwirksamkeit der Schülerinnen und Schüler.
Die Ausdrucksformen von Empowerment sind je nach Alter der Schülerin oder des Schülers unterschiedlich. Dementsprechend liegt die Zuständigkeit altersentsprechend zunehmend mehr bei der Schülerin oder dem Schüler.

Für die individuelle und zunehmend selbstbestimmte Gestaltung von Lernprozessen bedarf es eines Steuerungsinstrumentes, das die individuelle Passung, die Qualität und die stetige Weiterentwicklung von Bildungsangeboten sichert. Die individuelle Lern- und Entwicklungsbegleitung (ILEB) ist als Fachkonzept der Sonderpädagogik handlungsleitend in der Begleitung der jungen Menschen.

Zielgruppe der Handreichung sind in erster Linie lautsprachlich orientierte Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Beratungs- und Unterstützungsbedarf oder einem Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot mit dem Förderschwerpunkt Hören – unabhängig vom Lernort.
Die Inhalte der Handreichung können weitestgehend auch auf Schülerinnen und Schüler mit einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) übertragen werden.
Für Schülerinnen und Schüler, die die Deutsche Gebärdensprache (DGS) als Kommunikationsmedium nutzen, ist diese Handreichung nicht ausreichend. Sie benötigen ein weiterreichendes Konzept.

In der Begleitung der jungen Menschen mit einer Hörschädigung übernehmen Elternhaus und Schule gleichermaßen Verantwortung. Die Eltern sind in die schulische Begleitung immer mit einbezogen. Sie nehmen an den Gesprächen zur individuellen Lern- und Entwicklungsbegleitung teil und stehen in enger Absprache mit den beteiligten Lehrerinnen und Lehrern. Mit zunehmendem Alter und größerer Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler übernehmen diese immer mehr Verantwortung für sich selbst.

Aufbau der Handreichung

Inhaltlich geht die Handreichung auf die Vielschichtigkeit einer Hörschädigung und ihrer Folgen ein. Die Auswirkungen einer Hörschädigung sind immer im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt des Auftretens und dem Grad der Hörschädigung sowie den persönlichen Ressourcen der betroffenen Person und ihrem sozialen Umfeld zu sehen.
Die Hörschädigung kann sich auf alle Entwicklungsbereiche auswirken. Neben den Kapiteln zu den Themen „Hören – Barrieren überwinden“, „Gesetzliche Grundlagen umsetzen – Chancengleichheit schaffen“ und “Übergänge gestalten“ ist daher den Bereichen „Kommunikation“ und „Identität und Selbstwirksamkeit“ jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet.
Um der allmählichen Übernahme von Verantwortung für die eigenen Lernprozesse durch die Schülerinnen und Schüler Rechnung zu tragen, folgt dem fachlichen Informationsteil jeweils eine „Das kann ich tun“-Tabelle mit zwei Spalten. Der linken Seite können pädagogische Fachkräfte und Erziehungsberechtigte Hinweise entnehmen, was bei der Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit Hörschädigung zu beachten ist. Die rechte „Das kann ich tun“-Spalte richtet sich an die jungen Menschen selbst und soll für sie eine Art Handlungsanleitung sein.
Auch da, wo in den Handlungsleitfäden in dieser Handreichung unter der Rubrik „Das kann ich tun“ Eltern bzw. Erziehungsberechtigte nicht konkret als Adressaten genannt werden, sind natürlich viele der gegebenen Hinweise auch für sie relevant und nützlich. Verdeutlicht an einem Beispiel: Die Hinweise für Schülerinnen und Schüler unter dem Punkt „Ich übernehme Verantwortung für meine Hörhilfen“ liefern den Eltern Tipps, wie sie ihr Kind auf dem Weg in die Selbstständigkeit im Umgang mit den Hörhilfen unterstützen können.
Die einzelnen Kapitel der Handreichung müssen nicht zwingend in der vorgegebenen Reihenfolge gelesen werden. Interessierte können die jeweils für sie relevanten Themen auch einzeln und unabhängig von den übrigen Teilen nutzen.
In der Handreichung verwenden wir die Begriffe „Hörschädigung“ und „Menschen mit einer Hörschädigung“ anstelle der Begriffe „Hörbehinderung“ und „Menschen mit einer Hörbehinderung“. In unserem Verständnis entsteht eine Behinderung als Folge einer Hörschädigung oft erst durch behindernde Rahmenbedingungen. Die Unterstützung und Beratung der Schülerinnen und Schüler mit einer Hörschädigung hat jedoch zum Ziel, durch präventive Maßnahmen ein ihnen angemessenes Lern- und Lebensumfeld zu schaffen.

 

Schülerinnen und Schüler mit einer Hörschädigung: Herunterladen [pdf][7,0 MB]

 

Weiter zu Hören – Barrieren überwinden