Übergänge gestalten
Auf den Anschluss kommt es an
Alle Eltern wünschen sich für ihre Kinder eine Entwicklung zu selbstbewussten, kompetenten und glücklichen Erwachsenen, die ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Leben führen können. Das gilt besonders in unserer heutigen Zeit, die von stetem
Wandel und von immer vielfältigeren Aufgaben geprägt ist.
Erfolgreich gestaltet sich der Prozess des Erwachsenwerdens am besten, wenn Kinder auf verlässliche Bezugspersonen, eine sichere Bindung an ihre Familien und Freundinnen und Freunde und auf die Unterstützung durch weitere am Erziehungsprozess
beteiligte Personen wie Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte und andere bauen können.
Auf dem Weg vom Kind zum Erwachsenen stellt der Entwicklungsprozess vom Säugling zum Kleinkind, Kind, Jugendlichen, jungen Erwachsenen permanent neue Anforderungen an Kinder und Jugendliche und ihre Eltern. Dieser Entwicklungsprozess geht auch
immer wieder einher mit konkreten Übergängen, wie die Aufnahme des Kindes in die Kinderkrippe, der Wechsel in den Kindergarten, die Aufnahme in die Grundschule, der Übergang des Jugendlichen in die weiterführende Schule, der Beginn einer
Berufsausbildung und schließlich der Eintritt ins Erwerbsleben. Diese Übergänge markieren biografische Schnittstellen und fordern eine Vielzahl von Anpassungsleistungen von allen Beteiligten, die nicht immer einfach zu erbringen sind.
Wird ein Kind mit einer Hörschädigung geboren oder erwirbt sie in seiner frühkindlichen Entwicklung, steht die Familie zum Zeitpunkt der Diagnose vor einer großen Herausforderung. Sie stellt sich viele Fragen über die Entwicklungschancen und
Teilhabemöglichkeiten ihres Kindes. Viele Eltern benötigen in dieser schwierigen Phase und darüber hinaus professionelle Unterstützung bei der psychischen Verarbeitung der Hörbehinderung ihres Kindes und Anleitung, wie sie seine Entwicklung
unterstützen können.
Der sorgfältigen Gestaltung von Übergängen kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. In jedem neuen Lebensabschnitt und in jeder neuen Institution benötigen die verantwortlichen Partner Informationen über die besondere Lern- und
Bildungssituation von Menschen mit einer Hörschädigung und Unterstützung bei der Gestaltung von Bildungsangeboten. Partner bei der Gestaltung von Übergängen sind: Eltern, Kind oder Jugendlicher, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte,
Ausbilderinnen und Ausbilder, ggf. hinzugezogene medizinische und therapeutische Fachkräfte u. a.
Dabei wird die Verantwortlichkeit von Erziehungsberechtigten und Partnern nach und nach altersangemessen an die betroffenen Schülerinnen und Schüler abgegeben, so dass der junge Mensch mit einer Hörschädigung am Ende seiner schulischen und
beruflichen Ausbildung selbstständig und selbstwirksam am beruflichen und gesellschaftlichen Leben aktiv teilhaben kann.
Grundlagen zur Gestaltung von Übergängen
Eltern von Kindern mit Hörschädigung sollten bereits mit der Diagnosestellung „Hörschädigung“ Kontaktadressen der Beratungsstellen der sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) – Förderschwerpunkt Hören
erhalten. Die dort tätigen Sonderpädagoginnen und -pädagogen beraten, begleiten und unterstützen die Familie und stellen Förderangebote für das Kind bereit.
Im Verlauf der Frühförderung wendet die Fachpädagogin/der Fachpädagoge diagnostische Verfahren an, die dazu beitragen, den Entwicklungsstand des Kindes einzuschätzen und weitere Fördermaßnahmen zu initiieren. In Gesprächen mit
den Eltern und anderen an der Bildung und Erziehung beteiligten Personen werden gemeinsame Überlegungen zu den Bedarfen des Kindes, den erfolgten Bildungsangeboten und – im Hinblick auf die Einschulung – zu möglichen Lernorten angestellt.
Im Jahr vor der Einschulung haben die Eltern in der Regel umfassende Kenntnisse über den Entwicklungsstand ihres Kindes. Sie können einschätzen, ob ihr Kind in der Schule umfängliche Unterstützung in Form eines
sonderpädagogischen Bildungsangebotes (SBA) benötigt oder ob ein Beratungs- und Unterstützungsangebot (BuU) an der Grundschule am Wohnort, begleitet durch den sonderpädagogischen Dienst des zuständigen SBBZ, ausreichend ist. Wurde ein Anspruch
auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot vom zuständigen Staatlichen Schulamt (SSA) festgestellt, haben die Eltern die Möglichkeit zu entscheiden, ob dieser Anspruch an einem SBBZ oder in einem inklusiven Bildungsangebot an einer allgemein
bildenden Schule eingelöst werden soll. Sie werden hierbei beraten. Entscheiden sich die Eltern für ein inklusives Bildungsangebot, erfolgt eine sogenannte Bildungswegekonferenz, bei der die Schülerinnen und Schüler, Erziehungsberechtigten,
Schulen, Schul- und Kostenträger und die Schulverwaltung beraten und abstimmen an welcher Schule der Anspruch inklusiv eingelöst werden kann und ggf. welche besonderen Vorkehrungen dafür erforderlich sind. Die Bildungswegekonferenz dient also
der Beratung und hat gleichzeitig Steuerungsfunktion.
Dieselben Überlegungen stellen die Eltern eines Kindes mit einer Hörschädigung gemeinsam mit allen am Erziehungsprozess beteiligten Personen im Verlauf der Grundschulzeit an. Rechtzeitig vor dem Wechsel an eine weiterführende Schule – in der Regel ein Schuljahr vorher – sollte geklärt und geprüft werden, welche Bedarfe die Schülerin/der Schüler mit Hörschädigung während der weiteren Schullaufbahn haben wird.
Mit Abschluss der allgemeinen Schulbildung steht eventuell der Wechsel in die berufliche Schule bevor. Auch hier müssen frühzeitig die Bedarfe betrachtet und geprüft werden. In der Regel ist eine Vorlaufzeit von einem Schuljahr hilfreich, damit bei Bedarf Berufswegekonferenzen einberufen und entsprechende Maßnahmen geplant werden können. Dies wird notwendig, wenn bei einer Schülerin oder einem Schüler mit dem Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot (in diesem Fall Förderschwerpunkten Hören) in dem Schuljahr vor dem Übergang in eine Berufsausbildung (oder Berufsvorbereitung Sek II) festgestellt wird, dass der Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot fortbesteht, oder absehbar ist, dass nach dem Übergang im Hinblick auf eine Behinderung besondere Vorkehrungen durch die Schule, die Berufsberatung der Agentur für Arbeit, dem Integrationsfachdienst oder den Träger der Sozialhilfe oder der Jugendhilfe benötigt werden. Ziel ist die Festlegung des am besten geeigneten Bildungsweges und -ortes um im Sinne der Schülerin oder des Schülers bestmögliche berufliche Integration zu erreichen, immer unter Berücksichtigung der individuellen Voraussetzungen und Wünsche der Schülerin/des Schülers. Daran beteiligt sind neben der Schülerin/dem Schüler selbst und den Erziehungsberechtigten die Schulen und Kostenträger, sowie der sonderpädagogische Dienst in beratender Funktion. Ziel ist eine einvernehmliche Entscheidung aller Beteiligten. Auch für den Wechsel ins Studium benötigt der junge Mensch Hinweise zu Unterstützungssystemen im Kontext der Universität und Kenntnisse über Rechte und Pflichten z. B. in Bezug auf den Nachteilsausgleich.
INFOBLOCK: Beratungs- und Unterstützungsangebot (BuU)
INFO: Beratungs- und Unterstützungsangebot BuU Beratungs- und Unterstützungsangebot ist ausreichend.
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INFO: sonderpädagogisches Bildungsangebot (SBA): BuU reicht nicht aus.
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Das kann ich tun
Lehrerinnen und Lehrer | Schülerinnen und Schüler |
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Vertiefende Materialien zum Thema Berufsvorbereitung und Teilhabe am beruflichen Leben finden Sie auf dem Landesbildungsserver (Stand 06.10.2020).
Schülerinnen und Schüler mit einer Hörschädigung: Herunterladen [pdf][7,0 MB]
Weiter zu Gesetzliche Grundlagen umsetzen – Chancengleichheit schaffen