Zur Hauptnavigation springen [Alt]+[0] Zum Seiteninhalt springen [Alt]+[1]

Medienmenschen und Wahlkampf

Zum Wandel, zur Konstruktion und zur Problematik der Prominenz

Prominente werden immer noch bewundert, aber sie sind erst heute die erfolgreicheren Konkurrenten in einem Spiel, bei dem grundsätzlich alle mitspielen (können). Jede Person will öffentliche Aufmerksamkeit und kann diese auch bekommen. Prominente sind damit stärker Vorbilder im eigentlichen Sinne geworden, indem sie zeigen, wie man sich in der Mediengesellschaft selbst vermarktet. Die Medienmenschen müssen unterscheidbare Merkmale herausbilden und überbetonen. Die komplexe Persönlichkeit muss in ein Rollenkonzept überführt werden. Dieses Konzept muss simpel, eindeutig und erinnerbar sein. Und es muss kulturell verwurzelten Rollenkonzepten entsprechen. Gerhard Schröder hat bei der Oderflut in Ostdeutschland in Gummistiefeln und grünem Bundeswehrparka den Christopherus und den Moses gegeben und (auch damit) den Bundestagswahlkampf 2002 gewonnen.

Die Mediengesellschaft kennt kein Recht auf Intimität, sondern sie deckt nur den Bedarf an Darstellern, um immer mehr Seiten der Printmedien und TV-Sendeflächen zu füllen. Prominenz ist keine schlechte Sache, weil Prominente Aufmerksamkeits-Millionäre sind.

Merkmale des Wahlkampfs heute sind

  1. die Personalisierung: Spitzenkandidat/in steht im Mittelpunkt
  2. der Wahlkampf als Wettstreit (Konzentration auf Gewinnchancen und Demoskopie) und als Angriff (Kritik und Diskreditierung der Gegner)
  3. die Professionalisierung: Planung und Durchführung einer Kampagne (Spin-Doctor)
  4. der Marketing-Ansatz: Wahlkampf folgt den Mustern von Werbekampagnen
  5. das Ereignis- und Themenmanagement: medienspezifische Gestaltung politischen Handelns

Link: http://www.bpb.de/publikationen/315IS5,2,0,Der_Wahlkampf_als_Ritual.html

Unterrichtsvorschlag: Wer gewinnt die Bundestagswahl?

Die 1. Stunde:

Einstieg:

5 Farben symbolisieren 5 Gruppen = Parteien;

S ziehen ihre Farbe = Parteizugehörigkeit.

Weiteres Vorgehen:

  1. Wählt Eure/n Parteivorsitzende/n.
  2. Wie soll sich der/die Gewählte darstellen? pfeil Vorstellung der Parteivorsitzenden im Plenum
  3. Polit-TV möchte eine Sendung aufzeichnen; Thema: Arbeitslosigkeit oder Klimawandel oder Einbürgerung pfeil Vorbereitung und Durchführung der Talkshow, wobei L der Moderator ist.
  4. Unterrichtsgespräch im Plenum: Wer hat sich warum am überzeugendsten dargestellt?
Die 2. Stunde:

L verteilt vorbereitete Fotowahlzettel (mit posierenden Personen beiden Geschlechts, aller Altersstufen – zwischen 20 und 60 - und in unterschiedlicher Bekleidung), und die S wählen (indirekt) eine/n Bundeskanzler/in. Während L die Wahlzettel auswertet, notieren die S einzeln auf Metaplankärtchen (zweifarbig), womit sie Ihre Wahl des/r Bundeskanzler-Kandidaten/in begründen (max. 3 Angaben).

Nachdem L der Klasse den/die (Medien-)Kanzler/in bekannt gegeben hat, wird im Anschluss an eine geordnete Fixierung der Metaplankärtchen an einer Metaplanwand / Tafel ein auswertendes Klassengespräch geführt, das die genannten (sichtbaren äußeren / vermuteten inneren) Merkmale von sog. Medienmenschen diskutiert und (schülergemäß begründet) qualifiziert.

Mögliche Vertiefung:

Erörtern Sie nun das Zitat Max Webers aus „Politik als Beruf“ (1919)

Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. Es ist ja durchaus richtig, und alle geschichtliche Erfahrung bestätigt es, dass man das Mögliche nicht erreichte, wenn nicht immer wieder in der Welt nach dem Unmöglichen gegriffen worden wäre. Aber der, der das tun kann, muss ein Führer und nicht nur das, sondern auch – in einem sehr schlichten Wortsinn – ein Held sein. Und auch die, welche beides nicht sind, müssen sich wappnen mit jener Festigkeit des Herzens, die auch dem Scheitern aller Hoffnungen gewachsen ist, jetzt schon, sonst werden sie nicht imstande sein, auch nur durchzusetzen, was heute möglich ist. Nur wer sicher ist, dass er daran nicht zerbricht, wenn die Welt, von seinem Standpunkt aus gesehen, zu dumm oder zu gemein ist für das, was er ihr bieten will, dass er all dem gegenüber: „dennoch!“ zu sagen vermag, nur der hat den „Beruf“ zur Politik.