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Auf­ga­ben

Hören Sie das Ge­dicht (ohne Titel), tau­schen Sie sich über die Wir­kung aus und geben Sie dem Ge­dicht einen Titel.

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Wir jagen über weis­se step­pen
Der tren­nung weh ver­schwand im nu
Die ra­schen räder die uns schlep­pen
Füh­ren ja dem früh­ling zu.

Die nacht voll rol­len­der ge­dan­ken
Ich weiß ... und wie nach spä­tem schlaf
Als vor dem licht die nebel san­ken
Mat­ter schein die schei­ben traf

Wo far­ren grä­ser junge pal­men
Ganz aus kris­tall sich auf­ge­stellt
Mit ähren moo­sen schach­tel­hal­men
Wun­der­sa­me Pflan­zen­welt!

Ge­le­sen von Cord Beint­mann

(in: Ge­samt­aus­ga­be der Werke, Band 2, Ber­lin 1928, S. 76-78.: Ver­jähr­te fahr­ten III.)

  1. Ver­wen­den Sie Satz­zei­chen und pas­sen Sie die Groß- und Klein­schrei­bung der Norm­spra­che zum bes­se­ren Ver­ständ­nis des Tex­tes an.
  2. Scan­nen Sie den QR-Code ein und be­ant­wor­ten Sie die fol­gen­den Fra­gen.

qr-code

  1. „Ich weiss...“ (Vers 6): Was ver­mu­ten Sie, meint das ly­ri­sche Ich zu wis­sen? Fül­len Sie die Lücke mit einer Selbst­aus­sa­ge des ly­ri­schen Ich.
  1. Ver­set­zen Sie sich in die Si­tua­ti­on des ly­ri­schen Ich und hal­ten Sie einen Vor­trag über seine Si­tua­ti­on. Neh­men Sie Ihren Vor­trag mit dem Smart­pho­ne auf.
  1. Un­ter­su­chen Sie nun das Ge­dicht ge­nau­er: Mar­kie­ren Sie In­for­ma­tio­nen zum ly­ri­schen Ich, zu den Bild­mo­ti­ven und den Ver­ben.
    Nut­zen Sie dazu das Lern­vi­deo zur Vor­be­rei­tung der Ge­dicht­in­ter­pre­ta­ti­on.
  1. Was woll­te Ste­fan Ge­or­ge mit der feh­len­den In­ter­punk­ti­on und der Klein­schrei­bung be­wir­ken?
  1. Schrei­ben Sie die In­ter­pre­ta­ti­on.

Text des Spre­chers zum Lern­vi­deo zu Ste­fan Ge­or­ge,

Ver­jähr­te Fahr­ten III

In dem Lern­vi­deo (Link) er­fah­ren Sie ex­em­pla­risch, wie man ein Ge­dicht be­ar­bei­tet, bevor man es in­ter­pre­tie­ren kann. Dabei muss man sich ein paar grund­le­gen­de Fra­gen stel­len.
Die Ant­wor­ten mar­kie­ren wir jetzt ge­mein­sam am Text.
Zum Mar­kie­ren legen Sie bitte zu­nächst drei Farb­stif­te be­reit.

  1. Wel­che In­for­ma­tio­nen er­hält der Leser über das ly­ri­sche Ich?

    Zu­erst un­ter­streicht man alle Hin­wei­se auf das ly­ri­sche Ich und die Per­spek­ti­ve, aus der das Ge­dicht ge­schrie­ben wurde.
    Das „wir“ be­wegt sich zu Be­ginn des Ge­dichts in einer hoch dy­na­mi­schen Be­we­gung des „[J]agen[s]“ über eine ver­schnei­te „Step­pe“. Be­reits in Vers zwei er­fährt man, dass eine „Tren­nung“ statt­ge­fun­den hat.
    In Stro­phe zwei steht plötz­lich ein iso­lier­tes „Ich weiss“, wobei der Leser nicht er­fährt, was genau die Er­kennt­nis des ly­ri­schen Ich ist, an­ge­deu­tet durch drei Punk­te.
    Da­nach taucht kein ly­ri­sches Ich mehr auf und der Rest des Tex­tes stellt eine Au­gen­blicks­be­schrei­bung aus der Per­spek­ti­ve des ly­ri­schen Ich dar.

  2. Wel­che Bild­mo­ti­ve wer­den ver­wen­det? Fin­den Sie Be­grif­fe für die Über­ka­te­go­rie, die wir dem Bild­ma­te­ri­al zu­ord­nen kön­nen.

    Als nächs­tes mar­kiert man die Nomen aus dem Be­reich „Natur“ und „Na­tur­phä­no­me­ne“: „step­pen“, „früh­ling“, „nacht“, „licht“, „nebel“, „schein“, „far­ren“, „grä­ser“, „pal­men“, „kris­tall“, „ähren“, „moo­sen“, „schach­tel­hal­men“, „pflan­zen­welt“. Im letz­ten Aus­ruf wer­den alle in Stro­phe drei ge­nann­ten Pflan­zen­ar­ten zu­sam­men­ge­fasst. Man kann ab­schlie­ßend fest­hal­ten, dass fast nur  Nomen aus dem Be­rei­chen Natur und Na­tur­er­schei­nun­gen ver­tre­ten sind.
    Jetzt mar­kie­ren wir Nomen aus dem Be­reich „mensch­li­che Be­zie­hung“. Die we­ni­gen Nomen sind „tren­nung“, „weh“, „ge­dan­ken“ und „schlaf“ aus dem Be­reich „mensch­li­che Be­zie­hung“, und sind den Na­tur­phä­no­me­nen ge­gen­über­ge­stellt.

  3. Wel­che Ver­ben wer­den ver­wen­det? In wel­cher Zeit­form ste­hen diese? Von den Ver­ben lei­ten wir die Hand­lung ab.

    Nun ach­tet man auf die Ver­ben und Ad­jek­ti­ve der Be­we­gung.
    Man er­kennt, dass vom sehr dy­na­mi­schen „jagen“ (Vers 1) aus­ge­hend, die „ra­schen räder“ nun nur noch „uns schlep­pen“ (Vers 3) und dem „früh­ling [zu]füh­ren“ (Vers 4), was zu­letzt eine ge­rich­te­te Hand­lung dar­stellt.
    Man er­kennt, dass das Verb in Vers zwei: „[d]er tren­nung weh ver­schwand im nu“ im Prä­te­ritum steht und ein­ge­scho­ben oder ir­gend­wie mon­tiert wirkt. Denn die rest­li­chen Ver­ben ste­hen im Prä­sens.
    Man muss sich nun be­wusst ma­chen, dass „weis­se step­pen“ aus­ge­stor­ben und ver­schneit vom ly­ri­schen Ich emp­fun­den wer­den und alle Pflan­zen­ar­ten in Stro­phe drei nur Eis­kris­tal­le an einem alten, nicht iso­lier­ten Fens­ter sind.
    Der Tren­nungs­schmerz des ly­ri­schen Ich wird in der Hälf­te von dem viel­sa­gen­den „Ich weiss...“ (Vers 6) be­en­det und in­halt­lich und for­mal vom Rest des Ge­dichts ab­ge­trennt. Ein Wech­sel der Per­spek­ti­ve auf tote, kalte Ma­te­rie und Licht­phä­no­me­ne des Mor­gen­grau­ens steht nun im Zen­trum der Be­trach­tun­gen.

    In der zwei­ten Stro­phe mar­kie­ren wir „rol­len­der ge­dan­ken“. Im Kon­trast zur ers­ten Stro­phe, in der die Be­we­gung des ly­ri­schen Ich her­aus­ge­stellt wurde, be­we­gen sich nun nur noch die Ge­dan­ken im In­ne­ren des ly­ri­schen Ich.
    Ab Vers sie­ben folgt der Leser dem stark fo­kus­sier­ten Blick des ly­ri­schen Ich. Der Blick rich­tet sich aus dem ver­eis­ten Fens­ter in das Ge­gen­licht der auf­ge­hen­den Sonne oder des Mor­gen­grau­ens. Die  Fo­kus­sie­rung in die­sem Au­gen­blick, der in Stro­phe zwei ein­ge­lei­tet und in Stro­phe drei sprach­lich aus­ge­führt wird, wird im Prä­te­ritum ge­schil­dert, also aus der Ver­gan­gen­heit er­in­nert: „san­ken“, „traf“, „sich auf­ge­stellt“. Die Be­schrei­bung der Pflan­zen­welt „[g]anz aus kris­tall“ (Vers 8) er­folgt im Still­stand.

 

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