Erkenntnisse durch das Gespräch mit nicht theologischen Wissenschaften
In allen Fragen der Individual- wie der Sozialethik erscheint es heute nicht nur angeraten, sondern geradezu geboten, das Gespräch mit den nicht-theologischen Wissenschaften zu suchen. Ein solches Vorgehen ergibt sich aus der Erkenntnis, dass menschliche Lebens- und Entscheidungsbereiche heute im hohen Maße durch technische und wissenschaftliche Fortschritte und Erkenntnisse geprägt sind. Aufgrund der Komplexität der zur Entscheidung anstehenden Fragen sind fachkundige Stellungnahmen oder Expertisen von Fachleuten unumgänglich. Für die katholische Kirche hat das Zweite Vatikanische Konzil ausdrücklich dazu ermutigt, die Autonomie der Wissenschaften in ihrem Sachurteil zu respektieren. Auch die lutherische Theologie kann aufgrund ihrer Würdigung der Vernunft für den Umgang des Menschen mit seiner Welt andere, nicht-theologische Wissenschaften in ihrer Funktion für die Gestaltung des Lebens anerkennen. Zu klären ist dabei freilich jeweils, wie in die wissenschaftlich und technisch orientierten Sachentscheidungen der Horizont des Gottesbezuges integriert werden kann. Unter den nicht-theologischen Wissenschaften sind vor allem jene, die unter dem Begriff der „Lebens- oder Humanwissenschaften“ zusammengefasst werden können, für die Theologie von besonderer Bedeutung. Im weiteren Sinn sind auch die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften angesprochen. Hier werden über die medizinischen und technischen Bereiche hinaus relevante Lebensbereiche in den Blick genommen, die auf ethische Orientierungen angewiesen sind. Diese nicht in jeder Hinsicht klare Terminologie macht darauf aufmerksam, dass einzelne wissenschaftliche Disziplinen – vorrangig die Medizin oder die Psychologie – das menschliche Leben zum Gegenstand der wissenschaftlichen Betrachtung haben. Dabei sind nicht nur die Bedingungen der rein vitalen Existenz im Blick, vielmehr richtet sich heute in der Medizin das Augenmerk auf die psycho-sozialen Rahmenbedingungen des Lebens. In sehr differenzierter Weise werden die fördernden und die schädlichen Einflüsse auf die Lebensgestaltung, die sich in Langzeitstudien erkennen lassen, bedacht. Neben der Medizin erheben die Rechtswissenschaften den Anspruch, einen Beitrag zur ethischen Urteilsfindung in der Gesellschaft zu leisten. Die Bewahrung des Lebens möglichst vieler Menschen steht im Mittelpunkt des Interesses einer Reihe unterschiedlicher Wissenschaften und Wissenschaftsbereiche.
Quelle:
Bilaterale Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz u. der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Gott und die Würde des Menschen, Paderborn 2017, S. 54f
© 2017 by Bonifatius GmbH, Paderborn und Evangelische Verlagsanstalt GmbH, Leipzig
Arbeitsaufträge für eine Gruppenarbeit zu viert:
Erarbeitet in folgenden Schritten ein Schreibgitter/Placemat für den obigen Text:
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Phase 1:
Jede/r liest zunächst den Text und alle schreiben ihr/ihm wichtig erscheinende Begriffe in ihre/seine Ecke des Schreibgitters: maximal 10 Begriffe.
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Phase 2:
In dieser Phase wird das Plakat mehrmals im Uhrzeigersinn gedreht, so dass sich jede/r auch die Begriffe seiner Mitschüler anschauen und sie bei Zustimmung mit einem Ausrufezeichen und bei Ablehnung mit einem Fragezeichen versehen kann. Danach sollte jede/r auch die Anmerkungen der anderen zu den eigenen Begriffen zur Kenntnis nehmen.
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Phase 3:
Die Begriffe, die alle für zentral halten, werden in das mittlere Feld des Schreibgitters geschrieben.
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Übertragt eure zentralen Begriffe nun auf Karten und ordnet diese sachlogisch auf eurem Tisch.
Erstellt schließlich ein Begriffsnetz (auf Plakat), indem ihr die schon geordneten Begriffs-karten des Textes mit Hilfe folgender Linienarten verbindet:
___________________ = Teil von; → = daraus folgt
↔ = Gegensatz und benenne ihre Begriffsbeziehung mit einer passenden Bezeichnung!
Visualisiert die Begriffe gegebenenfalls mit passenden einfachen Symbolen!
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