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Gü­te­re­thik

Nach Aris­to­te­les ist die Be­stim­mung eines Gutes das Ziel, zu dem alles strebt. Ein Gut ist etwas, das er­strebt wird. Von hier aus un­ter­nimmt Aris­to­te­les die Be­schrei­bung sei­ner Ethik, nach der es ein höchs­tes Gut für den Men­schen gibt, das zu er­stre­ben er durch seine Natur be­stimmt ist. Die­ses Gut nennt Aris­to­te­les Eu­dai­mo­nia. Das Glück ist das letz­te Ziel aller Hand­lun­gen von Men­schen. Der Be­griff des Guten ist in der ethi­schen Tra­di­ti­on vor allem mit der Frage nach dem Glück ver­bun­den wor­den. Doch er­schöpft sich darin die Be­deu­tung der mo­ra­li­schen Ori­en­tie­rung kei­nes­wegs. Für das Leben und Zu­sam­men­le­ben der Men­schen wer­den Güter als wich­tig er­ach­tet, die not­wen­dig sind, damit Leben ge­lin­gen kann: z. B. Ge­sund­heit, Frei­heit, Frie­den, Si­cher­heit des Ei­gen­tums. Vor allem im Blick auf die Frage nach den Men­schen­rech­ten ist eine sol­che Gü­te­re­thik von her­vor­ge­ho­be­ner Be­deu­tung.

Fried­rich Schlei­er­ma­cher gilt in­ner­halb der evan­ge­li­schen Theo­lo­gie als einer der pro­fi­lier­tes­ten Ver­tre­ter einer Gü­te­re­thik, ob­wohl ihm selbst eine Kom­bi­na­ti­on aus Güter-, Tu­gend- und Pflich­ten­leh­re als Ideal vor­schweb­te. Cha­rak­te­ris­tisch für die Gü­te­re­thik ist, dass sie das Han­deln des Men­schen in sei­ner Ziel­ori­en­tie­rung be­schreibt, sei dies nun ein letz­tes Ziel oder seien es kon­kre­te Ziele. Schlei­er­ma­cher be­stimmt als das höchs­te Gut eine Ein­heit von Ver­nunft und Natur. Es ist die Be­stim­mung des Men­schen, die Natur mit­tels sei­ner Ver­nunft zu durch­drin­gen, um so beide mit­ein­an­der zu ver­ei­nen. Da dies auf ver­schie­de­ne Weise ge­sche­hen kann, er­ge­ben sich vor­ge­la­ger­te Hand­lungs­fel­der, die kon­kre­te „Güter“ be­schrei­ben: Wis­sen­schaft, Re­li­gi­on, Po­li­tik etc. So wird der Mensch als ein auf Zu­kunft aus­ge­rich­te­tes Wesen be­stimmt, das zu­gleich in kon­kre­ter Weise auf seine Welt- und Selbst­ge­stal­tung an­sprech­bar ist.

Ge­ra­de in der Ver­knüp­fung des Guten mit dem Glück liegt eine tiefe Pro­ble­ma­tik die­ser ethi­schen Kon­zep­ti­on, die sich bis in die Mo­der­ne hin­ein­zieht. Un­ab­weis­bar ist die For­de­rung, das Gute um sei­ner selbst wil­len zu wol­len. Schwie­ri­ger wird es, wenn man fragt, was das Gute über­haupt sei. Wenn die Ant­wort auf diese Frage lau­ten müss­te, das Gute ist das, was für mich gut ist, dann droht eine ge­fähr­li­che Per­ver­si­on des ethi­schen The­mas. In der Bin­dung der Frage nach dem Guten an das Stre­ben nach pri­va­tem Glück lässt sich eine tiefe Pa­ra­do­xie aller Suche nach dem Guten um sei­ner selbst wil­len aus­ma­chen. Im­ma­nu­el Kant hat an­ge­sichts die­ses Di­lem­mas dafür plä­diert, zwi­schen dem obers­ten und dem höchs­ten Gut zu un­ter­schei­den. In einer sol­chen Hier­ar­chie der Güter las­sen sich zwar Ziel­kon­flik­te nicht ver­mei­den, die Aus­rich­tung auf durch­aus frag­wür­di­ge und eher zeit­li­che Güter lässt sich aber bes­ser kon­trol­lie­ren und kor­ri­gie­ren. Das Gute um sei­ner selbst wil­len zu wol­len, ist ein fun­da­men­ta­les Motiv jeder Ethik.

Quel­le:

Bi­la­te­ra­le Ar­beits­grup­pe der Deut­schen Bi­schofs­kon­fe­renz u. der Ver­ei­nig­ten Evan­ge­lisch-Lu­the­ri­schen Kir­che Deutsch­lands, Gott und die Würde des Men­schen, Pa­der­born 2017, S. 63 - 65

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Wei­ter zu Ge­wis­sen und Lehr­amt