Bildende Kunst und Ästhetik
Matthew Bellemare: An old black leopard at the Austin Zoo ( cc-by-sa 2.0 ) flickr.com |
Rainer Maria Rilke
Der Panther
info Rilke und Rodin
Rilke schreibt in einer Abhandlung über Auguste Rodin: "Es gibt in Rodins Atelier den Abguß eines kaum halbgroßen Panthers griechischer Arbeit (das Original befindet sich im Medaillen-Kabinett der Pariser National-Bibliothek); wenn man unter seinem Leibe durch von vorn in den Raum blickt, der von den vier geschmeidigstarken Tatzen gebildet wird, kann man glauben, in die Tiefe eines indischen Felsentempels zu sehen, so wächst dieses Werk und weitet sich zur Größe seiner Maße." |
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
http://de.wikisource.org/wiki/Der_Panther
1. In welcher äußeren Situation befindet sich der Panther als natürliches Lebewesen?
______________________________________________________
2. Welche Auswirkungen hat diese äußere Situation auf die Befindlichkeit des Lebewesens?
______________________________________________________
3. Rilke schrieb über sein Vorstellung vom Ding-Gedicht: „Irgendwie muß auch ich dazu kommen, Dinge zu machen; nicht plastische, geschriebene Dinge – Wirklichkeiten, die aus dem Handwerk hervorgehen.“ Kunst sei ein Werk der „Disziplin“, des „Arbeitenkönnen[s] und Arbeitenmüssen[s]“ ähnlich der Arbeitsweise eines bildenden Künstlers wie Cézanne. Versuchen Sie an Hand des folgenden Schaubilds die Kreation des Phänomens „Panther“ nachzuvollziehen.
info Dinggedicht Rein gegenständliche Darstellung eines Dings durch völlige Versenkung in dessen Wesen an sich. Häufig werden Werke der bildenden Künste nachvollzogen in einer eigenständigen Neuschöpfung des Kunstwerks, die sein inneres Gesetz auf sprachlicher Ebene zum Ausdruck bringen soll. Zu diesem Zweck will der Dichter in den Kern eines Gegenstands so weit wie möglich vordringen. |
4. Das Zentrum des Gedichts befindet sich in der 2. Strophe, in der das angebliche, natürliche Wesen des Panthers umschrieben wird. Welche symbolische Aussage rufen die beiden umrahmenden Strophen über das gebändigte Wesen des Tiers und die Auswirkungen auf seine eigentliche Natur hervor? Verwenden Sie für Ihre Überlegungen den Infoteil zum Thema „Symbolismus“.
____________________________________________________________________________________________________________
______________________________________________________
______________________________________________________
______________________________________________________
info Symbolismus Von Frankreich ausgehende literarische Strömung, die sich seit 1890 in Europa ausbreitete. Verzicht auf Wirklichkeitswiedergabe bzw. Zweckhaftigkeit von Dichtung zu Gunsten einer über das Gegenständliche hinausweisenden symbolhaften Idee, die auf die Suggestivkraft der Sprache und des Aufbaus setzt. |
Stefan George
Mein garten bedarf nicht luft und nicht wärme
Heribert Pohl: München, Englischer Garten ( cc-by-sa 2.0 ) flickr.com |
Mein garten bedarf nicht luft und nicht wärme.
Der garten den ich mir selber erbaut
und seiner vögel leblose schwärme
Haben noch nie einen frühling geschaut.
Von kohle die stämme. von kohle die äste
Und düstere felder am düsteren rain.
Der früchte nimmer gebrochene läste
Glänzen wie lava im pinien-hain.
Ein grauer schein aus verborgener höhle
Verrät nicht wann morgen wann abend naht
Und staubige dünste der mandel-öle
Schweben auf beeten und anger und saat.
Wie zeug ich dich aber im heiligtume
– So fragt ich wenn ich es sinnend durchmaß
In kühnen gespinsten der sorge vergaß –
Dunkle große schwarze blume?
(1928)
5. Charakterisieren Sie den Garten, den das lyrische Ich sich „selbst erbaut“ hat. Was für einen Eindruck haben Sie?
Str. 1: ___________________________________________________________________Str. 2: ___________________________________________________________________
Str. 3: ___________________________________________________________________
Mein Eindruck: ____________________________________________________________
6. Stefan George verstand Kunst als esoterische und elitäre Aufgabe. Dies erstreckt sich bis in seine eigene Schreibweise (Kleinschreibung) hinein. Welches Problem ergibt sich daraus für den Künstler im Umgang mit dem Thema „Natur“? Interpretieren Sie die letzte Strophe des Gedichts, indem Sie das lyrische Ich mit dem Künstler und die „große schwarze blume“ mit dem Kunstwerk, das die Natur zum Thema hat, gleichsetzen. Informieren Sie sich zusätzlich zu dem am Anfang dieses Kapitels vorhandenen Infokasten über den romantischen Begriff der „blauen Blume“ im Internet.
______________________________________________________________________________________________________________________________________
___________________________________________________________________
___________________________________________________________________
___________________________________________________________________
weiter: Krieg und Moralverlust