Inhalte und Intentionen der „Leitlinien für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen in Baden-Württemberg“
Verwaltungsvorschrift vom 24. Mai 2006
Az.: 21-6750.00/466
Fundstelle: K. u. U. 2006, S. 244
Zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 11.11.2009 (K.u.U. 2009, S. 223)
„Nach Möglichkeit bilden schulinterne Maßnahmen und Maßnahmen im Verbund von Nachbarschulen oder Profilschulen mit affinem Profil einen Schwerpunkt der Lehrerfortbildung.
Diese Maßnahmen werden von den Schulen geplant, organisiert und gestaltet; kleine Grundschulen können dabei die Unterstützung durch die Anlaufstellen erhalten.
Die Schule legt in einem jährlichen Fortbildungsplan ihre schulentwicklungs-bezogenen Qualifizierungsanforderungen und Qualifizierungsmaßnahmen fest.
Alle Schulen können bei den jeweils zuständigen Schulaufsichtsbehörden Fortbildungs- und Beratungspersonal sowie Mittel zur Honorierung externer Referenten abrufen. (…) Die tatsächliche Mittelzuweisung orientiert sich am Fortbildungsplan der Schule.“
(Leitlinien zur Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen in Baden-Württemberg, II. Abs.5 und IV.Abs.1 )
Diese Schlüsselsätze aus den „Leitlinien“ illustrieren die Neugestaltung der Fortbildungslandschaft. Die Verantwortung für die Planung, Gestaltung und Organisation von Fortbildungen wird mehr in die Hände der Lehrerinnen und Lehrern und der Schule gelegt; sie werden zu aktiven Mitgestaltern von Fortbildungen, nicht nur zu Nutzern von Fortbildungsangeboten.
Instrument dieser aktiven Mitgestaltung ist der jährliche Fortbildungsplan der Schule, mit dem die Fortbildungsbedarfe der Schule an die Schulverwaltung und deren Fortbildner weiter gegeben werden. Der von den Lehrerinnen und Lehrern einer Schule gemeinsam erstellte Fortbildungsplan macht deutlich, dass Fortbildung mehr sein kann als eine individuelle Auswahl von Fortbildungsangeboten. Fortbildung wird zum Thema an der Schule. In Fachschaften, Abteilungen, professionellen Lerngemeinschaften oder in Fortbildungskonferenzen der ganzen Schule verständigen sich die Lehrerinnen und Lehrer darüber, welchen Fortbildungsbedarf sie sehen und wie sie diesen decken wollen.
Bei der Entscheidung über Fortbildungsmaßnahmen kommt auch die Qualitätsentwicklung der Schule in den Blick. Aus Entwicklungsthemen und Zielen der Schule können sich Qualifizierungsanforderungen ergeben, die mit Hilfe von Fortbildungen besser bewältigt werden können.
Das Fortbildungsgeschehen wird aber nicht gänzlich dem Entwicklungsinteresse der Schule untergeordnet. Die „Leitlinien“ zielen auf eine Balance zwischen den Entwicklungserfordernissen der Schule und den individuellen Entwicklungsinteressen der einzelnen Lehrpersonen. Sie betont ausdrücklich das Recht jeder Lehrerin und jedes Lehrers auf eine „Förderung im Rahmen einer schulbezogenen und schulübergreifenden Personalentwicklung.“ („Leitlinien“, IV. Abs. 4)
Die „Leitlinien“ legen einen Schwerpunkt auf schulinterne und schulnahe Fortbildungen. Diese Akzentuierung greift Erkenntnisse aus der Diskussion über die Praxis-Wirksamkeit von Fortbildungen auf. Ergebnis dieser Diskussion und der Wirksamkeitsforschung ist einerseits, dass Fortbildungen mit einem Wechsel von Praxis- und Reflexionsphasen und einer Verknüpfung zwischen den sich fortbildenden Lehrpersonen eine hohe Wirksamkeit für das Unterrichtshandeln haben. Andererseits erhöht sich die Umsetzungsbereitschaft, wenn Teilnehmer an der Konzeption der Fortbildungsmaßnahme beteiligt sind und die Fortbildung von ihnen als relevant wahrgenommen wird (vgl. Lipowsky 2010, S. 53 ff). Beide Transferfaktoren werden insbesondere durch schulinterne oder schulnahe Fortbildungen erfüllt.
Die Neuausrichtung der Lehrkräftefortbildungen bringt nicht nur für die Lehrerinnen und Lehrer und die Schulen, sondern auch für die Schulverwaltung, deren Fortbildungspersonal und die amtlichen Fortbildungsanbieter Veränderungen mit sich.
Die Staatlichen Schulämter und die Regierungspräsidien haben u.a. die Aufgabe, die Schulen in ihrem Zuständigkeitsbereich bei der Fortbildungsplanung zu beraten, die Bedarfsmeldungen der Schulen zu sichten und in Zusammenarbeit mit ihrem Fortbildungs- und Beratungspersonal ein bedarfsorientiertes Fortbildungsangebot zu gewährleisten. Dabei können sie die Angebote und Kompetenzen der Staatlichen Seminare für Didaktik und Lehrerbildung in ihrem Einzugsbereich einbeziehen und greifen auf an der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung zentral entwickelte Konzepte zurück ("Leitlinien", III. Abs. 3). Für die Abstimmung zwischen der Schulverwaltung und den Schulen wird als Kommunikationsinstrument ein Formular für den Fortbildungsplan vorgeschlagen, das in dieser Handreichung beschrieben ist (s. hierzu Pilotprojekt zur Fortbildungsplanung am‚ RP Tübingen)
Bilden schulinterne und schulnahe Fortbildungen nach Möglichkeit einen Schwerpunkt der Fortbildungen, hat dies Auswirkungen auf die Tätigkeit der Fortbildner. Sie stellen sich auf den Bedarf der einzelnen Schule ein und entwickeln Abrufangebote für schulinterne und schulnahe Fortbildungen. Gleichzeitig ist die Schulverwaltung gehalten die zentrale Entwicklung von neuen, bedarfsorientierten Fortbildungskonzepten beim Kultusministerium zu beantragen.
Die Neuausrichtung der Lehrkräftefortbildungen hat auch Auswirkungen auf die Fremdevaluation (s. hierzu Fortbildungsplanung und Personalentwicklung in der Fremdevaluation).
Für die Umsetzung der "Leitlinien" werden von der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen, dem Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik Baden-Württemberg sowie der Landesakademie für Schulkunst, Schul- und Amateurtheater Akademie Schloss Rotenfels im Auftrag des Kultusministeriums bedarfsorientiert Fortbildungen konzipiert und angeboten. Sie richten sich an
- Lehrkräfte und Schulteams aus allgemeinbildenden und beruflichen Schulen
- Schulleitungen (Schulleiterinnen und Schulleiter, stellvertretende Schulleiterinnen und stellvertretende Schulleiter, Konrektorinnen und Konrektoren sowie Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter)
- Fachberaterinnen und Fachberater Unterricht (FbU)
- Fachberaterinnen und Fachberater Schulentwicklung (FbS)
- Tandems aus FbU und FbS zur Beratung und Begleitung von Gemeinschaftsschulen (GMS-TANDEMS)
Die Fortbildungen für Fachberaterinnen und Fachberater dienen deren Vorbereitung auf die regionalen Fortbildungen und zielen darauf ab den Lehrkräften in allen Teilen des Landes ein vergleichbares Angebot bereitstellen zu können.