Zur Haupt­na­vi­ga­ti­on sprin­gen [Alt]+[0] Zum Sei­ten­in­halt sprin­gen [Alt]+[1]

Ein­füh­rung in die Stun­den­ver­läu­fe

Der un­ter­richt­li­che Um­gang mit dem Thema Kir­che und Kir­chen hat zu­nächst mit einer Schü­ler­schaft zu rech­nen, deren pri­mä­re Er­fah­rung mit kirch­li­chem Han­deln oft wenig bis gar nicht mehr vor­han­den ist oder aber in immer stär­ke­rem Maße durch frei­kirch­li­che Struk­tu­ren ge­prägt ist. Je­den­falls dürf­te deut­lich sein, dass der An­teil von Schü­le­rin­nen und Schü­lern, die re­gel­mä­ßig an lan­des­kirch­li­chen Got­tes­diens­ten, Ver­an­stal­tun­gen und An­ge­bo­ten für Ju­gend­li­che teil­neh­men, recht ge­ring sein dürf­te. Diese Sach­la­ge mag im Ein­zel­fall güns­ti­ger aus­fal­len, ist aber als Grund­ten­denz ein kaum zu be­strei­ten­der Fak­tor. Der Hin­weis auf diese (sehr un­ter­schied­lich ver­teil­ten und kon­tu­rier­ten) Be­zie­hungs­for­men und – in­ten­si­tä­ten zu kirch­lich ge­präg­tem Christ­sein for­mu­liert eine erste Plu­ra­li­sie­rungs­ebe­ne, mit der un­ter­richt­lich zu rech­nen ist. Es ist dies die Mélange aus (viel­leicht vie­len) Kon­fes­si­ons­lo­sen, (viel­leicht we­ni­gen) kon­fes­sio­nell noch for­mell „ge­bun­de­nen“ und u.U. (ei­ni­gen) hoch­en­ga­gier­ten frei­kirch­lich ge­präg­ten Ju­gend­li­chen. Die in­ne­re He­te­ro­ge­ni­tät von Klas­sen zeigt sich im Blick auf den Re­li­gi­ons­un­ter­richt eben auch immer stär­ker als re­li­giö­se He­te­ro­ge­ni­tät.

Ein Blick auf die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen des Bil­dungs­plans der Klas­sen­stu­fe 9/10 gibt den Blick auf eine zwei­te Plu­ra­li­sie­rungs­ebe­ne frei. Ge­for­dert ist näm­lich, dass im Evan­ge­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt die Per­spek­ti­ve auf die in­ne­re Plu­ra­li­tät des Chris­ten­tums über die bloße Dua­li­tät von „Evan­ge­lisch-Ka­tho­lisch“ hin­aus er­wei­tert wird. Der Bil­dungs­plan sieht vor, dass die Ju­gend­li­chen „Kenn­zei­chen und his­to­ri­sche Wur­zeln un­ter­schied­li­cher Kir­chen und De­no­mi­na­tio­nen er­läu­tern“ kön­nen. Damit wird die heute re­li­gi­ons­päd­ago­gisch gerne und mit einer ge­wis­sen mo­no­k­au­sa­len Zu­wei­sung auf den „in­ter­re­li­giö­sen Dia­log“ ver­leg­te Plu­ra­lis­mus­the­ma­tik im In­ne­ren des Chris­ten­tums selbst iden­ti­fi­zier­bar. Dies heißt m.a.W: Es wird un­ter­richt­lich aus­zu­ar­bei­ten sein, dass es „das Chris­ten­tum“ of­fen­bar so gar nicht gibt. Diese in­ne­re Plu­ra­li­tät des Chris­ten­tums soll­te aber nicht ein­fach re­li­gi­ons­wis­sen­schaft­lich oder kon­fes­si­ons­kund­lich be­schrie­ben, son­dern in theo­lo­gi­scher Per­spek­ti­ve di­dak­tisch an­ge­mes­sen the­ma­ti­siert wer­den. Dies gilt ge­ra­de für eine Klas­sen­stu­fe, in der das „er­wa­chen­de kri­ti­sche Be­wusst­sein“ (Karl Ernst Nip­kow) die Frage nach der Au­then­ti­zi­tät und Glaub­wür­dig­keit von tra­di­tio­nel­ler Kirch­lich­keit und kon­fes­sio­nel­ler Un­ter­schei­dungs­lo­gik deut­lich stellt. Die kul­tu­rell und re­li­gi­ös plu­ra­le Mul­ti­op­ti­ons­ge­sell­schaft wird für Ju­gend­li­che zum kom­ple­xen Ent­schei­dungs­feld bei der Frage nach ver­bind­lich und glaub­wür­dig ge­leb­ter christ­li­cher Re­li­gi­on. Die Frage nach dem Ver­hält­nis von Ge­gen­warts­re­le­vanz und kirch­li­cher Tra­di­ti­ons­pfle­ge wird zu­gleich in kri­ti­scher Schär­fe ge­stellt. Die Frage „Wann ist eine Kir­che eine Kir­che“? spitzt sich dann zur Frage zu: „Wann ist eine Kir­che eine Kir­che für mich?“

Die Span­nung zwi­schen Ge­gen­warts­be­zug und Tra­di­ti­ons­prä­gung prägt in un­ter­schied­li­cher Hin­sicht (1) die Vor­aus­wahl hin­sicht­lich der in die­sem Un­ter­richts­vor­schlag the­ma­ti­sier­ten Kir­chen und Kon­fes­sio­nen: (a) Die Hill­song Church fun­giert als Re­prä­sen­tan­tin jener ju­gend­ori­en­tier­ten Me­ga­church­es, die, aus dem an­glo­ame­ri­ka­ni­schen Raum kom­mend, auch in der Bun­des­re­pu­blik star­ke Re­so­nanz fin­den. Ge­ra­de auch unter Schü­le­rin­nen und Schü­lern wer­den sich immer wie­der Mit­glie­der oder auch nur An­hän­ger sol­cher Frei­kir­chen fin­den. Bei gleich­zei­tig hoch­mo­der­ner Au­ßen­ge­stalt (Event­cha­rak­ter der Got­tes­diens­te, pop­mu­si­ka­li­sche Aus­rich­tung des Mu­sik­pro­gramms) ist die Hill­song- Church durch kon­ser­va­ti­ve Se­xu­al­ethik und fun­da­men­ta­lis­ti­sches Bi­bel­ver­ständ­nis ge­prägt. (b) Die Sy­risch-Or­tho­do­xe Kir­che ist durch die Flücht­lings­the­ma­tik vom Rande ins Zen­trum der öf­fent­li­chen Auf­merk­sam­keit ge­rückt. Viele sy­risch-or­tho­do­xe Flücht­lin­ge sind in den letz­ten Jah­ren nach Deutsch­land ge­kom­men. Die Ge­mein­den wach­sen oft­mals rasch an. Als or­tho­do­xe Kir­che ist diese alt­ori­en­ta­li­sche Na­tio­nal­kir­che zu­gleich aber auch ein durch tra­di­ti­ons­ge­sät­tig­te Prä­gung cha­rak­te­ri­sier­tes und da­durch oft auch „exo­tisch“ an­mu­ten­des Kir­chen­we­sen. (c) Die Bap­tis­ten ste­hen bei­spiel­haft für eine tra­di­ti­ons­rei­cheund zum Bei­spiel über ihr Frie­dens­en­ga­ge­ment ge­gen­warts­na­he „Dis­sen­ter – Kir­che“, die in der Ver­gan­gen­heit wegen ihrer Tauf­pra­xis und z.T. auch wegen ihres ri­gi­den Ver­ständ­nis­ses von Prä­des­ti­na­ti­on von den christ­li­chen Mehr­heits­kir­chen hart be­drängt und auch staat­lich ver­folgt wur­den. In der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit und der Ge­gen­wart ste­hen die bap­tis­ti­schen Ge­mein­den in ihrer Plu­ra­li­tät ei­ner­seits als Bei­spie­le für fun­da­men­ta­lis­ti­sches an­ti­öku­me­ni­sches Kir­chen­ver­ständ­nis. An­de­rer­seits kön­nen bap­tis­ti­sche Kir­chen als Orte frie­dens­kirch­li­chen En­ga­ge­ments auf­blü­hen. Der be­kann­tes­te Re­prä­sen­tant der Bap­tis­ten, Mar­tin Lu­ther King, ver­moch­te mit sei­ner (auch schu­lisch kei­nes­wegs ver­ges­se­nen) Frie­dens- und Ver­söh­nungs­bot­schaft eben­so kräf­ti­ge po­li­ti­sche wie re­li­giö­se As­pek­te zu set­zen.

Wann ist eine Kir­che eine Kir­che? Die oben an­ge­zeig­te Span­nung mach­te es aber (2) not­wen­dig, auch die kri­te­ri­el­le Grund­la­ge für die Be­ant­wor­tung die­ser Frage im schier un­über­schau­ba­ren Feld christ­li­cher De­no­mi­na­tio­nen ent­spre­chend zu be­den­ken. Die Kir­chen­de­fi­ni­ti­on von CA VII mit ihrer Kon­zen­tra­ti­on auf Evan­ge­li­ums­ver­kün­di­gung und Sa­kra­ments­ver­wal­tung ist immer wie­der als letzt­lich sogar öku­me­nisch trag­fä­hi­ge ek­kle­sio­lo­gi­sche Kon­zep­ti­on an­ge­se­hen wor­den. Diese Zu­schrei­bung ist nicht un­um­strit­ten. Sie ver­an­lasst uns den­noch den Text der lu­the­ri­schen Be­kennt­nis­schrift als Un­ter­richts­ma­te­ri­al her­an­zu­zie­hen. Dies hat Grün­de. Me­lan­chthons be­kennt­nis­bil­den­de Be­stim­mung ist z.B. offen genug, um neben sich den im RU der Ober­stu­fe immer wie­der avi­sier­ten Vier­klang von Koino­nia, Mar­ty­ria, Dia­ko­nia und Lei­t­ur­gia er­klin­gen zu las­sen. Zum an­de­ren bil­det CA VII ein kräf­ti­ges Wi­der­la­ger und/oder eine tra­di­ti­ons­rei­che Ent­spre­chung zu pro­be­wei­sen Kir­chen­de­fi­ni­tio­nen, die von den Ju­gend­li­chen im Ver­lau­fe des Un­ter­richts immer wie­der ein­ge­bracht wer­den. So wird dann der Aus­druck von der Be­kennt­nis­schrift als „norma nor­ma­ta“ spe­zi­fisch kon­no­tiert und ge­wen­det: Das wirk­mäch­ti­ge Be­kennt­nis aus dem 16. Jahr­hun­dert wird zu einer Achse, an der die Ju­gend­li­chen ihre je un­ter­schied­li­chen Kir­chen­de­fi­ni­tio­nen in Zu­stim­mung und Kri­tik ent­lang be­we­gen und auch prä­zi­sie­ren kön­nen.

 

Un­ter­richts­se­quenz: „Wann ist eine Kir­che eine Kir­che?“: Her­un­ter­la­den [docx][60 KB]

Un­ter­richts­se­quenz: „Wann ist eine Kir­che eine Kir­che?“: Her­un­ter­la­den [pdf][152 KB]

 

Wei­ter zu Auf­bau des Un­ter­richts­vor­schlags