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M13

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche. Ein kurzer Abriss ihrer Geschichte.

Warum gibt es an der Fritz-Winter-Schule in Ahlen/Baden-Württemberg syrisch-orthodoxen Religionsunterricht?

Gewöhnlich findet an einer Schule als christlicher Religionsunterricht evangelischer und katholischer Religionsunterricht statt. An einigen Schulen Baden-Württembergs (zum Beispiel an der Fritz-Winter- Gesamtschule in Ahlen) steht aber auch Religionsunterricht für syrisch-orthodoxe Schülerinnen und Schülerauf dem Stundenplan; sie sind Mitglieder einer Kirche, die in Deutschland etwa 100.000 Gläubige zählt; weltweit gehören etwa 1,3 Millionen Menschen der Syrisch-Orthodoxen Kirche an. Die Eltern und Großeltern dieser Schülerinnen und Schüler kamen seit den 60er und70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts aus der Türkei nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Aber auch die jüngsten Flüchtlingsbewegungen wegen des Krieges in Syrien brachten wieder syrisch-orthodoxe Christen auf den Weg nach Deutschland. Dabei ist es aber ein Fehlschluss, wollte man einfach Syrien zum Heimatort der Syrisch-Orthodoxen Kirche erklären. Eine wichtige Keimzelle der Syrisch-Orthodoxen Kirche ist TurAbdin (türkisch: Berg der Knechte Gottes), eine Gegend im Südosten der heutigen Türkei. Der sprechende Name des Gebiets weist darauf hin, dass hier eine Vielzahl von Klöstern gegründet wurde; deren Mönche wurden nämlich als „Knechte Gottes“ bezeichnet.

Warum „orthodox“? Und warum „syrisch-orthodox“?

Die Syrisch-Orthodoxe Kirche hatte ihre ursprüngliche Heimat im Gebiet der heutigen Staaten Iran, Irak, Türkei, Syrien, Libanon und Teilen der arabischen Wüste. Dieses weitläufige Gebiet beschreibt in etwa das große Territorium des historischen Syrien und ist darum mit dem wesentlich kleineren Areal des heutigen heiß umkämpften syrischen Staates nicht gleichzusetzen. Das griechische Wort „orthodox“ bedeutet „rechtgläubig“ und wird als Oberbegriff für zwei miteinander verwandte Gruppen von christlichen Kirchen verwendet. Die Syrisch-Orthodoxe Kirche zählt zur Gruppe der sogenannten altorientalischen Nationalkirchen, zu denen etwa auch die Armenisch-Orthodoxe Kirche oder die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche zählen. Der Name „altorientalisch“ geht auf die englische Bezeichnung „ancientorientalchurches“ (eigentlich: alte Kirchen des Ostens) zurück.

In einer zweiten Gruppe der orthodoxen „Kirchenfamilie“ sind bekanntere Kirchen versammelt, wie etwa die wesentlich größere Griechisch-Orthodoxe Kirche oder die in Russland politisch einflussreiche Russisch-Orthodoxe Kirche. Diese beiden Kirchen zählen zu den sogenannten „autokephalen“ Kirchen. Der griechische Name („autoskephalos“, übers. etwa: „mit eigenem Kopf“) benennt ein Charakteristikum aller orthodoxen Kirchen, das bei diesen beiden Kirchen besonders hervorgehoben wird: Sie haben ein eigenständiges und (zum Beispiel vom römisch-katholischen Papst) unabhängiges Kirchenoberhaupt an ihrer Spitze (einen sogenannten Patriarchen).

Die Anfänge des Christentums und der Weg der Syrisch-Orthodoxen Kirche durch die Geschichte.

In der Syrisch-Orthodoxen Kirche wird großer Wert darauf gelegt, dass ihre Anfänge bis in biblische Zeiten zurückreichen. Immer wieder wird dabei auf Apg. 11, 19-26 hingewiesen. Dort wird berichtet, dass die Anhänger Jesu Christi in Antiochia zum ersten Mal „Christen“ genannt wurden. Damit werden die Wurzeln der heutigen Syrisch-Orthodoxen Kirche nahe an die Entstehungszeit des Christentums überhaupt herangeführt. Die stolze Erinnerung an diese Tatsache prägt das kirchliche Leben und auch den Religionsunterricht in der Gegenwart. Bis zum heutigen Tag wird der Gottesdienst auf Aramäisch, der Sprache Jesu, gefeiert. Ein wesentlicher Bestandteil des syrisch-orthodoxen Religionsunterrichts ist das Erlernen der Fähigkeit, in der aramäischen Bibel lesen zu können.

Antiochia wurde im weiteren Verlauf der Geschichte zu einem entscheidenden Machtzentrum der Kirche. Vor allem ab dem 5. Jahrhundert waren etliche der obersten kirchliche Führungspersonen (sogenannte Patriarchen) bestrebt, gegenüber der Mehrheit der damaligen Christenheit einige Unterschiede in der Lehre über Jesus Christus festzuhalten. Die Unterschiede betrafen die Frage, wie intensiv die Einheit des Menschen Jesus mit Gott selbst zu denken sei. Die Syrisch-Orthodoxe Kirche bekannte sich zur Minderheitenmeinung des sogenannten Monophysitismus; demnach hatte Jesus nur ein (griech. „mono“) „Wesen“, nämlich das göttliche Wesen (oder Natur, griech. „Physis“). Die selbstbewusst gewordene Kirche organisierte sich innerlich und äußerlich mit großer Kraft und Geschwindigkeit. Es entstand ein beispielsweise vielfältiges kirchliches Schrifttum (Bibelauslegungen, gottesdienstliche Hymnen). Auch wurden viele Klöster gegründet. Nachdem im 7. Jahrhundert der Islam in das Gebiet der Syrisch-Orthodoxen Kirche eingedrungen war, gab es zwar hin und wieder auch Spannungen zwischen den Angehörigen der beiden Religionen. Allerdings gestaltete man den gemeinsamen Alltag oft auch in großem gegenseitigem Respekt. Syrisch-orthodoxe Christen und Muslime verbündeten sich in späterer Zeit auch gegen die Kaiser von Byzanz und bisweilen auch gegen durchziehende Kreuzfahrer; diese bekämpften manchmal auf ihren Wegen nach Jerusalem unterschiedslos Muslime und monophysitische Christen, die als Ketzer galten. Anderswo konnten die Kreuzfahrer von den Mitgliedern der Syrisch-Orthodoxen Kirche herzlich empfangen werden. Im 12. Jahrhundert kam das kirchliche Leben der syrisch-orthodoxen Christen zu einer wahren Blüte, so dass man von einer syrisch-orthodoxen Renaissance sprechen konnte.

Das weitere Schicksal der syrisch-orthodoxen Christen war durch mehrere Verfolgungswellen bestimmt, die bis zum heutigen Tag im Gedächtnis dieser Kirche eingeprägt sind. Besonders gravierend ist die Erinnerung an Verfolgungen in der Türkei nach dem Ersten Weltkrieg, bei denen viele syrisch-orthodoxe Christen im Zuge von Pogromen gegen Armenier zu Gewaltopfern wurden. Aufgrund der politischen Lage im Nahen Osten und wegen islamistischer Verfolgungen haben viele syrisch-orthodoxe Christen ihre Heimat verlassen. 300.000 Angehörige der Syrisch-Orthodoxen Kirche leben inzwischen in Europa. Die alten Lehrstreitigkeiten über die „Natur“ Jesu Christi, vor allem auch mit der Römisch-Katholischen Kirche, sind beigelegt. Syrisch-orthodoxe Gemeinden in der Bundesrepublik bemühen sich oft sehr erfolgreich um Integration und ein gutes Miteinander mit anderen christlichen Kirchen. Offene Feste, kulturelle Darbietungen auf lokaler Ebene und gemeinsame Gottesdienste mit anderen christlichen Konfessionen stärken die sichtbaren Anstrengungen, in der deutschen Gesellschaft Fuß zu fassen.

Das Oberhaupt der Syrisch-Orthodoxen Kirche in Deutschland ist gegenwärtig Erzbischof Philoxenus Mattias Nayis. Das weltweite Oberhaupt aller syrisch-orthodoxen Christen ist zur Zeit Moran Mor Ignatius Aphrem II. Karim.

Arbeitsaufgaben:

  1. Erstellt einen Zeitstrahl mit besonders markanten Wegstationen der Syrisch-Orthodoxen Kirche!
  2. Erstellt eine Mindmap zu den verschiedenen Untergruppen orthodoxer Kirchen!
  3. (Optional) Recherchiert im Internet Beispiele für die im Text erwähnten Integrationsbemühungen der syrisch-orthodoxen Gemeinden!

 

Materialien M7 – M24: Herunterladen [docx][232 KB]

Materialien M7 – M24: Herunterladen [pdf][332 KB]

 

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