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M4: Die Fra­gen nach der Schuld am Tod Jesu

Auf die Frage, wer po­li­tisch die Ver­ant­wor­tung für den Tod Jesu tra­gen muss, wer­den als Ant­wort­mög­lich­kei­ten jü­di­sche oder rö­mi­sche In­stan­zen ge­nannt. His­to­risch wahr­schein­lich ist aus­schließ­lich die Ver­si­on, dass das To­des­ur­teil über Jesus von Pi­la­tus al­lein aus­ge­spro­chen wurde. Aus den Evan­ge­li­en­tex­ten geht dies nicht deut­lich her­vor, weil die Evan­ge­lis­ten die Ab­sicht ver­folg­ten, die rö­mi­schen Au­to­ri­tä­ten zu ent­las­ten. Diese mit den Jah­ren wach­sen­de Ten­denz ver­lief auf Kos­ten der jü­di­schen Seite. Der Pro­zess Jesu wurde so dar­ge­stellt, dass Pi­la­tus die Un­schuld Jesu be­tont und die Ver­ur­tei­lung auf Be­trei­ben der Juden aus­ge­spro­chen wird. Die Grün­de für diese his­to­risch un­mög­li­che Dar­stel­lung lie­gen zum einen darin, dass sich die christ­li­chen Ge­mein­den im Kon­flikt vom Ju­den­tum ab­ge­trennt haben. Zum an­de­ren leben die Chris­ten im Rö­mi­schen Reich und müs­sen sich mit die­ser Herr­schaft ar­ran­gie­ren. Des­we­gen war es na­he­lie­gend, sich mit der rö­mi­schen Seite gut zu stel­len und Streit zu ver­mei­den. Die­sem An­lie­gen ent­spre­chend wurde die jü­di­sche Seite ne­ga­tiv dar­ge­stellt.

Die Ge­richts­ver­hand­lung Jesu vor dem Hohen Rat der Juden, wie sie das Mar­ku­sevan­ge­li­um schil­dert, kann nach allem Wis­sen über die Ver­fah­rens­vor­schrif­ten des Hohen Rates so nicht statt­ge­fun­den haben. Nach Lk 23,47 be­tont der rö­mi­sche Haupt­mann: „Wirk­lich, die­ser Mensch war ein Ge­rech­ter.“ Diese Dar­stel­lung ent­las­tet die Römer und ver­schiebt die Schuld­fra­ge in Rich­tung der Juden. Noch mas­si­ver wird diese Ten­denz im Jo­han­nes­evan­ge­li­um deut­lich, nach dem die Juden die Kreu­zi­gung Jesu ein­for­dern, ob­wohl Pi­la­tus den „König der Juden“ frei­las­sen möch­te.

Die dras­tischs­te For­mu­lie­rung mit den gra­vie­rends­ten Fol­gen steht im Mat­thäu­sevan­ge­li­um, un­mit­tel­bar nach­dem Pi­la­tus seine Hände in Un­schuld ge­wa­schen hat: „Da rief das ganze Volk: Sein Blut – über uns und un­se­re Kin­der!“ (Mt 27,25) Seit dem 4. Jahr­hun­dert gilt diese so­ge­nann­te „Selbst­ver­flu­chung“ als Recht­fer­ti­gung für christ­li­chen An­ti­ju­da­is­mus. Wer Mit­leid mit ver­folg­ten Juden hatte, wurde mit die­sem Zitat zum Schwei­gen ge­bracht. Die ur­sprüng­li­che Aus­sa­ge­ab­sicht ist eine ganz an­de­re: Mat­thä­us lässt das Volk aus­spre­chen, dass Jesus aus des­sen Sicht den Tod ver­dient habe. Aber die Fol­gen die­ser Fehl­ent­schei­dung sind in der Sicht des Evan­ge­lis­ten längst ein­ge­tre­ten: er meint die Zer­stö­rung des Tem­pels in Je­ru­sa­lem im Jahre 70. Diese Deu­tung des Ver­ses lässt keine Ver­flu­chung des ge­sam­ten Vol­kes und schon gar nicht über viele Jahr­hun­der­te hin­weg zu. In der Ge­schich­te wurde der Vers viel zu­lan­ge falsch ver­stan­den und hat dra­ma­ti­sche Fol­gen.

Auf­ga­be

Fasse zu­sam­men, wie es zu den miss­ver­ständ­li­chen Schuld­zu­wei­sun­gen de­rEvan­ge­li­en kam und was Mat­thä­us ei­gent­lich mit Vers 27,25 aus­sa­gen woll­te.

 

 

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