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Mo­tiv­ver­gleich


M17 Mo­tiv­ver­gleich und seine li­terar­his­to­ri­sche Ein­ord­nung

Winterabend

gravltat-OFF: Ka­kao­tei­che (sw) Win­ter­abend ( cc-by 2.0 ) flickr.com )


1. In wel­cher Stim­mung wür­den Sie ein sol­ches Desk­top­mo­tiv ver­wen­den? Lesen Sie mit die­ser Grund­stim­mung die fol­gen­den bei­den Ge­dich­te.

Edu­ard Mö­ri­ke

Früh im Wagen
Früh im Wagen
Es graut vom Mor­gen­reif
In Däm­me­rung das Feld,
Da schon ein blas­ser Streif
Den fer­nen Ost er­hellt;
Man sieht im Lich­te bald
Den Mor­gen­stern ver­gehn,
Und doch am Fich­ten­wald
Den vol­len Mond noch stehn:

So ist mein scheu­er Blick,
Den schon die Ferne drängt,
Noch in das Schmer­zens­glück
Der Ab­schieds­nacht ver­senkt.
Dein blau­es Auge steht
Ein dunk­ler See vor mir,
Dein Kuß, dein Hauch um­weht,
Dein Flüs­tern mich noch hier.
An dei­nem Hals be­gräbt
Sich wei­nend mein Ge­sicht,
Und Pur­pur­schwär­ze webt
Mir vor dem Auge dicht.

Die Sonne kommt; - sie scheucht
Den Traum hin­weg im Nu,
Und von den Ber­gen streicht
Ein Schau­er auf mich zu.

(1846)

 

Zugefrorener See

Dan Korl: cra­cked ( cc-by-sa 2.0 ) flickr.com )

Gott­fried Kel­ler

Win­ter­nacht
Nicht ein Flü­gel­schlag ging durch die Welt,
Still und blen­dend lag der weiße Schnee.
Nicht ein Wölk­lein hing am Ster­nen­zelt,
Keine Welle schlug im star­ren See.

Aus der Tiefe stieg der See­baum auf,
Bis sein Wip­fel in dem Eis ge­fror;
An den Ästen klomm die Nix her­auf,
Schau­te durch das grüne Eis empor.

Auf dem dün­nen Glase stand ich da,
Das die schwar­ze Tiefe von mir schied;
Dicht ich unter mei­nen Füßen sah
Ihre weiße Schön­heit Glied um Glied.

Mit er­stick­tem Jam­mer tas­tet' sie
An der har­ten Decke her und hin –
Ich ver­geß das dunk­le Ant­litz nie,
Immer, immer liegt es mir im Sinn!

(1847)

 

 

2. Ent­wi­ckeln Sie je­weils die Ge­dicht­aus­sa­ge. Tei­len Sie dazu die Texte in Sinn­ab­schnit­te ein und be­schrei­ben Sie kurz die äu­ße­ren Na­tur­vor­gän­ge sowie den Zu­stand des ly­ri­schen Ichs. Nut­zen Sie zur Ein­stim­mung die je­wei­li­gen Fotos zu den Ge­dich­ten.

 

a) Mö­ri­ke

 

... stehn: Der frühe Mor­gen bricht an; das ly­ri­sche Ich sitzt in einem Wagen zum Auf­bruch be­reit.
... ____ : __________________________________________
__________________________________________
... ____ : __________________________________________
__________________________________________

 

b) Kel­ler

 

1. Stro­phe: Die Sze­ne­rie zeigt einen zu­ge­fro­re­nen See in einer Win­ter­land­schaft.
2. Stro­phe: Aus der dunk­len Tiefe unter dem Eis taucht _____
__________________________________________
__________________________________________
3. Stro­phe: Das ly­ri­sche Ich be­fin­det sich_________________
__________________________________________
4. Stro­phe: Die Nixe möch­te __________________________
das ly­ri­sche Ich ___________________________

 

3. Ver­glei­chen Sie die Funk­ti­on des See­mo­tivs in bei­den Ge­dich­ten.

 

a) Mö­ri­ke

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_______________________________________________________________­_­_­__
_______________________________________________________________­_­_­__

 

b) Kel­ler

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info Poe­ti­scher Rea­lis­mus in Stich­wor­ten
Dich­tung zwi­schen 1850 und 1880 – Hin­wen­dung zur Dar­stel­lung der sach­lich fass­ba­ren Welt – der Ein­zel­ne in sei­nem Ver­hält­nis zur Um­welt – Wirk­lich­keit als sinn­lich er­fahr­ba­res Phä­no­men – kau­sa­le Zu­sam­men­hän­ge zwi­schen dem See­len­le­ben des Men­schen und sei­ner Um­welt – der Mensch un­ter­liegt un­be­greif­li­chen Schick­sals­mäch­ten, die sich sei­nen Ver­ste­hens­maß­stä­ben ent­zie­hen – erste An­zei­chen des Un­be­wuss­ten

 

4. Ent­schei­den Sie in einer kur­zen ver­glei­chen­den Be­trach­tung, ob alle in die­sem Ka­pi­tel ver­wen­de­ten Ge­dich­te als ty­pisch für die Epo­che des poe­ti­schen Rea­lis­mus an­ge­se­hen wer­den kön­nen.

Wie Sie Ge­dich­te mit­ein­an­der ver­glei­chen:

Ein Ge­dicht­ver­gleich er­for­dert zu­nächst eine ge­naue Dar­stel­lung des je­wei­li­gen Sinn­ge­halts der Texte. Das Mar­kie­ren von Be­grif­fen und Be­deu­tungs­be­rei­chen macht eine kom­pak­te Er­fas­sung der Aus­sa­ge mög­lich. Dabei müs­sen die Ein­zel­ele­men­te der Texte in Bezug zu­ein­an­der ge­setzt bzw. mit­ein­an­der ver­netzt wer­den, um zu ver­glei­chen­den Er­kennt­nis­se z. B. über ein Motiv zu kom­men. Dar­aus las­sen sich An­knüp­fungs­punk­te an epo­chen­spe­zi­fi­sche As­pek­te ge­win­nen, die Aus­kunft geben über eine li­terar­his­to­ri­sche Zu­ord­nung und Be­wer­tung der Ge­dich­te.

 

wei­ter: Jahr­hun­dert­wen­de