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Aufgabenkultur: Förderarrangements

Die Aufgabenstellungen des Zwischenspurts bieten Förder-Arrangements. Dieser Begriff betont die leitende Überzeugung, dass auch im Förderunterricht nicht kleinteilige, dekontextualisierte Aufgaben Wirksamkeit versprechen, sondern integrierte Aufgabenstellungen. Mit diesem Ansatz wird das Konzept der Lernaufgabe mit Profil erweitert und konkretisiert.1

Wesentliche Elemente der Förder-Arragements

Angemessene Lernziele

  • Stand der Kompetenzentwicklung, passende Herausforderung
  • Interessen, Motivation
  • angemessener Umfang (nicht zu kleinteilig)
  • inhaltlicher Kontext
  • integriertes Fördern von Kompetenzen
  • Vernetzung
  • allgemeine Vorgaben (Curriculum)

Situierung

  • Warum? Funktion (z. B. Information, Überzeugung, Unterhaltung)

  • Worüber? Inhalt

  • Wie? Formulierung Sprache und Form

  • Für wen? Adressatenorientierung (konkret vs. abstrakt) bzw. Rezeptionsinteresse

  • Wodurch? Text- und Gesprächsform Textprozeduren/Textmuster: funktionales Textstrukturwissen

  • Wie vorgehen? Strategien

  • Wie kooperieren? Sozialformen, Arbeitsteilung

  • Womit? Medien

Sequenzierter und gestützter Prozess

  • kultureller Rahmen (Erwartungen, Erfahrungen, Konventionen, Aufgaben)
  • Handlungs- und Prozessebene
  • Struktur- und Ressourcenebene (Sprachwissen, Weltwissen, Gedächtnis)
  • Metakognition
  • methodisch: hohe Interaktionsdichte (Rückmeldung (L/S), kooperative Elemente), Handlungs- und Produktionsorientierung, Hilfestellungen, Modell sein

Elemente im Detail

  1. Angemessene Zielsetzung. Dass die Zielsetzung an den Stand der Kompetenzentwicklung der Lernenden anschließen soll, ist trivial; dies setzt die Kenntnis dieses Standes voraus (genaue Beobachtung, Diagnoseaufgaben, Nutzen von Lernstanderhebungen. Die Aufgaben sollten hinreichend herausfordernd sein: Förderung sollte nie unterfordern. Damit einher geht die Anforderung, durch einen angemessenen Umfang einen eigenständigen Arbeitsprozess zu ermöglichen, Gestaltungsspielräume zu eröffnen und vernetztes Lernen zu ermöglichen; dass dies vielen Förderangeboten entgegensteht, die auf kleinteilige, dekontextualisierte punktuelle Aufgaben setzen, ist schon betont worden. Die Einbettung in einen größeren inhaltlichen Kontext aktiviert und erweitert das Vorwissen, aber auch potentiell das Interesse, weil ein – idealiter – positiver Bezug zu einem existentiell bedeutsamen Zusammenhang hergestellt wird.

    Das Ziel von Förderarrangements ist eine integrierte Förderung von Kompetenzen des Lesens, Schreibens, Sprechens und Zuhörens. Dies trägt dem Konsens der Fachdidaktik Rechnung, dass integrierte Ansätze die höchste Effektivität haben (vgl. z. B. Philipp/Schilcher 2012 82 u. ö.). Förderarrangements sollten grundsätzlich so angelegt sein, dass eine Planung des Vorgehens und damit ein Anlass für den Einsatz entsprechender Strategien nötig ist.

  2. Situierung. Dieser Aspekt ist zentral für die Umsetzung der gerade umrissenen Zielsetzung. Die funktionsspezifische Situierung gibt einen kommunikativen Rahmen für die Aufgabenstellung. Sie hat mehrere Aufgaben:

    • Herstellen eines Handlungs- und Kommunikationszusammenhanges, der im Modus des Als-ob die Einübung realistischer Prozesse der Kommunikation und Anschlusskommunikation ermöglicht.

    • Daraus bestimmt sich die Funktion der Texte, die gelesen und gehört, gesprochen und geschrie- ben werden. Texte werden damit rezeptiv wie produktiv verstanden als kommunikative Handlungen. Als Basisunterscheidung lassen sich hier mit der alten Unterscheidung der Rhetorik das Informieren über einen Sachverhalt, das Überzeugen von der Position des Verfassers und das Unterhalten als rezipientenzugewandte Haltung unterscheiden. Darunter lassen sich spezifischere Interesse wie etwa das Lernen aus Texten (gezielte Informationsentnahme) oder das Untersuchen (Informieren über die Machart von etwas) subsumieren.

    • Texte werden erst dadurch als Wirkungsgefüge zugänglich und gewinnen ihre volle Sinndimension:

      • Text- und Gesprächsformen werden als Handlungsschemata verständlich, durch die gehandelt wird und mit denen situationsspezifische Ziele verfolgt werden. Sie implizieren funktionales Textstrukturwissen, das das Zusammenspiel von Textprozeduren steuert.
      • Produktiv bestimmt die Kommunikationssituation die Adressatenorientierung. Das rezeptive Pendant dazu ist das Lese- bzw. Zuhörinteresse.
      • Semantisch entscheidet die Situierung über Relevanz und Bedeutung der Inhalte.
      • Sprache und Form gewinnen ihre Angemessenheit, Aussage- und Ausdruckskraft durch ihre Funktion für Texthandlungen in kommunikativer und inhaltlicher Hinsicht.
    • Die Situierung bestimmt nicht zuletzt das konkrete Vorgehen. Dazu gehören das Wissen um und das zielgerichtete Anwenden von Strategien, Arbeitsformen und Medien.

  3. Sequenzierter und gestützter Prozess: Bei der Elementarisierung der Aufgabenbearbeitung ist immer auch zu überlegen, wieviel Eigenständigkeit beim Finden von Lösungswegen den Schülerinnen und Schüler eingeräumt werden kann. Dies betrifft die Gestaltung des Arbeitsprozesses genauso wie das Aktivieren von Wissensbeständen. Natürlich können beide Ebenen jeweils differenziert ausgestaltet werden (z. B. situationale Unterstützung, Scaffolding, differenzierte Aufgabenstellung, Handlungs- und Produktionsorientierung). Die wesentlichen steuernden Instanzen: extrinsisch Rückmeldeprozesse und intrinsisch Metakognition, sollten explizit berücksichtigt werden.

1 Das Konzept ist vor allem im Kontext der Schreibdidaktik entwickelt (vgl. Bachmann/ Becker-Mrotzek 2010) und ausgearbeitet worden (vgl. Steinhoff 2018). Seine Wirksamkeit ist insbesondere für das Gymnasium belegt (vgl. Rüßmann et al. 2016) Die folgende Verallgemeinerung geht aus von der kommunikativen Rahmung durch die Aufgabenstellung aus, aus der bei Steinhoff einige Anforderungen für die Aufgabenstellung abgleitet werden; neben der Funktion der Texte, der ihr Inhalt und ihre Form sowie der Texthandlungstyp korrespondiert, ist dies vor allem die Adressatenorientierung. Eine Übertragung auf Sprechhandlungen ist unproblematisch. Bei rezeptiven Aufgaben (Lesen und Hören) muss die Umkehrung der Kommunikationsrichtung beachtet werden. Hier wird die Adressatenorientierung zu einem Aspekt des Textes und seiner Wirkungsabsicht (die intentio operis). Versteht man die Adressatenorientierung als einen wesentlichen Teil des Interesses, das mit einem Text verbunden ist, wird deutlich, dass ihm aufseiten der rezeptiven Akte eine spezifisches Leseinteresse entspricht. Einige andere Faktoren (Strategienutzung, Kooperation, Mediengebrauch) betreffen das Schülerhandeln und betreffen als eher methodische Elemente von vorne herein jede Aufgabenart.

Der Ansatz integriert auch die auf breiter empirischer Basis entwickelten „Prinzipien einer effektiven Föderung“ von Philipp (2012, 79–85)

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