Ein Beispiel aus dem Deutschunterricht in der Jahrgangsstufe 7 oder 8:
UE zum Jugendbuch Nicht Chicago. Nicht Hier. von Kirsten Boie
Die SOL-Einheit bildet nur einen Teil dieser Unterrichtseinheit. Solche kurzen,
in andere Zusammenhänge eingebetteten SOL-Einheiten sind aufgrund gemachter
Erfahrungen gut zur Einführung und Einübung von SOL-Arrangements bei jüngeren
Schülerinnen und Schülern geeignet.
In diesem Beispiel geht die Lektüre und Erarbeitung des Jugendbuchs mit Lesetagebuch
und im Unterricht voraus, die handelnden Personen werden mit ihren typischen
Verhaltensweisen charakterisiert. Daran schließt sich die 5-stündige SOL-Einheit
an: "Das Verhalten der anderen Personen im Konflikt: Ursachen und Lösungsvorschläge".
(Es geht dabei um die Eltern von Niklas (einem der Protagonisten), um die Klassenlehrerin
und um die Mitschüler.) Die Schülerinnen und Schüler beschäftigten sich in drei
Expertengruppen mit tieferen Ursachen für das jeweilige Verhalten der Personen.
Gruppe 1 stellt mit Hilfe des Eisberg-Modells dar, welche nicht sichtbaren Anteile in der Reaktion der Eltern stecken und entwickelt daraus (schriftliche) Ratschläge für die Eltern.
Gruppe 2 untersucht mit dem Vier-Ohren-Modell, was die Lehrerin wahrnimmt bzw. nicht wahrnimmt und macht ihr Verbesserungsvorschläge in Form eines Briefes der Klasse.
Gruppe 3 arbeitet nach Streitschlichter-Regeln ein Schlichtungsgespräch zwischen den Protagonisten und Streitschlichtern aus der Klasse aus und stellt es vor (Dialog).
Die Experten informieren ihre Stammgruppe jeweils kurz über ihr Erklärungsmodell
bzw. die Regeln und stellen dann ihr Produkt vor. (Wenn in die Expertengruppe
3 jeweils zwei Schülerinnen und Schüler einer Stammgruppe gehen, kann der Dialog
auch als Rollenspiel dargestellt werden. Die Stammgruppe würde dann aus vier
Schülerinnen und Schülern bestehen.)
Den Abschluss der UE bildet eine Gerichtsverhandlung, in der entschieden werden
soll, ob Karl bestraft wird oder nicht. Die Stammgruppe erhält deshalb den Auftrag,
nach den Präsentationen der Experten gemeinsam ein Plädoyer für Karls Anwalt
zu verfassen, in dem der Anteil der Personen im Umfeld thematisiert wird. Die
Schülerinnen und Schüler müssen nun das neu erworbene Wissen über mögliche Hintergründe
und Alternativen hinsichtlich des Verhaltens dieser Personen verwenden, um Entlastungsargumente
für Karl zu formulieren. Möglicherweise noch vorhandene Unklarheiten oder Lücken
zeigen sich hier und können (von den Experten und ggf. auch durch Lehrende)
geklärt werden.
Die Belastungstatbestände sind aus der Lektüre bzw. der Bearbeitung schon bekannt,
sodass die Gerichtsverhandlung und die Urteilsfindung eine Vertiefung sowohl
der vorangegangenen UE als auch der SOL-Einheit darstellen.
Mit der Durchführung einer Unterrichtssequenz nach dem Sachwichprinzip ist ein wesentlicher Schritt in Richtung SOL getan. Je nach Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler im Bereich der für die Selbstorganisation des Lernens notwendigen Kompetenzen kann sich die Lehrkraft systematisch aus dem Zentrum des Unterrichtsgeschehens zurückziehen und seinen neuen Aufgaben widmen: Lernprozesse initiieren, begleiten und beraten, beurteilen und abschließen.
Hinweis: Die Autorin dieses Unterrichtsarrangements ist Marianne Zeiher, Berlin.