Hochleistung durch weniger Schlaf
Eine der Substanzen, in die man gegenwärtig große Hoffnung steckt, ist Modafinil (Vigil®), das in Deutschland zur Behandlung von Narkolepsie, obstruktivem Schlaf-apnoe-Syndrom und chronischem Schichtarbeiter-Syndrom mit exzessiver Schläfrigkeit zugelassen ist.
In einer Studie von John Caldwell und Kollegen am Aeromedical Research Laboratory, einer US-amerikanischen Miliiärinstitution, wurde festgestellt, dass Piloten unter Schlafentzug (nach 40 Stunden durchgehenden Wachseins) im Flugsimulator mithilfe von Modafinil vier von sechs schwierigen Flugmanövern besser durchführen konnten als die Kontrollgruppe (8). Außerdem fühlten sich die "gedopten" Piloten gefühlsmäßig besser und aufmerksamer, gaben aber auch Nebenwirkungen an wie Schwindel und Übelkeit. Damit können Soldaten im Einsatz wohl leben, denn der Journalist Tom Spears berichtete in einem Artikel über "Mind Doping" im Irak-Krieg von Studien des US-Militärs, die gezeigt hätten, dass Soldaten mithilfe von Modafinil 40 Stunden am Stück im aktiven Dienst sein könnten, anschließend acht Stunden schliefen und dann wieder bereit seien für die nächste 40 Stunden-Schicht ohne die von "altmodischen Aufputschmitteln" (9) bekannten Nebenwirkungen.
Zwar fand auch eine mit Modafinil durchgeführte Studie der Cambridge-Gruppe signifikante Verbesserungen der Leistung bei Aufgaben für Arbeitsgedächinis, visuelle Mustererkennung und Planungsstrategien (10), doch ist das Bild der wissenschaftlichen Studien insgesamt getrübt.
Beispielsweise fanden Delia Randall und Kollegen vom Kings College in London keine Leistungssteigerung in einer umfangreichen Testbatterie für kognitive Aufgaben (11). In einer späteren Studie zeigte sich jedoch ein interessanter Einfluss der Intelligenz: Bei einer Reihe von Tests schnitten die Versuchspersonen mit einem niedrigeren IQ (106 ± 0,6) besser ab, wenn sie Modafinil bekommen hatten. Dieser Effekt zeigte sich aber nicht bei der Gruppe mit einem höheren IQ (115,5 ±0,5; 12).
Eine für den klinischen Alltag sehr relevante Frage untersuchten Michelle Gill und ihre Kollegen von der Loma Linda University School of Science & Technology. Da Modafinil auch in den USA für die Behandlung des Schichtarbeitersyndroms zugelassen ist, überlegten sich die Forscher, dass Notfallmediziner von einer Modafinilbehandlung profitieren könnten und führten eine entsprechende Studie durch (13). Schichtarbeitende Notfallmediziner erhielten nach ihrer Nachtschicht entweder Modafinil oder Placebo, nahmen dann an einem (für diesen Zweck simulierten) Fortbildungsvortrag teil und mussten kognitive Tests durchführen. Zwar fiel der Modafinilgruppe die Teilnahme an dem Vortrag leichter, und sie schnitt auch bei einigen der Tests besser ab, doch gaben diese Ärzte an, Schwierigkeiten beim späteren Einschlafen zu Hause zu haben.
Wer sich für seine Nachtschicht mit Modafinil aufpeppeln möchte, könnte also auf ganz andere Probleme stoßen.
Weiter: Der Traum vom besseren Gedächtnis
Schleim, S; Walter, H.; Cognitive Enhancement. Fakten und Mythen; in: Nervenheilkunde 1-2 / 2007, S. 83-87.
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