Didaktisch-methodischer Kommentar
Die dem fachdidaktischen Prinzip der Problemorientierung verpflichtete Unterrichtseinheit zielt darauf ab, Schülerinnen und Schüler dazu zu befähigen, sich ein eigenes reflektiertes Urteil zu bilden in Bezug auf zentrale anthropologische Voraussetzungen von Ethik und über das Selbstverständnis des Menschen. Dazu bietet sich eine schulische Auseinandersetzung mit dem Willensfreiheitsproblem an, gerade in einem Zeitalter immer wieder neuer naturalistischer „Angriffe“ auf das Menschenbild der Aufklärung. Auch wenn die durch Behauptungen von bekannten Neurowissenschaftlern ausgelöste Willensfreiheitsdebatte ihren Höhepunkt in den ersten fünf Jahren des neuen Jahrtausend erreichte, lohnt sich eine Beschäftigung mit dieser, da es sich bei dem Problem der Willensfreiheit um ein zentrales, klassisches der Philosophie handelt, das schon seit der Antike Gegenstand zahlreicher tiefsinniger Diskussionen war.
Die jüngste Willensfreiheitsdebatte und damit die kritische Auseinandersetzung mit naturalistischen Menschenbildern qualifizieren sich als Unterrichtsgegenstände aufgrund ihrer Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung, ihrer Exemplarität und ihrer Bezüge zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler. In der Phase der Pubertät stellt sich für die Jugendlichen insbesondere die Frage nach der eigenen Freiheit bzw. der eigenen Freiheitsspielräume, so dass sich auch moralpsychologische Gründe für die schulische Thematisierung der Willensfreiheitsdebatte im Ethikunterricht der Kursstufe anführen lassen. Außerdem zielt die Unterrichtseinheit, welche u.a. Fragen der philosophischen Subdisziplinen Anthropologie, Kulturphilosophie, Philosophie des Geistes, Wissenschafts- und Erkenntnistheorie und der Bildungsphilosophie berührt, auf die Demonstration des interdisziplinären Charakters ethischer Fragestellungen ab.
Damit der akademische Diskurs nicht in abbilddidaktischer Manier in den Unterricht transferiert wird, gilt es insbesondere didaktische Transformationsschritte zu vollziehen und ausreichend Bezüge zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler herzustellen. Die folgende Unterrichtseinheit mit in der Praxis erprobter Unterrichtsmaterialien orientiert sich an der allgemein-didaktischen Konzeption der Hermeneutischen Didaktik. Gemäß dem Prinzip der Educativität ist der Ethikunterricht so zu gestalten, dass die Schülerinnen und Schüler durch die Lernarrangements wohldosiert überfordert werden, um bei ihnen ethische Lernprozesse hervorzurufen. Damit und mit der Förderung der Wissenschaftspropädeutik legitimiert sich die „intensive“ Konfrontation der Schülerinnen und Schüler mit überwiegend philosophischen Originaltexten aus dem akademischen Diskurs.
Insbesondere wird bei der anspruchsvollen Unterrichtseinheit auf fachspezifische Methoden des Ethikunterrichts zurückgegriffen wie Gedankenexperiment, Begriffsanalyse und Argumentanalyse, um die Schülerinnen und Schüler im Erwerb fachspezifischer, prozessbezogener Kompetenzen und in ihrer „ethisch-moralischen Urteilsbildung in praktischer Absicht“(Bildungsplan Ethik 2016) zu fördern.
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