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Zusatzmaterialien

Unterrichtsmaterialien für den Leistungskurs

Lassen sich zukünftig Gedanken lesen?

Die Forschungsabteilung des Pentagon möchte einen Gedankenscanner entwickeln. Dabei handelt es sich um ein kleines Gerät, welches dazu in der Lage ist, Gedanken von Menschen zu lesen. Zunächst soll es im militärischen Bereich zum Einsatz kommen.

Arbeitsauftrag

Diskutiert, ob ein (solcher) Gedankenscanner entwickelt werden sollte.

Intentionalität und Hirnforschung

In der Philosophie des Geistes wird untersucht, ob sich Bewusstseinszustände vollständig neurowissenschaftlich erfassen lassen. Der neuronale Reduktionismus behauptet die Naturalisierung des Geistes, d. h. die vollständige Beschreibung und Erklärung aller psychischen Vorgänge in der Sprache der Naturwissenschaft bzw. Neurowissenschaften.

„Unter „Qualia“ versteht man subjektive Erlebnisgehalte oder Bewusstseinszustände, wie Freude und Schmerz. […] Es gibt keine einsichtige Verbindung zwischen neuronalen Zuständen des Gehirns und den Qualia als subjektiven, bewussten Erlebnisgehalten, die vielmehr ein sogenanntes „Rätsel des Bewusstseins“ bleiben, für das keine neurowissenschaftliche, also naturwissenschaftliche Erklärung in Sicht ist. […]

Entsprechend zum Qualiaproblem verhält es sich mit dem Intentionalitätsproblem. Es gibt Bewusstseinszustände, zum Beispiel Gedanken, die intentional strukturiert sind, insofern sie sich auf Objekte oder Sachverhalte in der Welt beziehen und daher wahr oder falsch sein können. Nun kann man zwar neuronale Prozesse erforschen und bestimmen, die den Gedanken korrespondieren [entsprechen] oder korrelieren [aufeinander bezogen sind], aber diese Prozesse sind selbst nicht intentional und daher auch nicht wahr oder falsch. Das bedeutet, dass Gedanken nicht auf neuronale Prozesse reduziert werden können. Mit anderen Worten, Intentionalität kann nicht empirisch-naturwissenschaftlich durch die […] Hirnforschung erklärt werden.“

(Aus: Strohmeyer, Ingeborg (2018): Gespräche zwischen Leibniz und Kant über Ontologie und Metaphysisches im 21. Jahrhundert. Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 51, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verlags Königshausen & Neumann)

Arbeitsaufträge

  1. Nennt einen wahren Satz.
  2. Stellt in einer Skizze dar, was man unter Intentionalität versteht. Berücksichtigt dabei den Satz aus Aufgabe 1.
  3. Begründet, warum „Gedanken nicht auf neuronale Prozesse reduziert werden können“.
  4. Prüft, ob das Intentionalitätsproblem eine Bedeutung für die Willensfreiheitsdebatte hat.

Wodurch unterscheidet sich der Mensch vom Tier?

Der Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) erläutert in seinen Schriften seine Sichtweise auf den Menschen.

„Dass der Mensch in seiner Vorstellung das Ich haben kann, erhebt ihn unendlich über alle andere auf Erden lebende Wesen. Dadurch ist er eine Person und vermöge der Einheit des Bewusstseins bei allen Veränderungen, die ihm zustoßen mögen, eine und dieselbe Person. Der Mensch ist ein von Sachen, dergleichen die vernunftlosen Tiere sind, mit denen man nach Belieben schalten und walten kann, durch Rang und Würde ganz unterschiedenes Wesen. Dieses gilt auch, wenn der Mensch das Ich noch nicht sprechen kann, weil er es doch in Gedanken hat. Der Mensch hat aber dieses Vermögen, nämlich zu denken (Verstand). Es ist merkwürdig, dass das Kind, was schon ziemlich fertig sprechen kann, doch ziemlich spät – meist ein Jahr später - allererst anfängt Ich zu reden, solange aber von sich in der dritten Person sprach (Karl will essen, gehen usw.). Ihm scheint gleichsam ein Licht aufgegangen zu sein, wenn es den Anfang macht durch Ich zu sprechen, da es von da an niemals mehr in jene Sprechart zurückfällt. Vorher fühlte es bloß sich selbst, jetzt denkt es sich selbst. […]

Am Menschen (als dem einzigen vernünftigen Geschöpf auf Erden) sollten sich die Naturanlagen, die auf den Gebrauch seiner Vernunft abgezielt sind, nur in der Gattung, nicht aber im Individuum vollständig entwickeln. Die Vernunft in einem Geschöpfe ist ein Vermögen, die Regeln und Absichten des Gebrauchs aller seiner Kräfte weit über den Naturinstinkt zu erweitern. Sie kennt keine Grenzen ihrer Entwürfe. Sie wirkt aber nicht instinktmäßig, sondern bedarf Versuche, Übung und Unterricht, um von einer Stufe der Einsicht zu andern allmählich fortzuschreiten. Daher würde ein jeder Mensch unmäßig lange leben müssen, um zu lernen, wie er von allen seinen Naturanlagen einen vollständigen Gebrauch machen solle […].

Die Natur hat gewollt, dass der Mensch über die mechanische Anordnung seines tierischen Daseins geht, gänzlich aus sich selbst herausbringe und keiner anderen Glückseligkeit oder Vollkommenheit teilhaftig werde, als die er sich selbst frei vom Instinkt, durch eigene Vernunft, verschafft hat. Die Natur tut nämlich nichts überflüssig und ist im Gebrauche der Mittel zu ihren Zwecken nicht verschwenderisch. Da sie dem Menschen Vernunft und darauf sich gründende Freiheit des Willens gab, so war das schon eine klare Anzeige ihrer Absicht in Ansehung seiner Ausstattung. Er sollte nun nicht durch Instinkt geleitet, oder durch Kenntnis versorgt und unterrichtet sein. Er sollte vielmehr alles aus sich selbst herausbringen. Die Erfindung seiner Nahrungsmittel, seiner Bedeckung, seiner äußeren Sicherheit und Verteidigung, wozu ihm weder die Hörner des Stiers noch die Klauen des Löwen noch das Gebiss des Hundes, sondern bloß Hände gab, alle Ergötzlichkeit, die das Leben angenehm machen kann, selbst seine Einsicht und Klugheit und sogar die Gutartigkeit seines Willens sollten gänzlich sein Werk sein. […]

Den Menschen eignet die ungesellige Geselligkeit, d. h. den Hang des Menschen in Gesellschaft zu treten, der doch mit einem durchgängigen Widerstande, welche diese Gesellschaft beständig zu trennen droht, verbunden ist. Der Mensch hat eine Neigung sich zu vergesellschaften, weil er in einem solchen Zustande sich mehr als Mensch, d. h. in der Entwicklung der Naturanlagen fühlt. Er hat aber auch einen großen Hang sich zu vereinzeln (isolieren), weil er in sich zugleich die ungesellige Eigenschaft antrifft, alles bloß nach seinem Sinne richten zu wollen. Daher erwartet er immer Widerstand, so wie er von sich selbst weiß, dass er seinerseits zum Widerstand gegen andere geneigt ist. Dieser Widerstand ist es nun, welcher alle Kräfte des Menschen erweckt, ihn dazu bringt seinen Hang zur Faulheit zu überwinden und getrieben durch Ehrsucht, Herrschsucht oder Habsucht, sich einen Rang unter seinen Mitgenossen zu verschaffen, die er nicht wohl leiden, von denen er aber auch nicht lassen kann. […] Aus so krummen Holze, als voraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden.“

(Aus: Kant, Immanuel (1798): Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. In: Kant`s gesammelte Schriften, Bd. 7, hrsg. v. der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1917, S. 127, https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k25542w/f137.item [30.1.2021]; (1784): Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, https://www.projekt-gutenberg.org/kant/absicht/absicht.html [30.1.2021], Orthographie modernisiert)

Arbeitsaufträge

  1. Nennt die Unterschiede zwischen Mensch und Tier nach Immanuel Kant.
  2. Bestimmt nach Kant den Begriff „Vernunft“.
  3. Stellt den Zusammenhang zwischen Natur, Vernunft und Willensfreiheit in einer Skizze dar.
  4. Begründet, warum nach Kant die Aufklärung des Menschen nur in der Menschengattung erfolgen kann.
  5. Erläutert den Begriff „ungesellige Geselligkeit des Menschen“ anhand von zwei Beispielen aus dem Alltag.
  6. Diskutiert die Aktualität von Kants Anthropologie angesichts neurowissenschaftlicher Positionen.

Trägt Bildung zu einem selbstbestimmten Leben bei?

Wilhelm von Humboldt (1767-1835), Bruder Alexander von Humboldts (1769-1859), war Vertreter des Neuhumanismus in Deutschland, politischer Philosoph, Geschichtstheoretiker, Sprachphilosoph, Sprachforscher, Bildungstheoretiker und Bildungsreformer. Als seine Hauptwerke gelten: „Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen“(1792), „Theorie der Bildung des Menschen“(1793), „Der Königsberger und der Litauische Schulplan“ (1809), „Über die Aufgabe des Geschichtsschreibers“(1821), „Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts“(1830-1835).

In seinen Arbeiten setzt sich Wilhelm von Humboldt setzt er sich mit dem Verhältnis von Lebenssinn, Bildung und Freiheit auseinander.

„Der wahre Zweck des Menschen, nicht der, welchen die wechselnde Neigung, sondern welchen die ewig unveränderliche Vernunft ihm vorschreibt – ist die höchste und proportionierlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen. Zu dieser Bildung ist Freiheit die erste und unerlässliche Bedingung. Allein außer der Freiheit erfordert die Entwickelung der menschlichen Kräfte noch etwas anderes, was mit der Freiheit eng verbunden ist, - Mannigfaltigkeit der Situationen. […]

Die letzte Aufgabe unseres Daseins ist es: dem Begriff der Menschheit in unserer Person, sowohl während der Zeit unseres Lebens, als auch noch über dasselbe hinaus, durch die Spuren des lebendigen Wirkens, die wir zurücklassen, einen so großen Inhalt als möglich zu verschaffen. Diese Aufgabe löst sich allein durch die Verknüpfung unseres Ichs mit der Welt zu der allgemeinsten, regesten und freiesten Wechselwirkung. Bloß weil Denken und Handeln nicht anders möglich ist als durch das Vorstellen und Bearbeiten von etwas, das nicht Nicht-Mensch ist, sucht der Mensch so viel Welt als möglich zu ergreifen und so eng, als er nur kann, mit sich zu verbinden. […]

Was verlangt man von einer Nation, einem Zeitalter, von dem ganzen Menschengeschlecht, wenn man ihm seine Achtung und seine Bewunderung schenken soll? Man verlangt, dass Bildung, Weisheit und Tugend so mächtig und allgemein verbreitet als möglich unter ihm herrschen. Man fordert auch, dass der Mensch den Verfassungen, die er bildet, selbst der leblosen Natur, die ihn umgibt, das Gepräge seines Wertes sichtbar aufdrückt, ja dass er seine Tugend und seine Kraft noch der Nachkommenschaft einhaucht, die er erzeugt. Denn nur so ist eine Fortdauer der einmal erworbenen Vorzüge möglich, und ohne dies, ohne den beruhigenden Gedanken einer gewissen Folge in der Veredlung und Bildung, wäre das Dasein des Menschen vergänglicher als das Dasein der Pflanze, die, wenn sie hinwelkt, wenigstens gewiss ist, den Keim eines ihr gleichen Geschöpfes zu hinterlassen.“

(Aus: Humboldt, Wilhelm von (1792): Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen. In: Wilhelm von Humboldts gesammelte Schriften, hrsg. v. der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 1. Berlin 1903, S. 106, gallica.bnf.fr [30.1.2021]; (1793): Theorie der Bildung des Menschen. Bruchstück. In: ders., Bd. 1, S. 283f., gallica.bnf.fr [30.1.2021], Orthographie modernisiert)

Arbeitsaufträge

  1. Bestimmt, was nach Wilhelm von Humboldt der Sinn des menschlichen Daseins ist.
  2. Vergleicht Humboldts Bildungsbegriff mit der Auffassung von Bildung als „Humankapital“.
  3. Definiert, was Humboldt unter Bildung versteht, indem ihr zentrale Merkmale seines Bildungsbegriffs herausarbeitet.
  4. Diskutiert, ob die Orientierung an Humboldts Bildungsbegriff zu einem selbstbestimmten Leben beitragen kann.

Umsetzungsbeispiel Freiheit und Selbstverständnis des Menschen: Herunterladen [docx][86 KB]

Umsetzungsbeispiel Freiheit und Selbstverständnis des Menschen: Herunterladen [pdf][602 KB]

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