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Vom paternalistischen zum liberalen Modell

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Liberalismus, liberales Modell

Von Teilen der Unternehmerschaft wurde nicht nur um 1815, sondern auch noch längere Zeit danach versucht, traditionelle Regeln und Institutionen wieder aufzurichten und zu einem Zurück zu den unternehmerischen Verhaltensmodellen des 18. Jahrhunderts zu gelangen. Sie stellten sich bewusst in ein älteres Verständnis von Staat und Wirtschaft, das wirtschaftliche Handlungsspielräume immer auch unter dem Postulat der sozialen Eingebundenheit unternehmerischen Handelns definierte. Garant oder Senior-Partner in dieser Ordnung war der Staat; seine Verwaltung war der Konfliktregler. Diese Ordnungsvorstellung von Wirtscahft und Gesellschaft lässt sich in Abwandlung von E. P. Thompson als „paternalistisches Modell“ bezeichnen. Es kannte noch keine grundsätzliche Trennung von Wirtschaft und Gesellschaft. Wirtschafts- wie Sozialordnung waren noch unter einem Dach genuine Bestandteile geltender Kodifikationen. Die Beilegung von Konflikten folgte in aller Regel schiedsrichterlichen Entscheidungsmustern. Bei Verstößen gegen gemeinsame wirtschaftliche Interessen wie gegen die Sozialverträglichkeit wirtschaftlichen Handelns galt eine allgemeine Entschädigungspflicht.
Ganz anders lagen die Verhältnisse im Modell der Wettbewerbswirtschaft mit ihrer Leitvorstellung der Effizienz durch Konkurrenz und der Abschiebung von gesellschaftlichen Konflikten um die Folgen unternehmerischen Handelns in den Raum privatrechtlicher Auseinandersetzungen. Diese Ordnungsvorstellung nenne ich im Folgenden das „liberale Modell“. Die Frühgeschichte der Wettbewerbswirtschaft war erfüllt von der Konfrontation des paternalistischen mit dem liberalen Modell. Zwischen beiden lag mehr als ein Umbruch der Wirtschaftstheorie. Sie verkörperten grundsätzlich unterschiedliche Synthesen einer gesellschaftlichen Zielvorstellung. Erst in diesem Licht wird die Schärfe des Umbruchs deutlich, der in der bisherigen Industrialisierungsforschung zu wenig beachtet worden ist.

(Clemens Wischermann/ Anne Nieberding, Die institutionelle Revolution. Eine Einführung in die deutsche Wirtschaftsgeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Stuttgart (Franz Steiner) 2004, S. 150f.)


„Vom paternalistischen zum liberalen Modell“ Clemens Wischermann/ Anne Nieberding: Herunterladen [doc] [26 KB]

„Liberalismus, liberales Modell“ Clemens Wischermann/ Anne Nieberding:
Herunterladen [doc] [33 KB]

„Ökonomischer und politischer Liberalismus, liberales Modell“ Clemens Wischermann/ Anne Nieberding: Herunterladen [doc] [26 KB]