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Didaktisch-methodische Überlegungen

Eine Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Bernd & Hilla Becher im Philosophieunterricht bietet sich aus mehreren Gründen an: Ihre Fotografien von Industriebauten (Fördertürme, Wassertürme, Bergwerke, Hochöfen, Getreidesilos, Gasbehälter, Kühltürme, Steinwerke, Kalköfen u.a.) werden zu „bedeutendsten Werken der Gegenwartskunst“(Langer 1996, S. 138) gezählt. 2022 war von ihrem künstlerischen Œuvre eine umfangreiche Retrospektive im Metropolitan Museum of Art in New York zu sehen. Die Bechers entwickelten einen spezifischen Fotografiestil: menschenleere Frontalaufnahmen aus halber Höhe bei diffusem Licht mit langer Belichtungszeit in Schwarz-Weiß. In enger Zusammenarbeit mit Hilla Becher begründete Bernd Becher an der Kunstakademie in Düsseldorf die so genannte Becher-Schule, deren Vertreter:innen, u.a. Thomas Struth, Candida Höfer, Andreas Gursky, Thomas Ruff, gegenwärtig zu den international bekanntesten Fotograf:innen zählen. Die Fotografien der Bechers, genauer die ihrer Werkgruppen, welche sie 1970 in ihrem ersten Buch als „anonyme Skulpturen“ bezeichneten, besitzen mittlerweile ikonischen Status, weil sie das Technikschöne verdeutlichen, eine weitere Weise des Schönen – neben dem Kunstschönen, dem Naturschönen und dem Tätigschönen (vgl. Tepe 2001, S. 28). In verschiedenen Interviews gaben Bernd & Hilla Becher Auskunft über die Bildästhetik ihrer Fotografien. Sie grenzen sich mit ihrem Bekenntnis zum Objektivitätsideal von Fotografie, zu einem Fotorealismus, klar ab von der seit den 1950er Jahren verbreiten „Subjektiven Fotografie“ eines Otto Steinert. Ihre fotografische Praxis begreifen Bernd & Hilla Becher als Geschichten erzählen, als Beitrag zum kulturellen Gedächtnis der Menschheit. Anhand ihrer Arbeiten können im Philosophieunterricht verschiedene Themen wie Fotografie als Kunst, Subjektivität und Objektivität der Fotografie, Typologisierung von Objekten und der Beitrag der Fotografie zum kulturellen Gedächtnis thematisiert werden. Zudem fördert die Auseinandersetzung mit den Arbeiten der Bechers die Wahrnehmungsschulung.

Dazu dient auch die auf den ersten Blick irritierende Einstiegsfrage nach der Identifikation des schönsten Förderturms aus einer Neunertypologie, was schon voraussetzt, dass Industriebauten eine eigene Ästhetik besitzen können. Diese Industriebauten-Ästhetik soll durch die zusammengestellten Ausschnitte aus Interviews mit Bernd & Hilla Becher von den Schüler:innnen genauer erarbeitet und diskutiert werden mit dem Ziel der Entwicklung einer Definition des Technikschönen. Als Problematisierung des Unterrichtsmoduls dient die Diskussion über den Vorwurf der fehlenden gesellschaftskritischen Funktion objektivistischer Fotografie, welcher schon Anfang der 1930er Jahre von Bertolt Brecht gegen die zu der Zeit verbreitete Fotografie von Fabriken erhoben wurde. Das Modul bietet Vertiefungsmöglichkeiten zu unterschiedlichen Themen verschiedener Fächer (z. B. Geschichte, Physik, NwT) zur Technik der Fördertürme und zur Theorie des kulturellen Gedächtnisses. Außerdem enthält es Vorschläge für Projekte in Verbindung mit außerschulischen Exkursionen, in denen Philosophie angewandt wird auf den Denkmalschutz von Industriebauten, die zu den technischen Denkmälern, Baudenkmälern, Bodendenkmälern oder Ensembles gezählt werden können.

Unterrichtsziele

  • Kriterien für Technikschönes identifizieren, analysieren und beurteilen
  • Begriff des Technikschönen definieren
  • die Ästhetik der Industriebauten darstellen
  • das Objektivitätsideal in der Fotografie erläutern und problematisieren
  • Fotos von Industriebauten als Beitrag zur Erinnerungskultur prüfen
  • philosophische Argumente für den Denkmalschutz anzuwenden

IBKs und PBKs

3.1.3 (4) das Konzept eines kulturellen Gedächtnisses prüfen; Positionen der Geschichtsdeutung vergleichen und erörtern

2.2 (1): Beschreiben und hinterfragen: aus individuellen und kollektiven Wahrnehmungen philosophische Fragestellungen entwickeln

2.3 (1): Rekonstruieren und analysieren: sich das eigene Vorverständnis zu einem im Text beziehungsweise Medium enthaltenen philosophischen Problem mit seinen Voraussetzungen und Konsequenzen bewusst machen und artikulieren

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