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M21

Profile der Evangelien

Markus

Anonymer Autor, der jüdische Sitten erklärt (7,2-4; 14,12) und Aramäisches (die Sprache Jesu und der ersten Christ_innen) ins Griechische übersetzt (5,41; 7,11.34; 10,46; 14,36; 15,22.34) - somit kann geschlossen werden, dass er v.a. für Heidenchristen schreibt (vgl. Mk 13,10; 14,9 – vgl. auch die Heilung einer Heidin in 7,24-30 und das Bekenntnis des heidnischen Hauptmanns in 15,39). Abfassung wohl um 70 n.Chr., da die histor. belegte Zerstörung des Tempels bereits reflektiert wird (13, 1-2); Ort der Abfassung muss außerhalb Palästinas sein (Rom?), da die Beschreibung palästinischer Geographie fehlerhaft ist. Geburt, Jugend und Stammbaum Jesu werden nicht berichtet. Die früh im Ev mitgeteilte Idee, Jesus zu töten (3,6), die Leidensankündigungen (8,31; 9,31; 10,32-34), und die breit ausgeführte Passion vermitteln ein kreuzestheologisches Interesse des Autors. Jesus selbst verkörpert eine sog. „Niedrigkeitstheologie“, die Statusverzicht, Selbstverlust, Diener-Sein und das Handeln nach und mit dem Herzen betont (vgl. 8, 34-45; 10,42-45, 11,23; 12,30.33). Jesus wirkt menschlicher als in den Parallel-Evangelien: Er ist müde, hat Hunger, ist traurig und wütend. Auffällig ist das sog. „Messiasgeheimnismotiv“: Nach besonderen Vorkommnissen in Jesu Nähe fordert Jesus die Anwesenden auf, darüber nicht zu sprechen ´(1,34; 1,44; 3,11, 5,43; 8,30; 9,9). Weiterhin für Mk charakteristisch ist das sog. „Jüngerunverständnis“; also die Jünger_innen, die nicht verstehen oder umsetzen können, was Jesus ihnen sagt und vorlebt (4,40,; 8,14-21; 9,10). Bemerkenswert am mk Text ist das Maß seiner inhaltlich-theologischen Unausgeführtheit (vgl. die Leerstellen in 8,21; 9,7) und Offenheit (vgl. 16,4); heißt es zwar, Jesus lege seinen Jüngern alles aus (was er sagt, ist für uns nirgendwo zu lesen), so sollen doch alle anderen nur in Gleichnissen unterrichtet werden, so dass sie sehen und doch nicht erkennen, hören und doch nicht verstehen (4,10-12).

Matthäus

Verwendet das Mk-Ev (fast komplett) als Quelle, muss also später sein; wohl ca. 80-90 n. Chr.. Entstehungsort wohl Syrien / syrisches Grenzgebiet (vgl. Mt 4,24). Anonymer Verfasser, große Vertrautheit mit jüdischen Bräuchen macht ihn als Judenchristen wahrscheinlich, Fokus auf Israel (vgl. 10,5f; 15,24) aber universaler Missionsbefehl an „alle Völker“ (28,19). Stammbaum und Kindheitsgeschichte Jesu werden übermittelt. Konkrete Weisungen an die Gemeinde und große Reden machen die Inhalte übersichtlich (Bergpredigt in Mt 5-7, Aussendungsrede in Mt 10, Gleichnisrede in Mt 13, Gemeinderede in Mt 18, Pharisäerrede in Mt 23, Endzeitrede in Mt 24). Jesus erhält auffällig häufig den Titel „Sohn Davids“ (vgl. 1,1, 9,27; 12,23; 15,22; 20,30.31; 21,9; 21,15, 22,42.45), was ihn besonders zur Hoffnung für Israel macht – gegen die Meinung der Pharisäer, die sich über diese Abstammungsidee entrüsten (vgl. 12,24; 21,15f.). Zugleich ist Jesus der „Sohn Gottes“; der universale Retter, ein Weisheitslehrer voller Barmherzigkeit und Gewaltlosigkeit (vgl. die Bergpredigt in 5-7; v.a. 5,38-48). Mt trägt den „Sohn-Gottes-Titel“ in seine mk Vorlage der Kreuzigungsszenerie zusätzlich ein. In Mt auffällig sind die sog. „Erfüllungszitate“, die mit Zitat aus dem AT explizit belegen, dass sich das durch die Propheten Angekündigte nun mit Jesus erfüllt hat (vgl. 1,22f; 2,15; 2,17f; 2,23; 4,14-16, 87,17, 12,17-21, 13,35, 21,4, 27,9f). Die Jünger_innen sind bei Mt nicht (wie bei Mk) verstockt, sie verstehen durchaus, was Jesus mitteilt (vgl. 13,51; 16,12, 17,13), allerdings kann sich Jesus über ihren Kleinglauben beschweren (6,30; 8,26; 14,31; 16,8). Explizit auch Sünder_innen werden zu Jünger_innen berufen (9,9-13). Mt unterstreicht die Bedeutung des Handelns (7,21-27; 16,27; 25,31-46). Nach Mt richtet sich Jesus nicht gegen das Gesetz, sondern erfüllt es vielmehr in seiner Nächsten- Liebe (5,17-19; 7,12; 22,40; 23,3), es sollen Güte und Gottes Gerechtigkeit gelten: Nur Mt erzählt das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (20,1-16) und versichert seine Gegenwart bis zum Ende der Welt (28,20). Im Mt-Ev spiegeln sich deutlich Spannungen und Diskussionen mit den Pharisäern, denen Mt Machtmissbrauch, Gesetzesherrlichkeit und Heuchelei vorwirft (vgl. v.a. Kap 23). Allerdings bemüht sich Mt genauso deutlich um die Gewinnung der Juden. Mt widmet dem Nachdenken über das Ende (Eschatologie) in den Endzeitreden mehr Raum als seine Vorlage Markus.

Lukas

Der – unbekannte – Verfasser des Lk-Ev gilt i.A. als Heidenchrist, obwohl Judentum und Synagoge eine bedeutsame Rolle in seinem Ev spielen. Wie für Mt ist auch für Lk das Mk-Ev die Vorlage, die er fast komplett übernimmt. Da er aber das Mt-Ev nicht kennt (sich dieses also noch nicht verbreitet hat), datiert man Lk meist um 90 n.Chr. Der Ort der Abfassung – außerhalb Palästinas aufgrund der fehlerhaften Geographie - bleibt unsicher; wahrscheinlich ist Kleinasien (heutige Türkei), vlt. Ephesus. Textorganisatorisch bemerkenswert sind die beiden „Einschaltungen“, die Lk in den bearbeiteten Mk-Stoff neu einbringt (6,20-8,3 und 9,51-18,14), dazu die Vorschaltung der Kindheitsgeschichten (Geburt Jesu sehr detailliert, Weihnachtsgeschichte), die Anfügung der Erscheinungen und Gleichnisse, die weder Mk noch Mt führen, aber eine große Wirkungsgeschichte erfahren haben; so das Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-32), den barmherzige Samariter (10,25-37) oder auch die Emmaus-Geschichte (24,13-35). Im Lk-Ev kümmert sich Jesus besonders um soziale Probleme und die Armen, er liebt es, Mahlgemeinschaft zu halten. Lk ist ein großer Erzähler und präsentiert sein Ev gleichzeitig wie ein hellenistischer Historiker seinen Bericht (vgl. 1,1-4), er stellt Bezüge zur Weltgeschichte her (Lk 2,1; 3,1f) und historisiert Darstellungen (vgl. Mk 1,7 // Lk 3,15 f.; Lk 7,18-23// Mt 2-6). Lk scheint eine sich erfüllende Geschichte zu denken (vgl. 1,1; 9,51; 16,16) – im Ev genauso wie in der Apg (vgl. Apg 2,1.17-31, 3,22f; 4,11; 7,2-52, 13,17-22.32f). Verheißung und Erfüllung gehören bei Lk in einem Zeitkontinuum so zusammen, dass ein harmonisierendes und in die Zukunft weisendes, theologisches Interesse des Verf. deutlich wird; so werden Ausrufungen des Endes der Zeit (anders als bei Mk oder Mt) als falsch markiert (vgl. 21,8). Jesus erscheint bei Lk als der zu Unrecht Verfolgte und Leidende, dessen Unschuld selbst von den röm. Autoritäten bestätigt wird (Pilatus in 23,4.14.20.22; Herodes in 23,6-12.15; der Hauptmann in 23,47). So werden Lebensweg und Taten Jesu wichtiger als Kreuz und Leiden zur Sühne der Welt. Jesus vergibt seinen Mördern und stirbt in großer Nähe zu seinem Vater (23,46 – ganz anders in Mk 15,34). Die Jünger sind das Bindeglied der Kirche zum Ursprung. Der Geist hat in dieser Verbindung die entscheidende Funktion; Jesus ist der Geistträger (4,1.14), der Geist lenkt die Geschichte in eine positive Zukunft.

Johannes

Auch das Joh-Ev bleibt anonym (der Verf. lässt sich nicht etwa mit dem Lieblingsjünger aus dem Nachtragskapitel in 21,25 identifizieren). Das Joh-Ev und die drei Joh-Briefe erklären sich am besten als aus einem judenchristlichen Gemeindeverband kommend, der die Verbindung zur Synagoge verloren hatte (vgl. 9,22; 12,42; 16,2). Datiert wird das Joh-Ev i.A. als das jüngste der Evangelien um ca. 100 n. Chr. - dies geographisch meist nach Kleinasien; vlt. Ephesus, da dort die Auseinandersetzung mit der Synagoge die größte Wirkung entfacht zu haben scheint. Auch die im Joh-Ev erkennbaren Einflüsse der Gnosis (dualistische religiöse Lehre, die einen starken Erkenntnisbegriff vertritt: Der Mensch kann erkennen, dass ihn die materielle Welt nur negativ gefangen hält und er aus dieser zurück ins Licht ausbrechen muss, aus dem er kommt) lassen sich gut mit Ephesus verbinden. Umgekehrt haben nachweislich auch Gnostiker der Zeit das Joh-Ev gelesen. Inhaltlich lässt sich das Joh-Ev durch das Sende-Motiv charakterisieren: der Vater sendet seinen Sohn (vgl. 5,24.30, 11,42; 13,3; 16.5.28, 17,8), was Ausdruck der Liebe des Vaters ist, der die Welt retten will (3,16f.). Weniger die Darstellung des Lebens Jesu ist von leitendem Interesse des Verf. als vielmehr seine Heilsbedeutung für die Rezipient_innen (das Ev besteht zum Großteil aus Reden und Dialogen und ist viel weniger Erzählung als bei den Synoptikern): An Jesus muss geglaubt werden, um nicht gerichtet zu werden (3,18), denn er sagt von sich selbst: „Ich bin“ – das „Brot des Lebens“ (6,35), das „Licht der Welt“ (8,12), die „Tür“ (10,9), der „gute Hirte“ (10,11), die „Auferstehung und das Leben“ (11,25f.), der „Weg, die Wahrheit und das Leben“ (14,6), der „wahre Weinstock“ (15,1.5). Mit diesen „Ich-bin-Worten“ verkündigt sich Jesus sozusagen selbst als die Rettung, er erzählt keine Gleichnisse. In seinem Sohn- Sein ist aber die Einheit mit dem Sein (10,30) und Wirken Gottes betont (5,19.30; 8, 29.38.40; 12,50). Glaubende sind in diese Einheit einbezogen (14,20), der Glaube selbst wird im Joh-Ev besonders betont (98 Belege vs. 34 bei den Synoptikern zusammen); der Glaube führt zum Leben (3,14f; 5,24; 11,25; 20,31), er ist die Rettung des Menschen; wer glaubt, hat das ewige Leben. Das richtige, wahre und auch geistige Leben erfährt eine besondere Betonung im Joh-Ev; hier geht es sicherlich immer auch um ein Leben hinter dem offen Sichtbaren – Joh verweist sozusagen auf eine spirituelle Dimension des Seins (18,35). Jesus ist der Garant dafür (der „König der Wahrheit“ – vgl. 18,37f.), allerdings muss er auch als solcher angenommen werden, was aber oft nicht gelingt, denn Joh zeigt auch einen Jesus, der von den Menschen nicht verstanden und nicht angenommen wird (vgl. 1,11).

 

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