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hierarchiehoch vs hierarchieniedrig

Diese Unterscheidung entstammt der kognitionspsychologischen Lese- und Schreibforschung. Abgrenzungskriterium ist zunächst die Automatisierbarkeit der Fähigkeiten. Hierarchieniedrigere Kompetenzen zeichnen sich dadurch aus, dass sie durch Übung automatisiert und in der Regel schließlich ohne bewusste Reflexion eingesetzt werden können. Dadurch setzen sie kognitive Ressourcen frei, die für hierarchiehöhere, anspruchsvollere Kompetenzen genutzt werden können. Diesen ist eigen, dass sie nicht automatisiert werden können, sondern stets der Reflexion bedürfen.

Oft wird in der Lese- und Schreibforschung ein zweites Kriterium herangezogen: der Bezug auf „Texte“ im Sinne satz- bzw. elementübergreifender semantischer Strukturen, in denen sich Kommunikation vollzieht und deren Gesamtverständnis einer höheren Rekonstruktionsleistung bedarf (Text).

Es ist wichtig sich klar zu machen, dass hierarchieniedrige Kompetenzen weder notwendige noch hinreichende Voraussetzungen der hierarchiehöheren sind. Sie bauen in diesem Sinne nicht aufeinander auf, hierarchiehöhere Kompetenzen können nicht erst dann erworben werden, wenn die hierarchieniedrigen beherrscht werden. Vielmehr darf man davon ausgehen, dass es sich um Teilkompetenzen handelt, die in einem Schreib- oder Leseprozess zusammenwirken. Ja, man kann sogar so weit gehen zu sagen: Hierarchieniedrige Kompetenzen laufen ohne die Anbindung an hierarchiehöhere leer. Erst in Verbindung mit ihnen ist Handlungsfähigkeit gegeben. Mit Blick auf die Motivation bedeutet dies, dass das Potential hierarchieniedriger Kompetenzen als instrumenteller Fähigkeiten für sich genommen begrenzt ist. Allen Versuchen, ihr Training mit sekundären Motivationen (Spielen, Wettbewerben usw.) zu versehen, haftet etwas Kompensatorisches an.

Die hierarchische Abgrenzung von Kompetenzbereichen hat ihre Grenzen. Zum einen sind an sich automatisierte Kompetenzen immer bewusstseinsfähig. Ein unbekanntes Fremdwort unterbricht den Lesefluss, ein fehlendes Wissen um ein Faktum oder besonderer stilistischer Ehrgeiz das Dahinschreiben, ein Missverständnis den Gang eines Gesprächs. Solche Defizienzen erfordern den bewussten Umgang mit zunächst und zumeist unauffälligem Können. Andererseits wird man mit Blick auf Individuen sagen können, dass durch lange Übung Routine entsteht, sodass auch komplexere Tätigkeiten mit sehr geringem Reflexionsaufwand bewältigt werden können.

Prozessebene

hierarchiehohe Fähigkeiten

Lesen Schreiben Sprechen und Zuhören

Textebene

prozessbezogen

  • globale Kohärenz, verstehendes Lesen, Inferenzen
  • Analysieren und Interpretieren, Bedeutung der Form
  • Lesestrategien und Selbstregulation

inhaltsbezogen

Wissen um

  • Textsorten (Superstrukturen, Darstellungsstrategien u. a.) und Textfunktion(en)
  • Texthandlungstypen und Textprozeduren
  • Leseprozesse (Verstehen, Sinnzuschreibung)
  • Lesesituation
  • Inhalte, Kontexte; Welt-, Sach- und Fachwissen

Vertexten

prozessbezogen

  • Makroprozesse: Planen, Formulieren, Überarbeiten (inhaltlich und sprachformal; Evaluieren und Revidieren)
  • globale Kohärenz herstellen
  • Texte und Sprache gestalten
  • Schreibstrategien und Selbstregulation
  • Wissensverarbeitung

inhaltsbezogen

Wissen um

  • Textsorten (prototypischer Aufbau) und Textfunktion(en)
  • Texthandlungstypen und Textprozeduren
  • Referieren
  • Schreibprozesse
  • Schreibsituation
  • Inhalte, Kontexte; Welt-, Sach- und Fachwissen

Textbezug

prozessbezogen

  • globale Kohärenz herstellen (semantisch, pragmatisch; Inferenzen)
  • Angemessenheit (Situation, Beteiligte, Gegenstand)
  • Sprechen und Handeln gestalten und analysieren
  • Gesprächs-, Zuhör- und Vortragsstrategien sowie Selbstregulation

inhaltsbezogen

Wissen um

  • Text- und Gesprächssorten, Text- und Gesprächsfunktionen
  • Text- und Gesprächsprozeduren
  • Situation
  • Inhalte, Kontexte; Welt-, Sach- und Fachwissen

hierarchieniedrige Fähigkeiten

Lesen Schreiben Sprechen und Zuhören

Wort- und Satzebene

  • Leseflüssigkeit
  • Re- und Dekodieren
  • Propositionsbildung (lokale Kohärenz)
  • Einzelwörter lesen

Verschriften

prozessbezogen

  • Schreibflüssigkeit: Handschrift/Tastaturschreiben
  • Rechtschreibung, Zeichensetzung, Grammatik
  • flüssiges Formulieren (Sprachwissen abrufen)
  • Umgang mit Textverarbeitungsprogrammen

inhaltsbezogen

  • Rechtschreibwissen: Regelwissen, Proben, grammatisches Wissen
  • sprachliches Wissen (Wortschatz i. w. S.)
  • Darstellungswissen (Gliederungen, nichtlineare Texte, Schriftsatz)

lokale Kohärenz

prozessbezogen

  • basale mündliche Formulierungs- und Verstehenskompetenz, lokale Kohärenz
  • lokale Anschlusskommunikation
  • Sprechflüssigkeit
  • Sprachrichtigkeit
  • Aufmerksamkeit, Auffassungsgabe
  • Artikulation und Körpersprache

inhaltsbezogen

  • pragmatisches Gesprächswissen
  • sprachliches Wissen (Wortschatz i. w. S.)

Subjektebene

Lesen Schreiben Sprechen und Zuhören

Engagement, affektive Beteiligung

Lesehaltung

Reflexion

lesebezogenes Selbstkonzept

Engagement, affektive Beteiligung

Schreibhaltung

Reflexion

schreibbezogenes Selbstkonzept

Engagement, affektive Beteiligung

Sprech- Zuhör-, Gesprächshaltung

Reflexion

Selbstkonzept

Soziale Ebene

Lesen Schreiben Sprechen und Zuhören

Kommunikative Einbet- tung in Schule, Familie, Peers, kulturelles Leben, Beruf, Freizeit

Kommunikative Einbet- tung in Schule, Familie, Peers, kulturelles Leben, Beruf, Freizeit

Kommunikative Einbet- tung in Schule, Familie, Peers, kulturelles Leben, Beruf, Freizeit

Realisierung von An- schlusskommunikation

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