Zur Haupt­na­vi­ga­ti­on sprin­gen [Alt]+[0] Zum Sei­ten­in­halt sprin­gen [Alt]+[1]

In­halt

Die Ge­schich­te des jun­gen Wer­t­her soll von der Le­ser­schaft an­hand von des­sen Brie­fen an sei­nen Freund Wil­helm, die von einem fik­ti­ven Her­aus­ge­ber ge­sam­melt und ver­öf­fent­licht wer­den, re­kon­stru­iert wer­den. Nur in einer den Brie­fen vor­an­ge­stell­ten An­re­de an die Le­sen­den und gegen Ende des Ro­mans, wenn der Logik des Ro­mans gemäß Wer­t­hers Brie­fe nur noch bruch­stück­haft vor­lie­gen sowie des­sen Sui­zid und Be­stat­tung the­ma­ti­siert wer­den, er­greift der Her­aus­ge­ber selbst das Wort und be­rich­tet auf der Grund­la­ge sei­ner Er­kun­dun­gen von Wer­t­hers Schick­sal und kom­men­tiert das Ge­sche­hen.

Die Hand­lung er­streckt sich über einen Zeit­raum von ein­ein­halb Jah­ren, be­gin­nend mit einem Brief Wer­t­hers vom 04. Mai 1771 bis zur Be­er­di­gung nach sei­nem Tod am 24.12.1772. Sie ist in zwei Bü­cher sowie zwei An­re­den des Her­aus­ge­bers an den Leser, die die ei­gent­li­che Hand­lung um­rah­men, un­ter­teilt: Das erste Buch um­fasst Wer­t­hers Brie­fe vom 04. Mai 1771 bis zum 10. Sep­tem­ber 1771 und um­reißt in­halt­lich Wer­t­hers Auf­ent­halt in der Ge­gend in und um Wahl­heim, be­gin­nend mit sei­ner An­kunft und der ers­ten Be­geg­nung mit Lotte an bis zu sei­ner Ab­rei­se. Das zwei­te Buch wird er­öff­net mit Wer­t­hers Brief vom 20. Ok­to­ber 1771 über seine An­kunft als Ge­sand­ter in einer klei­nen deut­schen Re­si­denz, er­zählt von sei­ner an­schlie­ßen­den Reise in seine Hei­mat, sei­ner Rück­kehr nach Wahl­heim und somit zu Lotte und endet, sieht man die Le­seran­spra­che als Teil die­ses Bu­ches an, mit sei­ner Be­er­di­gung nach dem 24. De­zem­ber 1772.

Die Hand­lung wird durch die un­glück­li­che Lie­bes­ge­schich­te zwi­schen Wer­t­her und Lotte, von der Erst­be­geg­nung bis zur end­gül­ti­gen Ent­sa­gung Wer­t­hers struk­tu­riert. So lässt sich schon das erste Buch in die Brie­fe ein­tei­len, die Wer­t­hers Si­tua­ti­on vor der Be­geg­nung mit Lotte dar­stel­len (Brie­fe vom 04. – 30. Mai 1771), in jene Brie­fe, die von Wer­t­hers glück­li­chem Bei­sam­men­sein mit Lotte zeu­gen (Brie­fe vom 16. Juni bis zum 26. Juli 1771) und schließ­lich in die Brie­fe, die den Wen­de­punkt in Wer­t­hers Be­zie­hung zu Lotte mar­kie­ren, der durch die An­kunft ihres Ver­lob­ten Al­bert am 30. Juli ein­ge­lei­tet wird und zu Wer­t­hers Ab­schied am 10. Sep­tem­ber 1771 führt.

Der Be­ginn der Hand­lung dient als eine Art Ex­po­si­ti­on und stellt die Si­tua­ti­on des Prot­ago­nis­ten dar: Wer­t­her ist in eine Stadt in der Nähe des klei­nen Ortes Wahl­heim ge­reist, um für seine Mut­ter Erb­schafts­an­ge­le­gen­hei­ten zu re­geln. Er ist froh, aus sei­ner Hei­mat und vor den ver­geb­li­chen Hoff­nun­gen eines in ihn ver­lieb­ten Mäd­chens zu flie­hen. Der Tod einer äl­te­ren Freun­din hat ihn zu­sätz­lich auf­ge­wühlt und so ist er glück­lich, die Ein­sam­keit in der früh­lings­haf­ten Natur, die er der Stadt vor­zieht, zu ge­nie­ßen. In sei­nen Brie­fen aus die­ser Zeit re­flek­tiert er über die idyl­li­sche Natur, die Men­schen, die er darum be­dau­ert, dass sie ihre Frei­heit für die Ar­beit und die Be­frie­di­gung ihrer Be­dürf­nis­se auf­ge­ben, und über seine Zeich­nun­gen, bei denen er sich al­lei­ne an der Natur, nicht an Re­geln ori­en­tie­ren will. Wer­t­her ist in­zwi­schen in den von ihm ge­schätz­ten Ort Wahl­heim über­ge­sie­delt und er be­rich­tet von ver­schie­de­nen Be­geg­nun­gen, unter denen be­son­ders jene mit dem Amt­mann von be­son­de­rer Be­deu­tung ist. Denn Wer­t­her ver­liebt sich in des­sen äl­tes­te Toch­ter Lotte, die er zum ers­ten Mal trifft, als er zu­sam­men mit wei­te­ren jun­gen Leu­ten auf dem Weg zu einem Ball ist. Die Ge­sell­schaft macht am Haus des Amts­man­nes Halt, um Lotte ab­zu­ho­len, und Wer­t­her ist von An­fang an von Lotte, die er sieht, wie sie für ihre acht jün­ge­ren Ge­schwis­ter Brot schnei­det, fas­zi­niert. Auf dem Ball kom­men sich beide beim an­stö­ßi­gen Wal­zer näher, der durch ein Ge­wit­ter un­ter­bro­chen wird, das just in dem Mo­ment be­ginnt, als Lotte Wer­t­her mit­teilt, dass sie mit Al­bert ver­lobt sei. In den fol­gen­den Wo­chen ver­bringt Wer­t­her eine glück­li­che Zeit mit Lotte. Wäh­rend die­ser Pe­ri­ode ver­sucht er sich ein­zu­re­den, dass auch sie ihn liebt – ob­gleich ihm auf­fällt, wie po­si­tiv sie von ihrem Ver­lob­ten Al­bert spricht. Meh­re­re zei­chen­haf­te Be­ge­ben­hei­ten las­sen er­ah­nen, dass auch Wer­t­hers Glück ge­trübt wer­den könn­te: Eine Be­kann­te Lot­tes ist tod­krank; der ei­fer­süch­ti­ge Lieb­ha­ber der Pfar­rers­toch­ter miss­fällt Wer­t­her eben­so wie Übel­lau­nig­keit im All­ge­mei­nen. Auch die Un­fä­hig­keit Wer­t­hers, das Er­leb­te in Zeich­nun­gen an­ge­mes­sen aus­zu­drü­cken, wird an meh­re­ren Stel­len (z.B. im Brief vom 10. Mai oder 24. Juli) the­ma­ti­siert. Wer­t­her er­kennt, dass es bes­ser wäre, Lotte nicht zu oft zu sehen, kann der Ver­su­chung aber nicht wi­der­ste­hen.

Mit Al­berts An­kunft schließ­lich kippt Wer­t­hers Stim­mung immer mehr, bis er Wahl­heim aus Ver­zweif­lung ver­lässt. Dabei weiß er Al­bert durch­aus zu schät­zen und ent­wi­ckelt ihm ge­gen­über Zu­nei­gung. Wie un­ter­schied­lich die bei­den Fi­gu­ren den­ken und han­deln, wird deut­lich, als Wer­t­her Frei­tod ge­gen­über Al­bert damit ver­tei­digt, dass man die­sen mit der Er­lö­sung von einer schlim­men Krank­heit ver­glei­chen könne; Al­bert da­ge­gen be­trach­tet den Sui­zid als Zei­chen von Schwä­che und Tat eines Wahn­sin­ni­gen. Wer­t­hers Lei­den an der un­er­füll­ten Be­zie­hung zu Lotte drückt sich in einer ver­än­der­ten Na­tur­wahr­neh­mung aus, die auf die Ver­gäng­lich­keit fo­kus­siert ist.

Das zwei­te Buch lässt sich eben­falls in drei Teile glie­dern: Es be­rich­tet zu­nächst von Wer­t­hers wenig er­folg­rei­cher Zeit als Ge­sand­ter am Hofe und der sich an­schlie­ßen­den Reise in seine Hei­mat (Brie­fe vom 20. Ok­to­ber 1771 bis 18. Juni 1772), sei­ner Rück­kehr nach Wahl­heim und seine zu­neh­men­den Ver­zweif­lung an­ge­sichts der un­er­füll­ten Liebe zu Lotte (Brie­fe vom 29. Juli bis 06. De­zem­ber) und den letz­ten Wo­chen bis nach sei­nem Tod, die zum Teil von dem Her­aus­ge­ber, teil­wei­se mit­tels ein­zel­ner Brie­fen Wer­t­hers re­kon­stru­iert wer­den.

Seine Tä­tig­keit als Ge­sand­ter in einer klei­nen Re­si­denz ist von Neid, Feind­se­lig­kei­ten und bü­ro­kra­ti­scher Pe­dan­te­rie ge­prägt und lässt Wer­t­her spü­ren, dass ihn die ade­li­ge Ge­sell­schaft als stö­ren­den Au­ßen­sei­ter be­trach­tet, was deut­lich wird, als Wer­t­her das Fräu­lein von B. ken­nen­lernt, das ihn an Lotte er­in­nert. Sene Be­zie­hung zu ihr wird als nicht stan­des­ge­mäß be­trach­tet und als ihn selbst der ihm zu­ge­ta­ne Graf von C. der Ge­sell­schaft ver­weist, reist Wer­t­her in seine Hei­mat ab, wo er aber auch nicht zur Ruhe kommt. Als er schließ­lich nach Wahl­heim zu­rück­kehrt, sind Lotte und Al­bert be­reits ver­hei­ra­tet. Er be­ginnt, düs­te­re Ge­dan­ken in Bezug auf Al­bert nach­zu­hän­gen und wünscht sich sogar, die­ser stür­be. Seine ei­ge­ne Be­find­lich­keit drückt sich in der Sym­pa­thie mit dem Bau­ern­bur­schen aus, der die Ge­lieb­te zu­nächst ver­ge­wal­tigt und in der Folge sei­nen Nach­fol­ger aus Ei­fer­sucht um­bringt. Wer­t­her emp­fin­det auch keine Freu­de an der Natur mehr und ver­liert sich immer mehr in sei­ner Ver­zweif­lung. In­zwi­schen er­ken­nen auch Al­bert und Lotte, dass es in aller In­ter­es­se nötig ist, den Freund auf Dis­tanz zu hal­ten. Nach­dem Wer­t­her sie, emo­tio­nal zu­sätz­lich da­durch auf­ge­wühlt, dass er ihr aus Os­si­ans Ge­sän­gen vor­liest, den­noch an sich reißt und küsst, er­schießt er sich aus Ver­zweif­lung und um Lot­tes und Al­berts wegen mit den Pis­to­len, die er sich von Al­bert ge­lie­hen hat und die sein Die­ner aus Lot­tes Hand ent­ge­gen­ge­nom­men hat, am Abend des 23. De­zem­ber. Am fol­gen­den Tag stirbt er und wird ohne christ­li­ches Be­gräb­nis, das ihm als Selbst­mör­der ver­wehrt ist, be­er­digt.

Text­aus­ga­ben:

Jo­hann Wolf­gang Goe­the: Die Lei­den des jun­gen Wer­t­her. Stutt­gart, durch­ge­se­he­ne Aus­ga­be 1986 (1948).

Jo­hann Wolf­gang Goe­the: Die Lei­den des jun­gen Wer­t­her. In: Ham­bur­ger Aus­ga­be in 14 Bän­den, Band 6. Hrsg. v. Erich Trunz. Mün­chen, über­ar­bei­te­te Aus­ga­be 1996 (1981).

Pro­jekt Gu­ten­berg: Pro­jekt Gu­ten­berg

Goe­the: „Wer­t­her“: Her­un­ter­la­den [pdf][204 KB]