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In­halt

Eine na­men­lo­se Ich-Er­zäh­le­rin kehrt in den 1990er-Jah­ren in das Ar­bei­ter­vier­tel ihrer Kind­heit zu­rück, da sie zur Hoch­zeit ihrer Ju­gend­freun­de So­phia und Pekka ein­ge­la­den ist; sie selbst ist zwi­schen­zeit­lich Stu­den­tin in Leip­zig. Der Ort, an den sie zu­rück­kehrt, ist dem Frank­fur­ter In­dus­trie­park Höchst nach­ge­bil­det; die­ser wird ge­prägt von In­dus­trie­schnee und dem Ge­ruch der Müll­ver­bren­nungs­an­la­ge: „Die Luft ver­än­dert sich, wenn man über die Schwel­le des Ortes tritt. Eine feine Säure liegt darin, etwas di­cker ist sie, als könn­te man den Mund öff­nen und sie kauen wie Watte.“ (Streu­licht) Im Ar­bei­ter­vier­tel trifft sie ihren al­ko­hol­kran­ken, jäh­zor­ni­gen Vater wie­der, der ein ein­fa­cher deut­scher Fa­brik­ar­bei­ter ist, der seit vier­zig Jah­ren eine gleich­blei­ben­de Tä­tig­keit in einer Alu­mi­ni­um­fa­brik aus­übt. Die el­ter­li­che Woh­nung wurde nach dem Aus­zug zu­neh­mend chao­tisch, da der Vater nichts weg­wer­fen kann und als Mes­sie aus­ge­wie­sen wird; die sein Leben in so­zia­ler, in­tel­lek­tu­el­ler und fi­nan­zi­el­ler Hin­sicht prä­gen­de Armut ist dafür ver­ant­wort­lich, dass er das, was er ein­mal für sich ge­si­chert hat, nicht mehr ver­lie­ren will.

Die Er­zäh­le­rin kehrt zu­rück zu ihrem in­zwi­schen ver­wit­we­ten Vater. In Rück­blen­den wer­den die Kind­heit und Ju­gend der Ich-Er­zäh­le­rin ge­schil­dert: Sie schil­dert die er­fah­re­ne Aus­gren­zung, die sie als Kind einer tür­ki­schen Mut­ter er­fah­ren hat, das Auf­wach­sen in einem bil­dungs­fer­nen, pre­kä­ren El­tern­haus und ihre so­zia­le Armut. Ihre Ju­gend­freun­de So­phia und Pekka fun­gie­ren als Ant­ago­nis­ten, da sie aus einer ge­ho­be­ne­ren Schicht ent­stam­men. Von ihrer Mut­ter lernt sie, dass sie nicht auf­fal­len soll und als nor­ma­les deut­sches Mäd­chen auf­tre­ten solle. Sie ver­heim­licht zwar folg­lich ihre tür­ki­sche Her­kunft, aber im Gym­na­si­um wird sie den­noch als aus­län­di­sches Kind stig­ma­ti­siert, stän­dig un­ter­schätzt und nicht in die Ober­stu­fe ver­setzt. Vom Vater er­fährt sie auch keine Un­ter­stüt­zung, sieht er doch die gym­na­sia­le Aus­bil­dung sei­ner Toch­ter eher skep­tisch; über ihn heißt es: „‘Das Wich­tigs­te ist, im Leben mög­lichst ein­fach durch­zu­kom­men.‘ Sich an­zu­stren­gen führ­te zu nichts, davon war er über­zeugt. ‚Das ist mir zu fein, war ein Satz, den er be­reits über Stoff­ser­vi­et­ten sagte.‘“ (Streu­licht)Den­noch ge­lingt es der Ich-Er­zäh­le­rin, ihre Bil­dungs­bio­gra­phie fort­zu­set­zen auf dem zwei­ten Bil­dungs­weg. Sie ver­lässt das pre­kä­re Ar­bei­ter­vier­tel, holt das Ab­itur in einer Abend­schu­le nach und kann schließ­lich doch stu­die­ren.

Text­aus­ga­be:

Ohde, Deniz: Streu­licht. Roman. Frank­furt 2021. [auch als Ta­schen­buch ver­füg­bar]

Ohde: „Streu­licht“: Her­un­ter­la­den [pdf][192 KB]