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Di­dak­ti­sche Hin­wei­se & Ver­net­zung

Di­dak­ti­sche Hin­wei­se

Die Werke E.T.A. Hoff­manns ge­hö­ren seit je her zum Kanon der Schul­lek­tü­ren. Der Sand­manneig­net sich ins­ge­samt ins­be­son­de­re dafür, ex­em­pla­risch ver­schie­de­ne me­tho­di­sche Zu­gän­ge auf­zu­zei­gen, die ein brei­tes Spek­trum an In­ter­pre­ta­tio­nen er­mög­licht.

Be­son­ders ein­la­dend ist für Schü­le­rin­nen und Schü­ler das hoch­ak­tu­el­le Thema von Ro­bo­tern in his­to­ri­scher Per­spek­ti­ve. Das Ver­hält­nis von An­dro­id /Au­to­mat und Mensch, ge­stei­gert durch den ein­ge­floch­te­nen Lie­bes­dis­kurs, lässt sich mit mo­der­nen Ver­hei­ßun­gen wie etwa den Lo­vots (love – ro­bots) in Japan ak­tua­li­sie­ren oder auch mit ta­ges­ak­tu­el­ler Li­te­ra­tur wie Ian McE­wans Ma­schi­nen wie ichver­glei­chen, in wel­chem ein Mann sich eben­falls in eine Au­to­ma­ten-Frau ver­liebt. Zu­gleich lässt es sich als kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Ge­nie­dis­kurs in der Ro­man­tik und als Kri­tik an einer über­schüs­si­gen Ein­bil­dungs­kraft ver­ste­hen (vgl. Thums 2019). Die Auf­klä­rungs­kri­tik mit Blick auf das den Wahn­sinn be­för­dern­de Per­spek­tiv und die Zer­stö­rung des Au­to­ma­ten durch die ego­is­ti­schen und skru­pel­lo­sen Er­bau­er als dä­mo­ni­sche Men­schen­schöp­fer und Ver­tre­ter einer per­ver­tier­ten auf­klä­re­ri­schen For­schung (vgl. Thums 2019) lässt sich etwa mit einer Be­spre­chung von Goyas be­rühm­tem Bild Der Schlaf der Ver­nunft ge­biert Un­ge­heu­er (El sueño de la razón pro­du­ce mons­tru­os) ein­füh­ren. Eine ent­fes­sel­te Ein­bil­dungs­kraft pro­du­ziert auch in Der Sand­mann Mons­ter.

Kul­tur­ge­schicht­lich lässt sich bei­spiels­wei­se der Au­to­ma­ten­dis­kurs, die The­ma­tik der ‚Sta­tu­en-Liebe‘, die Liebe zu einem selbst­ge­schaf­fe­nen Kunst­werk mit Blick auf den an­ti­ken Pyg­ma­lionmy­thos Ovids ver­tie­fen (vgl. hier­zu Thums 2019). Fer­ner bie­tet sich eine ver­glei­chen­de Lek­tü­re (auch aus­zugs­wei­se) mit Goe­thes Wer­t­her oder mit Jo­seph von Ei­chen­dorffs Das Mar­mor­bild an, da in die­ser kur­zen Er­zäh­lung eben­falls die fan­tas­ti­sche Liebe eines Jüng­lings na­mens Flo­rio zu einer Ve­nus­sta­tue im Mit­tel­punkt steht, die des Nachts von der über­schüs­si­gen Fan­ta­sie des Jüng­lings mit sei­nen er­wa­chen­den Trie­ben zum schein­ba­ren Leben er­weckt wird. Traum und Rea­li­tät ver­schrän­ken sich dabei in ro­man­ti­scher Ma­nier zeit­wei­se un­auf­lös­bar mit­ein­an­der.

Ein be­son­de­res Au­gen­merk ver­dient die Dar­stel­lung der Pa­tho­ge­ne­se Na­tha­na­els, die eine psy­cho­lo­gi­sche Les­art er­öff­net. Freuds ex­em­pla­ri­sche Lek­tü­re der Er­zäh­lung, seine Be­grif­fe des Un­heim­li­chen und der Kas­tra­ti­ons­angst sowie ins­ge­samt seine Ent­de­ckung des Es und des Un­be­wuss­ten las­sen sich als In­ter­pre­ta­ti­ons­fo­lie bei­zie­hen und kri­tisch dis­ku­tie­ren, um nicht zu­letzt auf­zu­zei­gen, wie weit die ro­man­ti­sche Er­zäh­lung ihrer Zeit vor­aus ist.

Auf­schluss­reich ist fer­ner die Ana­ly­se der Gat­tungs­mi­schung (Brie­fe und Er­zäh­lung) und die Rolle des un­zu­ver­läs­si­gen Er­zäh­lers.

Hoff­manns Er­zäh­lung bie­tet sich fer­ner als Aus­gangs­text für einen Auf­riss zur Schau­er­ro­man­tik / Ro­man­tik an.

Ver­net­zung

  • Li­te­ra­tur um 1800

  • Ro­man­tik

  • Do­ro­thea Schle­gel: Flo­ren­tin

  • E.T.A. Hoff­mann Der gold­ne Topf

  • Ei­chen­dorff Das Mar­mor­bild

  • Tho­mas Mann Mario und der Zau­be­rer

  • Sig­mund Freud Da­sUn­heim­li­che

  • Al­fred Hitch­cock: Mar­nie

  • Jac­ques Of­fen­bach: Les Con­tes d‘ Hoff­mann (Oper)

  • Léo De­li­bes: Coppélia (Oper)

Text­aus­ga­ben:

E.T.A. Hoff­mann: Der Sand­mann. Her­aus­ge­ge­ben von Ru­dolf Drux. Stutt­gart 1991, bi­blio­gra­phisch er­gänz­te Aus­ga­be 2019 (= Re­clams Uni­ver­sal-Bi­blio­thek 230).

E.T.A. Hoff­mann: Der Sand­mann. In: E.T.A. Hoff­mann: Nacht­stü­cke. Her­aus­ge­ge­ben von Hart­mut Stein­ecke unter Mit­ar­beit von Ger­hard All­rog­gen. Frank­furt am Main, 11-49.

Hoff­mann: „Sand­mann“: Her­un­ter­la­den [pdf][196 KB]