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Ver­gleich Kracht/Ver­gil: Auf­ga­ben und Lö­sun­gen

[Ba­sis­fach/Leis­tungs­fach]

  1. a) Ar­bei­ten Sie aus Chris­ti­an Krachts Fa­ser­land (Frank­furt, 2015 [1995], S. 160-165) die in­ter­tex­tu­el­len Be­zü­ge zu Ver­gil Aen. VI her­aus und stel­len Sie diese ta­bel­la­risch dar. Neh­men Sie dabei ins­be­son­de­re die Verse 295 bis 425 kur­so­risch in den Blick.

LÖ­SUNGS­HIN­WEI­SE:

[An­for­de­rungs­be­reich II]

Kracht Ver­gil
das Grab von Tho­mas Mann (S. 160), der Fried­hof in Kilch­berg (S. 161)

die To­des­the­ma­tik, das li­te­ra­ri­sche Motiv der Un­ter­welts­rei­se;

evtl. An­chi­ses, so­fern Tho­mas Mann als „li­te­ra­ri­scher Vater“ von Chris­ti­an Kracht auf­ge­fasst wird (Ach­tung: Wech­sel der Ebe­nen „Er­zäh­ler / his­to­ri­scher Autor“)

eine alte Frau mit Krü­cken (S. 162) die Rei­se­füh­re­rin Si­byl­le (V. 321-330; auch 124-129a)
der Hund (S. 163) der drei­köp­fi­ge Höl­len­hund Cer­be­rus (V. 417-425)
ein Mann in einem Ru­der­boot (S. 164) der Fähr­mann Cha­ron (V. 298-304, 384-397)
zwei­hun­dert Fran­ken (S. 164)

der gol­de­ne Zweig als der für Cha­ron zu ent­rich­ten­de Preis der Über­fahrt (V. 405-407a)

auch: Ver­weis auf den be­kann­ten grie­chisch-rö­mi­schen Be­stat­tungs­ri­tus, nach wel­chem den Toten eine Münze, der so­ge­nann­te Obo­lus, als Fähr­geld für Cha­ron in den Mund ge­legt wurde

  1. b) Neh­men Sie an­schlie­ßend Stel­lung zu der Frage, ob das Ende von Chris­ti­an Krachts Fa­ser­land als Par­odie von Ver­gils sechs­tem Buch be­zeich­net wer­den kann.

LÖ­SUNGS­HIN­WEI­SE:

[An­for­de­rungs­be­reich III]

Gemäß der De­fi­ni­ti­on des Ope­ra­tors „Stel­lung neh­men“ müs­sen sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler zur Fra­ge­stel­lung ar­gu­men­ta­tiv und ur­tei­lend po­si­tio­nie­ren. Sie sol­len dabei einen zu­sam­men­hän­gen­den Text ver­fas­sen, der die Glie­de­rung in Sinn­ab­schnit­te durch Ab­sät­ze kennt­lich macht und der die Er­geb­nis­se von Auf­ga­be 1 a) ein­be­zieht. Die Be­ar­bei­tung kann in die Haus­auf­ga­be aus­ge­la­gert wer­den.

Mög­li­che As­pek­te:

  • De­fi­ni­ti­on der Par­odie und der frei­en Be­ar­bei­tung, ggf. in Ab­gren­zung zur imi­ta­tio

con­tra:

  • Ein­gren­zung der Re­zep­ti­on auf ei­ni­ge we­ni­ge in­halt­li­che As­pek­te aus Aen. VI
  • Der Roman als gan­zer ist in­halt­lich keine Un­ter­welts­rei­se.
  • keine Kor­re­la­ti­on zwi­schen den bei­den Prot­ago­nis­ten: Der Er­zäh­ler von Fa­ser­land er­scheint als „Anti-Held“, der keine Ver­ant­wor­tung für die Ge­mein­schaft über­nimmt, des­sen Han­deln kei­nem (gött­li­chen) Plan folgt etc.

pro:

  • min­des­tens drei par­odis­ti­sche Be­zü­ge zum Prä­text Ver­gils, die frei­lich an­ge­deu­tet sind und eine gute Kennt­nis des li­te­ra­ri­schen Mo­tivs der Un­ter­welts­rei­se und des Prä­texts vor­aus­set­zen
  • Par­odie der Rei­se­füh­re­rin Si­byl­le: Die Frau mit Krü­cken taucht kurz auf und ver­schwin­det wie­der. Sie gibt dem Er­zäh­ler keine Ant­wort auf die Frage, wo sich Tho­mas Manns Grab be­fin­det.
  • Par­odie des drei­köp­fi­gen Höl­len­hun­des Cer­be­rus: Die Wäch­ter­rol­le des Cer­be­rus wird par­odiert, indem die Hand­lun­gen des Hun­des darin be­ste­hen, im Hin­ter­grund zu bel­len und auf eines der Grä­ber zu de­fä­kie­ren.
  • Par­odie des Fähr­manns Cha­ron: Der Mann im Ru­der­boot raucht eine Zi­ga­ret­te und er­scheint ge­lang­weilt und teil­nahms­los. Auch die zwei­hun­dert Fran­ken nimmt er nur zö­ger­lich als Lohn für die Über­fahrt ent­ge­gen. Das bei Ver­gil dar­ge­stell­te Tosen und Trei­ben am Ufer des Ache­ron (V. 305-316) wird bei Kracht zu einer stil­len Sze­ne­rie.

[Leis­tungs­fach]

  1. a) Ar­bei­ten Sie aus Krachts Fa­ser­land (S. 165-168) und Ver­gil Aen. VI im­mi­grant ob­jects (s. M 1) her­aus. Gehen Sie bei Ver­gil von einem zeit­ge­nös­si­schen rö­mi­schen Leser aus. For­mu­lie­ren Sie ein kur­zes Fazit der er­ar­bei­te­ten Ge­gen­über­stel­lung.

    b) Set­zen Sie sich mit Kirsteins These zu im­mi­grant ob­jects (s. M 1, her­vor­ge­ho­ben) aus­ein­an­der. Stüt­zen Sie Ihre Aus­sa­gen auf li­te­ra­ri­sche Bei­spie­le Ihrer Wahl (z. B. Ro­ma­ne, Filme etc.).

LÖ­SUNGS­HIN­WEI­SE zu 2a:

[An­for­de­rungs­be­reich II]

  • Kracht: Tho­mas Mann, Zü­rich, Frisch/Hesse/Dür­ren­matt, der Fried­hof von Kilch­berg, die Lindt-Scho­ko­la­den­fa­brik, Zü­rich­see, Katia Mann, die Wäh­rung Fran­ken
  • Ver­gil: Cumae, Aver­ner­see, Grot­te der Si­byl­le, zahl­rei­che wei­te­re Orte und Re­gio­nen des Mit­tel­meer­raums, zahl­rei­che in der Hel­den­schau (V. 756-887) er­wähn­te Römer, dar­un­ter die Zeit­ge­nos­sen Au­gus­tus und Mar­cel­lus; je nach Les­art auch die Göt­ter, ins­be­son­de­re Apol­lo, Pluto, Pro­ser­pi­na, die durch ihre Kulte in Rom his­to­risch ma­ni­fest waren
  • mög­li­ches Fazit: Beide li­te­ra­ri­schen Texte wei­sen zahl­rei­che im­mi­grant ob­jects auf. Wäh­rend Ver­gil seine Leser mit Orten und Fi­gu­ren der grie­chisch-rö­mi­schen Welt kon­fron­tiert, bleibt sein Hand­lungs­raum (Ae­ne­as, Si­byl­le, Un­ter­welt) der Rea­li­tät ent­rückt. Krachts Hand­lungs­raum (Er­zäh­ler, Orte) ist hin­ge­gen of­fen­kun­dig in eine zeit­ge­nös­si­sche All­tags­welt ein­ge­bet­tet.

LÖ­SUNGS­HIN­WEI­SE zu 2b:

[An­for­de­rungs­be­reich III]

Gemäß der De­fi­ni­ti­on des Ope­ra­tors „Stel­lung neh­men“ müs­sen sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler zur Fra­ge­stel­lung ar­gu­men­ta­tiv und ur­tei­lend po­si­tio­nie­ren. Sie sol­len dabei einen zu­sam­men­hän­gen­den Text ver­fas­sen, der die Glie­de­rung in Sinn­ab­schnit­te durch Ab­sät­ze kennt­lich macht und die ei­ge­ne Le­seer­fah­rung bei­spiel­haft und an­schau­lich ein­be­zieht.

Hier sind in­di­vi­du­el­le Schü­ler­lö­sun­gen zu er­war­ten, die für eine Ple­nums­dis­kus­si­on ge­nutzt wer­den kön­nen.

M 1: im­mi­grant ob­jects

Der Alt­phi­lo­lo­ge Ro­bert Kirstein un­ter­sucht am Bei­spiel Ovids den „Re­al­ge­halt der Dinge“ in fik­tio­na­len Er­zähl­tex­ten. Die darin auf­tre­ten­den Ob­jek­te (z. B. Fi­gu­ren, Hand­lun­gen, Räume etc.) kön­nen in un­ter­schied­li­cher Weise mit der rea­len, d. h. his­to­risch ma­ni­fes­ten Welt ver­bun­den sein. In An­leh­nung an an­de­re Wis­sen­schaft­ler be­zeich­net Kirstein le­bens­welt­lich er­fahr­ba­re Ob­jek­te, die ihren Ur­sprung in der Rea­li­tät neh­men und in die Fik­ti­on ein­tre­ten, als im­mi­grant ob­jects. Als Bei­spie­le aus der Dich­tung Ovids nennt er die Stadt Rom, Kai­ser Au­gus­tus oder auch den Lor­beer­baum, in wel­chen sich die von Apol­lo ver­folg­te Nym­phe Daph­ne in den Me­ta­mor­pho­sen ver­wan­delt. Die ge­nann­ten Ob­jek­te tre­ten aus der rea­len in die fik­ti­ve Welt Ovids ein.

Kirsteins Be­ob­ach­tun­gen las­sen sich als These wie folgt zu­sam­men­fas­sen:

Da sich im­mi­grant ob­jects auf einer Gren­ze zwi­schen Rea­li­tät und Fik­ti­on be­we­gen, er­zeu­gen sie bei Le­se­rin­nen und Le­sern ein Be­wusst­sein von Fik­tio­na­li­tät.

 

 

Ver­gleich Kracht/Ver­gil: Auf­ga­ben und Lö­sun­gen: Her­un­ter­la­den [docx][20 KB]

Ver­gleich Kracht/Ver­gil: Auf­ga­ben und Lö­sun­gen: Her­un­ter­la­den [pdf][168 KB]

 

Wei­ter zu Tho­mas Kling: Das Ge­dicht „Si­byl­le Cu­maea“