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Ar­thur Scho­pen­hau­er (1788-1860): Glau­ben ver­sus Wis­sen

Die Phi­lo­so­phie hat, als eine Wis­sen­schaft, es durch­aus nicht damit zu thun, was ge­glaubt wer­den soll, oder darf; son­dern bloß damit, was man wis­sen kann. Soll­te nun die­ses auch etwas ganz An­de­res sein, als was man zu glau­ben hat; so wäre selbst für den Glau­ben dies kein Nacht­heil: denn dafür ist er Glau­be, daß er lehrt was man nicht wis­sen kann. Könn­te man es wis­sen; so würde der Glau­be als un­nütz und lä­cher­lich da­stehn; etwan wie wenn hin­sicht­lich der Ma­the­ma­tik eine Glau­bens­leh­re auf­ge­stellt würde.

Hie­ge­gen ließe sich nun aber ein­wen­den, daß zwar der Glau­be im­mer­hin mehr, und viel mehr, als die Phi­lo­so­phie leh­ren könne; je­doch nichts mit den Er­geb­nis­sen die­ser Un­ver­ein­ba­res: weil näm­lich das Wis­sen aus einem här­te­ren Stoff ist, als der Glau­be, so daß, wenn sie gegen ein­an­der sto­ßen, die­ser bricht.

Je­den­falls sind Beide von Grund aus ver­schie­de­ne Dinge, die, zu ihrem bei­der­sei­ti­gen Wohl, streng ge­schie­den blei­ben müs­sen, so daß jedes sei­nen Weg gehe, ohne vom an­dern auch nur Notiz zu neh­men. […] Glau­ben und Wis­sen ver­tra­gen sich nicht wohl im sel­ben Kopfe: sie sind darin wie Wolf und Schaaf in Einem Käfig; und zwar ist das Wis­sen der Wolf, der den Nach­bar auf­zu­fres­sen droht.

Aus: Ar­thur Scho­pen­hau­er: Parer­ga und Pa­ra­li­po­me­na, in: Ders.: Sämt­li­che Werke in 5 Bän­den, Stutt­gart und Frank­furt am Main (Insel) 1976, Bd. 4 und 5, hier: Bd. 5, S. 392f. und 428 (in Recht­schrei­bung und Zei­chen­set­zung nicht der heu­ti­gen Schreib­wei­se an­ge­passt).

Auf­ga­ben

Mar­kie­re die rich­ti­ge Ant­wort im Sinne des Tex­tes 3.1.; es kön­nen je­weils meh­re­re Ant­wor­ten rich­tig sein:

  1. Scho­pen­hau­er for­dert im Ver­hält­nis zwi­schen Phi­lo­so­phie und Re­li­gi­on…

    Schwarzes Kästchen I      …eine Vor­rang­stel­lung der Phi­lo­so­phie.

    Schwarzes Kästchen II    …eine ge­gen­sei­ti­ge Be­fruch­tung.

    Schwarzes Kästchen III   …eine strik­te Tren­nung.

    Schwarzes Kästchen IV   …einen Schutz der Re­li­gi­on durch die Phi­lo­so­phie.

  2. Glau­ben ist für Scho­pen­hau­er…

    Schwarzes Kästchen I ….etwas Über­flüs­si­ges, wenn alles ge­wusst wird.

    Schwarzes Kästchen II …etwas An­greif­ba­res.

    Schwarzes Kästchen III …etwas, das viel mehr bie­tet als blo­ßes Wis­sen.

    Schwarzes Kästchen IV …etwas, das über das Wis­sen hin­aus­geht.

  3. Als Be­din­gun­gen für den Glau­ben for­mu­liert Scho­pen­hau­er…

    Schwarzes Kästchen I …Wi­der­spruchs­frei­heit zu sich selbst.

    Schwarzes Kästchen II …Wi­der­spruchs­frei­heit zum Wis­sen.

    Schwarzes Kästchen III …Er­wei­te­rung über das Wiss­ba­re hin­aus.

    Schwarzes Kästchen IV …Er­wei­te­rung über das Sag­ba­re hin­aus.

Um­set­zungs­bei­spiel Re­li­gi­on und Re­li­gi­ons­kri­tik: Wo war Gott in Ausch­witz?: Her­un­ter­la­den [docx][3 MB]

Um­set­zungs­bei­spiel Re­li­gi­on und Re­li­gi­ons­kri­tik: Wo war Gott in Ausch­witz?: Her­un­ter­la­den [pdf][1 MB]