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Wachstum

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Beispiel: Wachstum in der DDR und BRD

  • Material

Veränderung der PKW-Produktion der BRD und DDR von 1950 bis 1974
(in Index-Zahlen, 1950=100)

 

Veränderung der Stahlproduktion der BRD und DDR von 1950 bis 1974
(in Index-Zahlen, 1950=100)

PKW-Produktion   Stahlproduktion

(nach: Zahlenspiegel. Ein Vergleich Bundesrepublik Deutschland / Deutsche Demokratische Republik. Bonn, 1976. S. 13)

  • Aufgabenvorschlag
    • Betrachten Sie die oben stehenden Statistiken. Notieren Sie Fragen, die Sie zu Form und Inhalt der Statistik haben. Diskutieren Sie Ihre Hypothesen zur Erklärung der Statistiken.
    • oder: Der ehemalige Forschungschef in der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik der DDR, Gerhard Heske, veröffentlichte 2005 neue Berechnungen zur wirtschaftlichen Entwicklung Ostdeutschlands von 1970-2000. Er behauptet, dass die DDR die BRD wirtschaftlich hätte überholen können, wenn die Mauer nicht gefallen wäre. Beurteilen Sie diese Behauptung mit Hilfe der Statistiken.
      (Hier könnte das Material um die unten abgedruckte Statistik ‚Produktion von Personenkraftwagen in der DDR und der Bundesrepublik Deutschland 1951-1958‘ ergänzt werden.)

Statistik und erster Aufgabenvorschlag nach einer Idee von: Dzubiel, Christine / Giesing, Benedikt: Sicher in der Oberstufe. Abi Workshop Geschichte. Stuttgart: Klett 2010. S. 74. (Die Statistik wurde korrigiert, neu berechnet und gestaltet, die Aufgabe leicht verändert.)

Kommentar zu Material und Aufgabenvorschlag:

  • Die Aufgabe ist geeignet, auf der Basis eines Vorwissens der Schüler zur DDR die Darstellung der Statistik und ihre Aussagen kritisch zu hinterfragen und Fragekompetenz zu fördern.

Die Statistik provoziert zunächst die Frage, ob die DDR-Wirtschaft leistungsfähiger war als die BRD-Wirtschaft, was zu einer genauen methodischen Untersuchung der Statistik führen muss. Die Frage nach den Indizes muss dabei genauso gestellt werden wie die Frage nach der Datenbasis oder einer eventuell manipulierenden Darstellung.
Inhaltlich wird sich daran anschließend z.B. die Frage nach der Qualität und Verteilung der Güter sowie nach der Kaufkraft der Bevölkerung stellen.
Die Statistik eignet sich auch als Einstieg , z.B. in das Thema „Westdeutschland überholen? – Anspruch und Wirklichkeit der Planwirtschaft in der DDR“ (vgl. Umsetzung für ein Kerncurriculum im Fach Geschichte, Standard Kursstufe (4-stündig) Beispiel 1: 3.3, 4. DS).

  • Die Darstellung ist irreführend. Da der Index für jedes Land unabhängig festgesetzt wird, sieht es so aus, als sei die DDR-Wirtschaft leistungsfähiger als die BRD-Wirtschaft. Tatsächlich wird aber nur die Veränderung, d.h. die Wachstumsrate ab 1950 verglichen. Außerdem suggeriert die Statistik ein völlig lineares Wachstum, da zwischen 1950 und 1974 keine weiteren Jahre ausgewiesen sind. Es ist nicht erkennbar, ob in diesen 24 Jahren tatsächlich immer die Wachstumsrate der DDR höher war oder ob es deutliche Einbrüche oder einen Boom der Produktion in einem der beiden Länder gegeben hat. Die Statistik stellt die Veränderung der Produktion so verkürzt und eindimensional dar, dass hier durchaus von einer manipulierenden Darstellung gesprochen werden kann. Darüberhinaus ist zu bedenken, dass auch die BRD mit dem Zahlenmaterial der DDR arbeiten musste, dessen Zuverlässigkeit nach heutigem Forschungsstand häufig schwer zu überprüfen ist.

Diese Statistik ist auch nicht im „Zahlenspiegel“ der Bundesrepublik von 1976 abgebildet. Dort wird jeweils die gesamte Produktion für BRD und DDR angegeben, so dass die deutliche Überlegenheit der BRD nie in Frage steht. Abwegig ist diese Darstellung dennoch nicht, da in den letzten Jahren die Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der DDR auch in Bezug auf ihre höheren Wachstumsraten diskutiert wird (s.o. alternativer Aufgabenvorschlag).

  • Grundsätzlich trifft die Aussage der Statistik zu:
    Nach dem „Zahlenspiegel“ von 1976 produzierte die BRD im Jahr 1950 ca. 30mal so viele PKW wie die DDR (BRD: 216 000, DDR: 7000), im Jahr 1974 nur noch knapp 17mal so viel (BRD: 2 575 000, DDR: 155 000).

Diese Zahlen werden durch andere Angaben tendenziell bestätigt, allerdings gibt es keine lineare Entwicklung. Nach den folgenden Daten produzierte die BRD im Jahr 1951 ca. 24mal so viele PKW wie die DDR, 1955 ca. 34mal so viel, 1956 ca. 24mal so viel und 1958 ca. 26mal so viel:

Produktion von Personenkraftwagen in der DDR und der Bundesrepublik Deutschland

Jahr

1951

1952

1953

1954

1955

1956

1957

1958

DDR

11.092

12.161

13.490

19.677

22.247

28.145

 35.597

38.422

BRD

268.323

 307.345

375.534

546.652

753.304

690.860

 780.152

996.131

(Quelle: Bauer, Reinhold: Pkw-Bau in der DDR. Zur Innovationsschwäche von Zentralverwaltungswirtschaften Frankfurt u.a., 1999. S. 65. Tabelle 2. und Oswald, Werner: Autos in Deutschland 1945-1966. Eine Typgeschichte. Stuttgart, 1966. S. 317f.)

http://projekte.geschichte.uni-freiburg.de/neutatz/automobile/Das%20Automobil%20in%20der%20DDR/ html%20Texte/industrie_b.htm 14.08.2010

Seherr-Thoss, H. C. Graf von: Die deutsche Automobilindustrie. Eine Dokumentation von 1886-1979. Stuttgart 21979. S. 633, nennt auf der Basis von Daten des Verbandes der Automobilindustrie für die BRD leicht abweichende Zahlen:

Jahr

1951

1952

1953

1954

1955

1956

1957

1958

BRD

267.376

301.089

369.140

518.190

705.418

847.829

958.970

1.180.738

Im Jahr 1980 produzierte die BRD nach Angaben des „Zahlenspiegel Bundesrepublik Deutschland / Deutsche Demokratische Republik – Ein Vergleich. Bonn 21982. S. 41“ nur noch ca. 20mal so viele PKW wie die DDR (3 530 000 zu 177 000;). Langfristig sinkt also die Wachstumsrate der BRD gegenüber der der DDR durchaus. Statt 30mal so vielen PKW wie im Jahre 1950 werden in der BRD jetzt nur noch 20mal so viele gebaut. Allerdings werden deutliche Schwankungen der Wachstumsraten sichtbar. Auch nach 1974 steigt die Wachstumsrate der BRD im Verhältnis zur DDR wieder an.