Goethe: „Faust“
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Würde man Faust mit heutigen moralischen Maßstäben lesen, dann würde nicht nur Margarete, die ihr Neugeborenes getötet hat, sondern Faust selbst vor Gericht landen. Er hat sich durch Tricks und Manipulation die Zuneigung einer 14-Jährigen erschlichen und sie ins Unglück gestürzt. In Goethes Drama wird Faust nicht zur Verantwortung gezogen. Doch mit moralischen Kriterien kommt man nicht weit, wenn man sich diesem kanonischen Drama der Weltliteratur annähern will. Zu komplex sind die Problemstellungen der Tragödie, zu tiefgreifend sind die Krisen, die Faust zu durchleben hat. Wie kaum eine andere Figur steht er für die Identitätssuche des modernen Subjekts, das einerseits versucht, durch das Studium religiöser Schriften und Naturwissenschaften Aufschluss über seine Position in der Welt zu finden, aber sich andererseits nach authentischen Erfahrungen jenseits des Buchwissens sehnt. Wie kaum eine andere Figur schwankt Faust zwischen dem Größenwahn des Menschen, der sich für den Herrscher der Welt hält (und sie dabei zerstört), und seinen allzu menschlichen Schwächen: der Angst vor den Naturgewalten und der fehlenden Kontrolle über Sehnsüchte und Begierden.
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