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In­halt

Zu Be­ginn des ers­ten Aktes des Dra­mas wer­den die Be­woh­ne­rin­nen und Be­woh­ner eines Ar­men­hau­ses in einem schle­si­schen Ge­birgs­dorf mit ihren Sor­gen und Kon­flik­ten sowie ihren der­ben Re­dens­wei­sen in na­tu­ra­lis­ti­scher Ma­nier vor­ge­stellt. Die At­mo­sphä­re ist ge­prägt vom Streit um Hab­se­lig­kei­ten, be­glei­tet von Ge­zänk und einem ge­gen­sei­ti­gen Sich-An­schwär­zen. In die­ses Ar­men­haus bringt in einer stür­mi­schen und eis­kal­ten Win­ter­nacht der Leh­rer Gott­wald das vom Wald­ar­bei­ter Sei­del in letz­ter Mi­nu­te ge­ret­te­te, hal­ber­fro­re­ne Kind Han­ne­le, das ge­ra­de ein­mal vier­zehn Jahre alt ist. Aus Angst vor ihrem Pei­ni­ger, dem trin­ken­den und ge­wal­ti­gen Stief­va­ter Mat­tern, hat das ver­zwei­fel­te Kind ver­sucht, sich im Schmie­de­teich zu er­trän­ken. An­ge­kom­men im Ar­men­haus neh­men sich der Leh­rer, Amts­vor­ste­her und Dok­tor sowie eine her­bei­ge­ru­fe­ne Dia­ko­nis­se ihres Lei­des an. Dass das Kind zum Bet­teln ge­schickt und vom Stief­va­ter ge­schla­gen wird, wenn es nicht genug Geld nach Hause bringt, ist im Dorf be­kannt. Es ist den An­we­sen­den je­doch schwer mög­lich, Nä­he­res zu sei­nem ver­such­ten Sui­zid aus sei­nem Mund zu er­fah­ren, da Han­ne­le aus Furcht vor dem Vater „stumm wie ein Lamm“ bleibt und auf Nach­fra­gen hin vor­gibt, Stim­men ge­hört zu haben und vom „liebe[n] Herr Jesus“ ins Was­ser ge­ru­fen wor­den zu sein. Nach­dem Han­ne­le in ihrem Lei­den über Mär­chen­ge­stal­ten wie Frau Holle, ihren trun­ke­nen Vater und ihre ver­stor­be­ne Mut­ter zu phan­ta­sie­ren be­ginnt, be­rich­tet sie der Schwes­ter Mar­tha davon, dass sie in den Him­mel kom­men will: ein Aus­druck ihrer aus­ge­präg­ten To­des­sehn­sucht bzw. ihrer kind­li­chen Sehn­sucht nach einem Wie­der­se­hen mit der ver­stor­be­nen Mut­ter. Als Schwes­ter Mar­tha kurz­zei­tig den Raum ver­lässt, er­schei­nen dem jun­gen Han­ne­le in sei­nen Traum­vi­sio­nen zu­nächst Fi­gu­ren aus ihrem Leben, die ihre pre­kä­ren so­zia­len Um­stän­de und ihre Ge­müts­la­ge spie­geln. Als ers­tes er­scheint ihr der be­trun­ke­ne und ge­walt­be­rei­te Vater mit einem Rie­men in der Hand,; er droht ihr mit Ge­walt und schürt er­neut sol­che Ängs­te, so dass das Kind in Ohn­macht fällt. Dar­auf folgt eine dif­fu­se Lie­bes­er­klä­rung an den Leh­rer Gott­wald im Ge­spräch mit der zu­rück­ge­kehr­ten Schwes­ter Mar­tha. Als aus­ge­mer­gel­te, „geis­ter­haf­te Frau­en­gestalt“ er­scheint Han­ne­le so­dann die ver­stor­be­ne Mut­ter. In der Vi­si­on des Kin­des wer­den auch die pa­ra­die­si­schen Um­stän­de und die Schön­heit der Mut­ter her­vor­ge­ho­ben. Als „Got­tes Pfand“ schenkt die Mut­ter Han­ne­le eine sinn­träch­ti­ge Blume, näm­lich den „Him­mels­schlüs­sel“, und pro­phe­zeit ihm Er­lö­sung durch Gott. Den ers­ten Akt be­schlie­ßen drei Engel, die als Boten eines neuen, himm­li­schen Rei­ches fun­gie­ren. Kon­tras­tie­rend hier­zu er­scheint Han­ne­le im zwei­ten Akt des Dra­mas „ein Engel mit schwar­zen Klei­dern und Flü­geln“ mit einem be­droh­li­chen Schwert, eine Fi­gu­ra­ti­on des Todes. Die von Han­ne­le emp­fun­de­ne Kälte, die von ihm aus­geht, löst in ihr ein „plötz­li­ches Grau­en“ aus. Aus­kunft über sein Wesen als Tod er­hält sie über eine ima­gi­nier­te Dia­ko­nis­sin „mit lan­gen wei­ßen Flü­geln“, die sie zu­gleich auf den Tod vor­be­rei­tet. Von einem ima­gi­nier­ten Dorf­schnei­der be­kommt sie eine fürst­li­che Braut­klei­dung, die sie als „Him­mels­braut“ schmü­cken soll. Neben dem Leh­rer Gott­wald be­se­hen im Traum­bild Schul­kin­der die Ver­stor­be­ne näher und kon­sta­tie­ren ihre Ver­wand­lung von der „Lum­pen­prin­zes­sin“, wie sie sie frü­her nann­ten, in eine wahre Prin­zes­sin. Ins­be­son­de­re der Leh­rer Gott­wald be­trau­ert ihren Tod und legt ihr Glo­cken­blu­men zu Füßen. Das im Ge­spräch mit Dorf­frau­en auf­kom­men­de Thema des Sui­zids als Tod­sün­de in kirch­li­cher Hin­sicht kon­tert der Leh­rer mit einem be­rühm­ten Bi­bel­zi­tat aus dem Mar­ku­sevan­ge­li­um „Las­set die Kind­lein zu mir kom­men“. Die Dorf­be­woh­ner be­mer­ken die Ver­wand­lung Han­neles von einem Bet­tel­kind zu einer Hei­li­gen und ver­dam­men zu­gleich den Stief­va­ter Mat­tern als Mör­der. Ab­schlie­ßend wird der Stief­va­ter mit einem so­ge­nann­ten Frem­den kon­fron­tiert, der An­kla­ge gegen ihn er­hebt, wor­auf­hin Mat­tern sein Ver­hal­ten un­ein­sich­tig ver­tei­digt, bis ihm seine Toch­ter im Sarg als Er­schei­nung vor Augen steht. Dies lässt ihn ver­zwei­feln und bringt ihn auf den Ge­dan­ken, sich auf­zu­hän­gen. Da­nach er­weckt der Frem­de, der Züge des Leh­rers Gott­wald trägt, Han­ne­le zum Leben und malt ihm das Pa­ra­dies, das ge­lob­te Land Zion, aus. Nach­dem die Engel ab­schlie­ßend Han­neles Ein­gang ins himm­li­sche Reich unter Har­fen­mu­sik be­sin­gen, wird der Blick wie­der auf die Rea­li­tät, das Ar­men­haus, ge­rich­tet, wo Dok­tor Wach­ler nur noch den Tod des armen, ver­küm­mer­ten Kin­des fest­zu­stel­len ver­mag.

Text­aus­ga­ben:

Ger­hart Haupt­mann: Han­ne­le Mat­terns Him­mel­fahrt. Ber­lin 1893. (Die Aus­ga­be von 1897 er­schien mit dem Ori­gi­nal­ti­tel des Dra­mas Han­neles Him­mel­fahrt.)

Ger­hart Haupt­mann: Han­neles Him­mel­fahrt. Traum­dich­tung in zwei Tei­len. Leip­zig 1942.

Ger­hart Haupt­mann: Han­neles Him­mel­fahrt. Traum­dich­tung in zwei Tei­len. In: Aus­ge­wähl­te Dra­men. Ber­lin 1956, Band II, 159-205.

Haupt­mann: „Han­ne­le“: Her­un­ter­la­den [pdf][173 KB]