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In­halt

Den In­halt von Kaf­kas Der Pro­cess wie­der­zu­ge­ben, ist auf­grund des frag­men­ta­ri­schen Sta­di­ums des Ro­mans zur Zeit sei­ner Ver­öf­fent­li­chung nur als Re­kon­struk­ti­on mög­lich. Die For­schung geht in­zwi­schen davon aus, dass Kafka zu­nächst das An­fangs- und Schluss­ka­pi­tel ver­fasst hat (Pas­ley 1995). Es könn­te sich bei die­sem Vor­ge­hen um eine Re­ak­ti­on auf die Er­fah­run­gen mit dem Ver­schol­le­nen ge­han­delt haben, den er nach ei­ge­ner Aus­sa­ge nar­ra­tiv „nicht mehr um­fas­sen“ und somit ab­schlie­ßen konn­te. Um­strit­ten ist die An­ord­nung der zwi­schen An­fang und Ende lie­gen­den Ka­pi­tel und Frag­men­te. Kafka hat meis­tens li­ne­ar ge­ar­bei­tet. Das be­deu­tet, man kann bei der Edi­ti­on des Ro­mans in vie­len Fäl­len nach den für die Edi­ti­on re­kon­stru­ier­ten Ok­tav­hef­ten des Ma­nu­skripts gehen. Auch las­sen sich aus der Text­lo­gik be­stimm­te An­ord­nun­gen aus­schlie­ßen.

Der Roman er­öff­net mit der Ver­haf­tung des Bank­pro­ku­ris­ten Josef K. am Mor­gen sei­nes 30. Ge­burts­ta­ges. K. ver­mu­tet Opfer eines Kom­plotts zu sein, denn er ist sich kei­ner Schuld be­wusst. Ver­geb­lich ver­sucht er von den bei­den Män­nern, die so un­ver­mit­telt in seine Pri­vat­sphä­re drin­gen, Aus­kunft über die Hin­ter­grün­de sei­ner Ver­haf­tung zu er­hal­ten. Beide zei­gen sich ah­nungs­los, ver­hal­ten sich aber auch über­grif­fig und un­pro­fes­sio­nell. Den­noch leis­tet K. kei­nen ernst­haf­ten Wi­der­stand, denn ihm wird von einem drit­ten Mann, dem Auf­se­her, mit­ge­teilt, dass er sich trotz der Ge­fan­gen­nah­me frei be­we­gen und sogar wei­ter­hin sei­nem Beruf nach­ge­hen kann. K. be­gibt sich dar­auf­hin in sein Büro. Als er am Abend in seine Woh­nung zu­rück­kehrt, spricht er noch kurz mit sei­ner Haus­wir­tin, die ihm ihre Un­ter­stüt­zung ver­si­chert. Bei Fräu­lein Bürst­ner, sei­ner Ne­ben­mie­te­rin, ent­schul­digt er sich für die von den Auf­se­hern ver­ur­sach­te Un­ord­nung in ihrem Zim­mer. Im Ver­lauf des Ge­sprächs spielt K. das vor­mit­täg­li­che Ge­sche­hen als Ko­mö­die nach. Bürst­ner und K. kom­men sich dabei auch kör­per­lich nahe. Am nächs­ten Tag wird K. te­le­fo­nisch für den nächs­ten Sonn­tag zu einer „klei­nen Un­ter­su­chung“ ge­be­ten. Eine Uhr­zeit wird nicht ge­nannt. Wie ver­langt, be­gibt er sich ei­ni­ge Tage spä­ter in eine der Vor­städ­te und ge­langt schließ­lich zu einer Adres­se, die au­gen­schein­lich keine be­hörd­li­che Funk­ti­on hat. Es han­delt sich um ein altes Miets­haus. Nach lan­ger Suche kommt K. in das Zim­mer eines Ge­richts­die­ners, von dem aus wie­der­um eine Tür in einen Ne­ben­raum führt. Dort er­war­tet K. be­reits ein voll­be­setz­tes Un­ter­su­chungs­ge­richt, das sich sei­ner Rechts­sa­che an­ge­nom­men hat. Eine grö­ße­re Men­schen­men­ge drängt sich in dem klei­nen Raum. K. hebt nun zu einer har­schen An­kla­ge gegen das un­pro­fes­sio­nel­le Vor­ge­hen und die Kor­rup­ti­on der Re­prä­sen­tan­ten des Ge­richts an. Im Pu­bli­kum stößt sein Han­deln teils auf Wi­der­spruch, teils auf Zu­stim­mung. Bevor K. seine Plä­doy­er be­en­den kann, wer­den alle An­we­sen­den durch un­zwei­deu­ti­ge Stöhn­ge­räu­sche eines Lie­bes­paa­res ab­ge­lenkt, so­dass die Wir­kung von K.s Rede ver­pufft. K. ver­lässt den Ort der Ver­hand­lung um­ge­hend. Eine Woche spä­ter be­gibt er sich noch ein­mal zum Schau­platz der Ver­hand­lung; er fin­det die­sen je­doch leer. Le­dig­lich die Frau, die K.s Rede durch das Lie­bes­spiel ge­stört hat, ist vor Ort. Sie ist mit dem Ge­richts­die­ner ver­hei­ra­tet, un­ter­hält of­fen­bar aber auch Af­fä­ren mit einem Stu­den­ten und dem Un­ter­su­chungs­rich­ter des Ge­richts. Auch an K. zeigt sie ero­ti­sches In­ter­es­se. Der Ge­richts­die­ner, der über die Un­treue sei­ner Frau ver­zwei­felt ist, führt K. dann auf den Dach­bo­den. Dort be­fin­den sich fast licht­lo­sen Kanz­lei­en mit lan­gen Holz­bän­ken für die Pö­ni­ten­ten, die trotz ihrer Zu­ge­hö­rig­keit zu den „obe­ren Klas­sen“ wie „Stra­ßen­bett­ler“ er­schei­nen. Die drü­cken­de At­mo­sphä­re und die schlech­te Luft füh­ren bei K. zu Schwin­del­an­fäl­len. Als K. am nächs­ten Tag in die Bank geht, öff­net er die Tür zu einer von ihm bis­lang un­be­ach­te­ten Rum­pel­kam­mer. Dort wird er Zeuge einer kör­per­li­chen Züch­ti­gung an den bei­den Voll­stre­ckungs­be­am­ten, die ihn ver­haf­tet haben. Der Voll­stre­cker gibt ihm zu ver­ste­hen, dass der Grund für die Züch­ti­gung K.s An­kla­ge vor dem Un­ter­su­chungs­ge­richt ge­we­sen sei. Als K. von Ge­wis­sen­bis­sen ge­plagt am nächs­ten Tag die Tür zur Kam­mer er­neut öff­net, fin­det er die Si­tua­ti­on un­ver­än­dert. Immer noch wer­den die bei­den nack­ten Wäch­ter ge­prü­gelt. K. schließt die Türe wort­los und ver­an­lasst eine Rei­ni­gung der Kam­mer. Am nächs­ten Tag er­hält er wäh­rend der Ar­beit über­ra­schend Be­such von sei­nem Onkel. Die­ser ist be­sorgt um den Ruf der Fa­mi­lie und bie­tet ihm seine Hilfe an. Ge­mein­sam su­chen sie den ein­fluss­rei­chen Ad­vo­ka­ten Huld, einen Freund des On­kels, auf, um ihn für die Ver­tei­di­gung K.s zu ge­win­nen. Ob­wohl Huld schwer krank ist, nimmt er sich der Sache K.s an. Zu­fäl­lig ist auch der Kanz­lei­di­rek­tor, ein wich­ti­ger Re­prä­sen­tant der Jus­tiz­be­hör­de, im Haus des Ad­vo­ka­ten an­we­send. Aus die­ser halb­pri­va­ten Kon­stel­la­ti­on hätte sich für K. eine güns­ti­ge Stra­te­gie ent­wi­ckeln las­sen. Al­ler­dings lässt sich die­ser von der jun­gen Haus­be­diens­te­ten Leni aus dem Be­spre­chungs­raum lo­cken und geht auf deren ero­ti­schen Avan­cen ein. So ver­säumt er das Ge­spräch der drei Her­ren, ein nur schwer zu recht­fer­ti­gen­des Ver­säum­nis. Huld nimmt das Man­dat den­noch an. Die lang­wie­ri­gen ju­ris­ti­schen Pro­ze­du­ren, die er in Gang setzt, tref­fen eben­so wenig wie die um­ständ­li­chen Er­klä­run­gen beim un­ge­dul­di­gen K. je­doch immer we­ni­ger auf Zu­stim­mung, so­dass er be­schließt, selbst aktiv in den Pro­zess ein­zu­grei­fen und eine Ver­tei­di­gungs­schrift zu ver­fas­sen. Von einem Fa­bri­kan­ten, der sich an K.s Pro­zess in­ter­es­siert zeigt, er­hält er den Tipp, einen Kunst­ma­ler na­mens Ti­torel­li, einen In­si­der des Pro­zess­ge­sche­hens, für seine Sache zu ge­win­nen. Trotz wich­ti­ger ge­schäft­li­cher Ter­mi­ne sucht K. un­ver­mit­telt Ti­torel­li auf. Die­ser emp­fängt ihn in einer Dach­man­sar­de, von der eine wei­te­re Tür di­rekt zu den Kanz­lei­en der obe­ren Rich­ter führt. Trotz Ab­len­kung durch neu­gie­ri­ge Mäd­chen, ver­mag es der Maler den­noch, ihm Hin­wei­se zu geben, wie er sich einer Ver­ur­tei­lung ent­win­den kann. K. ver­lässt den Maler und ent­schei­det sich, Huld seine Ver­tre­tung zu ent­zie­hen. Im Haus des An­walts be­geg­net ihm Kauf­mann Block, eben­falls ein An­ge­klag­ter, des­sen Pro­zess be­reits über fünf Jahre läuft. Als K. seine Kün­di­gung aus­ge­spro­chen hat, de­mü­tigt Huld Block, um K. seine Macht zu de­mons­trie­ren. Immer wie­der bringt sich auch Leni ins Spiel, die ihn um­schmei­chelt und lieb­kost und K. so von der kon­se­quen­ten Ver­fol­gung sei­nes An­lie­gens ab­bringt. An einem an­de­ren Tag wird K. vom Di­rek­tor sei­ner Bank ge­be­ten, einem wich­ti­gen ita­lie­ni­schen Ge­schäfts­kun­den ei­ni­ge Kunst­denk­mä­ler der Stadt zu zei­gen. Man ver­ab­re­det sich für den nächs­ten Mor­gen im Dom. Der Ita­lie­ner kommt je­doch nicht, statt­des­sen wird K. von einem Geist­li­chen, des­sen Be­we­gun­gen schat­ten­haft die sei­ni­gen wie­der­ho­len, in ein Ge­spräch ver­wi­ckelt. Der Geist­li­che er­zählt die Ge­schich­te eines Man­nes vom Lande, dem ein Tür­hü­ter über sein gan­zes rest­li­ches Leben hin­weg, den Ein­tritt in das „Ge­setz“ ver­wehrt. K. dis­ku­tiert mit dem Geist­li­chen über die Aus­le­gung der Ge­schich­te; er ver­steht je­doch den Zu­sam­men­hang mit sei­nem ei­ge­nen Pro­zess nicht. Am Vor­abend sei­nes 31. Ge­burts­tags, exakt ein Jahr, nach K.s Ver­haf­tung, wird K. von zwei Män­nern in Frack und Zy­lin­der ab­ge­holt, die ihn zu einem Stein­bruch füh­ren. Ein Mann in einem na­he­ge­le­ge­nen Haus be­ob­ach­tet sie. Nach­dem K. sich wei­gert, sich selbst mit einem Mes­ser zu töten, wird er er­würgt und stirbt „wie ein Hund“.

Text­aus­ga­ben (Hin­weis: Text­aus­ga­ben sind nur dann im Un­ter­richt ver­wend­bar, wenn sie der Fas­sung der Kri­ti­schen Kafka-Aus­ga­be (Hg. Koch, Neu­mann, Pas­ley,) fol­gen.):

Franz Kafka: Der Pro­cess: Roman. Text­aus­ga­be mit An­hang, An­mer­kun­gen und Nach­wort von Mi­cha­el Mül­ler. Stutt­gart 1998 (Re­clams Uni­ver­sal-Bi­blio­thek)

Franz Kafka: Der Pro­ceß: Roman (Ori­gi­nal­fas­sung),‎ Frank­furt/M., 2011 (Neu­aus­ga­be TB)

Franz Kafka: Der Pro­zeß. Text und Kom­men­tar. Frank­furt/ M. No­vem­ber 2009 (TB SBB 18)

Kafka: „Pro­zess“: Her­un­ter­la­den [pdf][252 KB]