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Tho­mas Mann: Mario und der Zau­be­rer (1930)

Emp­feh­lung für das Ba­sis­fach

Kurz­in­for­ma­ti­on

Schwarz-Weiß-Fotograftie von Thomas Mann am 20. April 1937

Tho­mas Mann 1937.​jpg, fo­to­gra­fiert von Carl Van Ve­ch­ten (Quel­le: Van Ve­ch­ten Collec­tion ), re­pro­duc­tion num­ber LC-USZ62-42522 DLC (b&w film copy neg.) [PD] via Wi­ki­me­dia

Im Zen­trum von Tho­mas Manns No­vel­le Mario und der Zau­be­rer ste­hen hoch­ak­tu­el­le The­men wie die Ma­ni­pu­la­ti­on der Masse durch eine (Ver-)Füh­rer­ge­stalt und die In­fra­ge­stel­lung der Wil­lens­frei­heit. Den Aus­gangs­punkt der No­vel­le bil­det die Reise eines un­be­kann­ten Ich-Er­zäh­lers mit sei­ner Fa­mi­lie nach Ita­li­en. Dort macht die klei­ne Rei­se­grup­pe un­an­ge­neh­me Er­fah­run­gen. Ob­wohl sie Stamm­gäs­te sind, wer­den sie wegen ihrer Her­kunft als Deut­sche von den Ein­hei­mi­schen un­ge­recht be­han­delt und dis­kri­mi­niert. Wegen der schlech­ten Er­fah­run­gen nimmt die Fa­mi­lie mit ge­misch­ten Ge­füh­len an einem merk­wür­di­gen Va­rietévor­stel­lung teil. Denn der Zau­be­rer Ci­pol­la un­ter­mi­niert durch ver­schie­de­ne Dar­bie­tun­gen pro­vo­ka­tiv die Wil­lens­frei­heit und Würde ein­zel­ner Zu­schau­er. Mit­tels be­stimm­ter Zau­ber­prak­ti­ken und hyp­no­se­ar­ti­ger Tech­ni­ken ver­lei­tet er die Pro­ban­den aus dem Pu­bli­kum zu un­ge­woll­ten Hand­lun­gen und de­gra­diert sie so zu Ma­rio­net­ten sei­ner Will­kür und Macht. Die An­fäl­lig­keit des Pu­bli­kums für Ci­pol­las Ma­ni­pu­la­tio­nen spie­gelt in po­li­ti­scher Hin­sicht die Ge­fähr­dung der Masse im Hin­blick auf fa­schis­ti­sche Herr­schafts­struk­tu­ren. Die in­ne­re Hal­tung des Ich-Er­zäh­lers zwi­schen fas­zi­nier­tem Zu­schau­er­sein/Mit­läu­fer­tum und (schein­bar) kri­ti­scher Be­ob­ach­tung, bleibt am­bi­va­lent, da er trotz sei­ner ge­misch­ten Ge­füh­le mit sei­ner Fa­mi­lie bis zur Be­en­di­gung der Vor­stel­lung bleibt. Es scheint so, als woll­ten die Zu­schau­en­den von einer mäch­ti­gen Füh­rer­fi­gur ver­führt wer­den. Als Fa­mi­li­en­va­ter und In­tel­lek­tu­el­ler scheint der Er­zäh­ler dem ma­ni­pu­la­ti­ven Zau­be­rer Ci­pol­la nichts ent­ge­gen­hal­ten zu kön­nen und ihn auch nicht auf­hal­ten zu wol­len. Eine ak­ti­ve Wi­der­stands­fi­gur ist dem­ge­gen­über der im Titel an­non­cier­te Kell­ner Mario, der nach sei­ner De­mü­ti­gung auf der Bühne den Zau­be­rer vor den Augen des Pu­bli­kums er­schießt. Die­ser bra­chia­le Be­frei­ungs­schlag deu­tet der Er­zäh­ler zu­letzt als „[e]in Ende mit Schre­cken, ein höchst fa­ta­les Ende. Und ein be­frei­en­des Ende den­noch […]“.

Text­aus­ga­be:

Tho­mas Mann: Mario und der Zau­be­rer. Ein tra­gi­sches Rei­se­er­leb­nis. Frank­furt am Main (Erst­druck 1930) 2010.

Mann: „Ma­ri­on und der Zau­be­rer“: Her­un­ter­la­den [pdf][176 KB]

Wei­ter zu In­halt