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Di­dak­ti­sche Hin­wei­se & Ver­net­zung

Di­dak­ti­sche Hin­wei­se

An­ge­sichts der Kom­ple­xi­tät der Auf­zeich­nun­gen ist es un­er­läss­lich, Schwer­punk­te zu set­zen und eine di­dak­ti­sche Re­duk­ti­on vor­zu­neh­men. The­men wie die Groß­stadt­er­fah­rung und das Er­le­ben der ei­ge­nen Kind­heit sind für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler leich­ter zu­gäng­lich als das poe­to­lo­gi­sche Pro­gramm oder die in­ter­tex­tu­el­len Be­zü­ge und Bil­dungs­re­mi­nis­zen­zen. Den­noch soll­te auf diese zen­tra­len As­pek­te nicht gänz­lich ver­zich­tet wer­den. Durch eine ex­em­pla­ri­sche Be­hand­lung aus­ge­wähl­ter Text­stel­len und wei­te­rer Texte kann ein grund­le­gen­des Ver­ständ­nis auch des poe­to­lo­gi­schen An­lie­gens und der exis­ten­ti­el­len The­ma­tik er­reicht wer­den.

Um die selb­stän­di­ge Lek­tü­re der Schü­le­rin­nen und Schü­ler vor­zu­ent­las­ten, ist es sinn­voll, den Er­zähl­be­ginn (1.-5. Auf­zeich­nung) vorab ge­mein­sam zu lesen und zen­tra­le As­pek­te wie die Groß­stadt­er­fah­rung und die Aus­wir­kun­gen auf Malte her­aus­zu­ar­bei­ten. Gut ana­ly­sie­ren lässt sich die Ril­kes Schreib­wei­se am Bei­spiel der Ein­lei­tungs­pas­sa­ge des Ro­mans (z.B. un­ver­mit­tel­ter Er­zähl­be­ginn, Rei­hungs­stil, Pa­ra­ta­xen, sach­li­che Dar­stel­lung, die Si­mul­ta­nei­tät dis­pa­ra­ter Ein­drü­cke). Wei­te­re Texte (auch ex­pres­sio­nis­ti­sche Ge­dich­te, z.B. Al­fred Lich­ten­stein: Sonn­tag­nach­mit­tag , 1912) und bild­li­che Dar­stel­lun­gen der Groß­stadt­er­fah­rung um die Jahr­hun­dert­wen­de kön­nen er­gänzt wer­den.

Für die Be­ar­bei­tung im Un­ter­richt emp­fiehlt es sich, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler die Auf­zeich­nun­gen durch­num­me­rie­ren (- und hier­bei auf ins­ge­samt 72 Auf­zeich­nun­gen kom­men, s. An­mer­kung 2).

Die 14. Auf­zeich­nung soll­te als nach­ge­hol­te Ex­po­si­ti­on ge­le­sen. Die The­ma­tik der For­de­rung nach einer neuen Dich­tung kann hier an­ge­bahnt wer­den. Im Zu­sam­men­hang mit Ril­kes und Mal­tes Kon­zept des sach­li­chen Sa­gens könn­ten Aus­zü­ge aus Ril­kes Cézanne-Brie­fen aus dem Jahre 1907 sowie Ge­mäl­de Cézan­nes zur Ver­an­schau­li­chung her­an­ge­zo­gen wer­den.

Die Her­aus­ar­bei­tung der Be­deu­tung der Fort­ge­wor­fe­nen für Malte und sein Ver­hält­nis zu die­sen, dürf­te kein Pro­blem für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler dar­stel­len. An­schlie­ßen könn­te man das Thema Tod und Ster­ben be­han­deln. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler soll­ten er­ken­nen, dass zwi­schen dem Ster­ben in der Groß­stadt und auf dem Land un­ter­schie­den wird (an­ony­mes Ster­ben vs. ei­ge­ner Tod) und dass Malte selbst von To­des­furcht ge­prägt ist.

In­ter­es­sant kann es für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler auch sein, die Be­deu­tung der Ge­spens­ter­ge­schich­ten zu er­fas­sen und zu er­ken­nen, dass hier die Ein­bil­dungs­kraft als schöp­fe­ri­sche Kraft, die nicht Vor­han­de­nes vor­stellt, her­aus­ge­stellt wird.

Im Zu­sam­men­hang mit der Be­hand­lung von Mal­tes Kind­heit sind ins­be­son­de­re auch die Er­fah­run­gen der Selbst­ent­frem­dung , die die­ser macht (vgl. die Hand-Ge­schich­te in der 30. Auf­zeich­nung, die Kos­tü­mie­rungs-Szene in der 33. Auf­zeich­nung), von Be­deu­tung.

Die Be­hand­lung von Bau­de­lai­res Ge­dicht Une cha­ro­gne (ein Aas) aus Les fleurs du mal (Die Blu­men desBösen)kann Mal­tes (und Ril­kes) poe­to­lo­gi­sches Pro­gramm ver­an­schau­li­chen. Zudem ler­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ein pro­gram­ma­ti­sches mo­der­nes Ge­dicht ken­nen und ge­win­nen einen Ein­blick in das für die Li­te­ra­tur der Jahr­hun­dert­wen­de be­deut­sa­me Kon­zept der Äs­the­tik des Häss­li­chen. An­hand des Ge­dichts kön­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler her­aus­ar­bei­ten, wie das Wi­der­wär­ti­ge (an­hand von ent­spre­chen­den Me­ta­phern) äs­the­tisch ver­füg­bar ge­macht wird.

In Bezug auf wei­te­re Bil­dungs­re­mi­nis­zen­zen könn­te für die Schü­le­rin­nen und Schü­ler v.a. die Dar­stel­lung Bet­ti­na von Ar­nims und ihres Brief­wech­sels mit Goe­the und Sap­phos und ihrer Schü­le­rin­nen in­ter­es­sant sein und das Kon­zept der in­tran­si­ti­ven Liebe ver­an­schau­li­chen.

Die Um­deu­tung der Le­gen­de vom ver­lo­re­nen Sohn kann im Ver­gleich mit der bi­bli­schen Vor­la­ge in­ter­pre­tiert wer­den.

Für die ei­ge­ne Vor­be­rei­tung kön­nen auch ein Blick in Ril­kes Buch über Rodin und die Worps­we­der Maler in­ter­es­sant sein.

Mit der Be­hand­lung der Auf­zeich­nun­gen ler­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler nicht nur einen, bzw. den ers­ten deut­schen und Ril­kes ein­zi­gen Roman ken­nen, der von der ZEIT und Le Monde in die Bi­blio­thek der 100 wich­tigs­ten Bü­cher der Welt­li­te­ra­tur auf­ge­nom­men wurde, son­dern ge­win­nen auch einen Ein­blick in die Li­te­ra­tur und Kunst der Jahr­hun­dert­wen­de.

Ver­net­zung

  • Li­te­ra­tur der Jahr­hun­dert­wen­de

  • Hugo von Hof­manns­thal: Ein Brief (1903)

  • Bau­de­lai­re: Une cha­ro­gne (Ein Aas) (1861)

  • Werke von Cézanne

  • Wolf­gang von Goe­the: Wer­t­her (1774)

  • Peter Hand­ke: Kas­par (1967)

  • Tho­mas Bern­hard: Der Kel­ler (1976)

Text­aus­ga­ben:

Man­fred Engel, Ul­rich Fül­le­born, Horst Na­lew­ski, Aus­gust Stahl (Hrsg.): Rai­ner Maria Rilke: Die Auf­zeich­nun­gen des Malte Lau­rids Brig­ge. Text und Kom­men­tar. Frank­furt a. M. 2000.

Schmidt-Berg­mann: (Hrsg.): Rai­ner Maria Rilke: Die Auf­zeich­nun­gen des Malte Lau­rids Brig­ge. Frank­furt a. M. 2000.

Rilke, Rai­ner Maria: Die Auf­zeich­nun­gen des Malte Lau­rids Brig­ge. Frank­furt a. M. 1982.

Text frei zu­gäng­lich z.B. bei Bi­blio­thek Gu­ten­berg: Pro­jekt Gu­ten­berg

Rilke: „Malte Lau­rids Brig­ge“: Her­un­ter­la­den [pdf][225 KB]