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Ver­tie­fung

A Der Stolz und seine Grün­de

Der ame­ri­ka­ni­sche Phi­lo­soph Do­nald Da­vid­son kom­men­tiert Humes Er­klä­rung des Stol­zes, indem er er­läu­tert, dass es sich um eine Art von Stolz hand­le, der am ehes­ten in Sät­zen wie dem fol­gen­den zum Aus­druck ge­bracht werde: »Sie war stolz dar­auf, dass sie zum Di­rek­tor ge­wählt wurde.«

Die Grund­struk­tur die­ses Ge­fühls sei dabei klar der­art, dass die Ur­sa­che des Stol­zes ers­tens aus einer das Selbst be­tref­fen­den Über­zeu­gung be­ste­he, wo­nach die­ses Selbst ein be­stimm­tes Merk­mal hat, und zwei­tens aus einer Fest­stel­lung der Bil­li­gung oder Ach­tung jeder Per­son, die die­ses Merk­mal auf­weist. Diese bei­den zu­sam­men er­ge­ben bzw. mün­den in die Selbst­bil­li­gung oder Selbst­ach­tung, die man nor­ma­ler­wei­se Stolz nennt.

Stolz als Selbst­bil­li­gung, lässt sich dann durch ein Ur­teil zum Aus­druck brin­gen, wo­nach man lo­bens­wert ist. Die Ur­sa­chen des Stol­zes sind dem­nach letzt­lich Ur­tei­le, die das Ur­teil, wel­ches mit dem Stolz iden­tisch ist, lo­gisch im­pli­zie­ren: Das Ur­teil Ich bin lo­bens­wert er­gibt sich aus der Über­zeu­gung, p ist die all­ge­mein lo­bens­wer­te Ei­gen­schaft einer Per­son und der Über­zeu­gung Ich habe die Ei­gen­schaft p.

Humes »dop­pel­te Be­zie­hung« der Vor­stel­lun­gen und Ein­drü­cke ist Do­nald Da­vid­son zu­fol­ge eine Art der Er­klä­rung der kau­sa­len und lo­gi­schen Be­zie­hun­gen zwi­schen dem Stolz und den Ein­stel­lun­gen und Über­zeu­gun­gen, auf denen er be­ruht.

Dar­aus, dass je­mand, der stolz ist, dass er eine be­stimm­te Ei­gen­schaft hat, hier­für Grün­de hat, gehe aber noch nicht her­vor, dass ein der­ar­ti­ger Stolz immer ver­nünf­tig sei. Denn das Ge­fühl des Stol­zes ist kri­ti­sier­bar. Doch müsse die Kri­tik Bezug neh­men auf die Ge­samt­kon­stel­la­ti­on aus Über­zeu­gung und Ein­stel­lung, die die un­mit­tel­ba­re Quel­le des Stol­zes sind.

Vgl. Do­nald Da­vid­son (2004/orig. 1976): Humes ko­gni­ti­ve Theo­rie des Stol­zes, in ders.: Hand­lung und Er­eig­nis, Frank­furt/Suhr­kamp, S. 384, 394, 396 f.

B Rin­der­rou­la­de & Prü­fung

Hilge Land­wehr und Chris­toph Dem­mer­ling ar­bei­ten in ihrem Hand­buch­ar­ti­kel über David Hume als Klas­si­ker der Emo­ti­ons­theo­rie an zwei Bei­spie­len her­aus, in­wie­fern die Be­ur­tei­lung von Ge­füh­len als an­ge­mes­sen oder un­an­ge­mes­sen vom Rah­men so­zia­ler Be­zie­hun­gen und von mit an­de­ren ge­teil­ten Wer­ten ab­hängt (vgl. Text Nr. 7). Wenn je­mand z.B. Rin­der­rou­la­den mag und sie selbst gut zu­be­rei­ten kann, wird er dar­auf stolz sein – und das Ge­fühl wird durch das Lob oder die Be­geis­te­rung mit­ge­nie­ßen­der Gäste evtl. mit­er­zeugt und be­stärkt wer­den; um­ge­kehrt würde durch ihr evtl. Ur­teil, das Rou­la­den­ge­richt sei un­ge­nieß­bar, ja ekel­haft das Ge­fühl des Stol­zes ir­ri­tiert oder re­vi­diert wer­den. „Damit Dinge oder Ei­gen­schaf­ten zum An­lass für Stolz wer­den kön­nen, müs­sen sie auch von an­de­ren ge­schätzt wer­den. Wel­che Dinge und Ei­gen­schaf­ten im Ein­zel­nen ge­schätzt wer­den und Stolz aus­lö­sen kön­nen, hängt von den Wer­ten ab, die in­ner­halb eines be­stimm­ten so­zia­len Mi­lieus ge­teilt wer­den.“ Es wäre un­ver­ständ­lich, wenn je­mand stolz dar­auf wäre, durch eine Prü­fung ge­fal­len zu sein, denn Stolz als an­ge­neh­mes Ge­fühl be­zo­gen auf sich selbst ist nur dann an­ge­mes­sen, wenn der Sach­ver­halt oder der Ge­gen­stand, auf den er sich be­zieht als all­ge­mein er­freu­lich an­ge­se­hen wird.

Vgl. Chris­toph Dem­mer­ling und Hilge Land­wehr (2008/2012): Hume: Natur und so­zia­le Ge­stalt der Af­fek­te, in Hilge Land­wehr und Ur­su­la Renz (Hrsg.) Hand­buch klas­si­sche Emo­ti­ons­theo­ri­en. Von Pla­ton bis Witt­gen­stein, Ber­lin/Bos­ton, De Gruy­ter, S. 371 - 412

Phi­lo­so­phie der Ge­füh­le: Her­un­ter­la­den [docx][88 kB]

Phi­lo­so­phie der Ge­füh­le: Her­un­ter­la­den [pdf][323 kB]