Didaktische Hinweise
Für das Thema Markov-Ketten sind in diesem Vorschlag etwa vier Doppelstunden vorgesehen. Im Zentrum stehen Wartezeiten bis zum Auftreten eines Treffers, Doppeltreffers bzw. eines bestimmten Musters bei einer Folge unabhängiger Bernoulli-Versuche.
Die Arbeitsblätter sind so konzipiert, dass sich die SuS die Inhalte weitgehend selbständig erarbeiten können. Auch ausführliche Lösungsblätter stehen zur Verfügung. Dies dürfte insbesondere für jahrgangsübergreifende Kurse interessant sein. Jedes Arbeitsblatt besteht aus einem Erarbeitungs- und einem Aufgabenteil. Anstatt den Erarbeitungsteil die SuS alleine bearbeiten zu lassen, können diese Inhalte natürlich auch im Unterrichtsgespräch oder mit einer anderen Methode behandelt werden.
Als Einstieg bietet sich die Frage nach dem Warten auf die erste Sechs beim Würfeln an (vgl. Mensch-ärgere-dich-nicht). Dies führt zur Definition einer geometrisch verteilten Zufallsgröße. Neu für die SuS ist, dass diese Zufallsgröße (abzählbar-)unendlich viele Werte annehmen kann. Somit treten unendliche Reihen auf, zunächst beim Nachweis, dass es sich um eine Wahrscheinlichkeitsverteilung handelt, dann insbesondere bei der Bestimmung des Erwartungswerts. Insofern empfiehlt es sich, diese Unterrichtseinheit erst zu behandeln, nachdem die SuS mit Reihen etwas vertraut sind. Vor allem die geometrische Reihe wird an mehreren Stellen zugrunde gelegt. Wir verweisen hier auf unsere Materialien zum Thema Taylor- Reihen.
In der zweiten Doppelstunde werden anhand des Wartens auf den ersten Doppeltreffer Markov-Ketten eingeführt und anhand von Beispielen geübt. Wichtig sind hierbei die Zustandsgraphen, mit denen sich Markov-Ketten veranschaulichen lassen. Sie werden im Folgenden im Zusammenhang mit dem bedingten Erwartungswert benutzt. Dieser wird anknüpfend an die den SuS aus dem Mathematikunterricht der Klasse 9 bekannte bedingte Wahrscheinlichkeit thematisiert. Wichtig ist hierbei – wie auch beim Erwartungswert selbst – die Interpretation dieses Werts, um eine Grundvorstellung zu bekommen. Da der bedingte Erwartungswert ein wichtiger Begriff und zusammen mit der Formel vom totalen Erwartungswert ein nützliches Mittel ist, um („normale“) Erwartungswerte zu bestimmen, werden verschiedene Beispiele betrachtet. Der Unterrichtsgang verlässt hier zeitweise den engen Bezug zum Warten auf Muster in einer Folge unabhängiger Bernoulli-Versuche.
In der dritten Doppelstunde wird die Formel vom totalen Erwartungswert hergeleitet. Zunächst wird die Formel von der totalen Wahrscheinlichkeit an einem Beispiel eingeführt und dann allgemein bewiesen. Obwohl diese einen grundlegenden stochastischen Zusammenhang beschreibt, wird sie den meisten SuS vermutlich unbekannt sein. Die Formel von der totalen Wahrscheinlichkeit an dieser Stelle zu thematisierenist jedoch aus mehreren Gründen empfehlenswert. Erstens ist sie bei vielen Fragestellungen hilfreich, um die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses zu bestimmen, indem man es in Teilereignisse zerlegt, deren Wahrscheinlichkeiten einfacher bestimmt werden können. Insofern liefert sie allein schon einen Beitrag zur stochastischen Bildung. Zweitens sind die Struktur der Formel vom totalen Erwartungswert und das Vorgehen bei ihrer Anwendung einfacher zu verstehen, wenn man die Entsprechungen bei der Formel von der totalen Wahrscheinlichkeit bereits kennengelernt hat. Drittens gibt es einen lehrreichen Zusammenhang mit den Baumdiagrammen (vgl. Aufgabe 2).
In den Beweis der Formel vom totalen Erwartungswert fließen eine Reihe von Vorkenntnissen ein und es kommt auf die exakte Schreibweise der Summen und der jeweiligen Indizes an. Es empfiehlt sich deshalb, diesen im Unterrichtsgespräch zu führen.
Schließlich werden die Zustandsgraphen und die Formel für den totalen Erwartungswert benutzt, um Erwartungswerte für Wartezeiten auf bestimmte Muster in einer Folge unabhängiger Bernoulli-Versuche zu bestimmen. Damit wird an die Leitfrage aus den ersten beiden Doppelstunden angeknüpft. Zunächst wird der Erwartungswert der Zufallsgröße bestimmt, die die Anzahl der Versuche bis zum ersten Doppeltreffer zählt. Es schließt sich der Erwartungswert beim Warten auf den ersten Tripeltreffer an. In den Aufgaben werden dann weitere Muster betrachtet.
Auf den ersten Blick verblüffend ist das Ergebnis, dass beim wiederholten Werfen einer Münze der Erwartungswert beim Warten auf Zahl-Wappen vier, beim Warten auf Zahl-Zahl jedoch sechs beträgt, obwohl die Ergebnisse Zahl und Wappen gleichwahrscheinlich sind.
Wir sprechen von Wartezeiten bei einer Folge unabhängiger Bernoulli-Versuche, meistens wird hier der Begriff Bernoulli-Kette verwendet. Allerdings assoziieren SuS bei einer Bernoulli-Kette eine feste Länge, hier wird jedoch nach Auftreten des gewünschten Musters abgebrochen, d.h. die Länge der Kette ist bei jeder Durchführung unterschiedlich. Alternativ könnte man Bernoulli-Ketten mit abzählbar-unendlicher Länge betrachten. Beides ist u.E. für die SuS nicht hilfreich. Deshalb wird der Begriff Bernoulli-Kette weitgehend vermieden. Außerdem ist das Bild einer Kette an sich nicht suggestiv. Da Glieder einer Kette ineinandergreifen, könnte es dahingehend (fehl-)interpretiert werden, dass die einzelnen Bernoulli-Versuche voneinander abhängig seien.
Grundlage für die Erstellung der Arbeitsblätter waren Materialien von Herrn Prof. Dr. Norbert Henze (KIT Karlsruhe), ihm danken wir auch herzlich für die fachliche Beratung. Seine Materialien sind sehr gut für eine Einarbeitung in die fachwissenschaftlichen Hinter- gründe des Themas geeignet. In seinem Buch Stochastik für Einsteiger. Eine Einführung in die faszinierende Welt des Zufalls, inzwischen in der 12. Auflage bei Springer Spektrum erschie- nen, finden sich Grundlagen zu den Themen geometrische Verteilung, bedingte Wahrschein- lichkeiten, bedingte Erwartungswerte und Warten auf Muster bei Bernoulli-Versuchen. In seinem Artikel Muster in Bernoulli-Ketten, erschienen in der Zeitschrift Stochastik in der Schule im Jahr 2000 (Heft 21, Seiten 2 bis 20), wird das Warten auf Muster mithilfe von Mar- kov-Ketten beschrieben und die zugehörigen Erwartungswerte werden unter anderem mit- hilfe bedingter Erwartungswerte und der Formel vom totalen Erwartungswert bestimmt. Au- ßerdem werden noch weitere Muster betrachtet.
Für die fachlichen Einarbeitung in die Themen der Unterrichtseinheit ist auch der YouTube- Kanal von Herrn Henze sehr empfehlenswert. Dort finden sich viele Videos zu stochastischen Themen, für hier besonders relevant sind:
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Geometrische Verteilung
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Formel von der totalen Wahrscheinlichkeit:
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Muster in Bernoulli-Versuchen: Erwartungswerte I
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Muster in Bernoulli-Versuchen: Erwartungswerte II
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Doppeltreffer bei Bernoulli-Versuchen und die Fibonacci-Zahlen
Didaktische Hinweise: Herunterladen [pdf][183 KB]
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