Zur Haupt­na­vi­ga­ti­on sprin­gen [Alt]+[0] Zum Sei­ten­in­halt sprin­gen [Alt]+[1]

My­thos im Bild

In­fo­box

Diese Seite ist Teil einer Ma­te­ria­li­en­samm­lung zum Bil­dungs­plan 2004: Grund­la­gen der Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung. Bitte be­ach­ten Sie, dass der Bil­dungs­plan fort­ge­schrie­ben wurde.

Der ju­gend­li­che He­ra­kles er­schlägt sei­nen Leh­rer Linos
Eher lose an die Lek­ti­on an­ge­schlos­sen ist eine Bild­be­trach­tung, die mit einer Lü­cken­übung kom­bi­niert ist, wel­che die neu ge­lern­ten For­men von εἶναι  trai­niert. Auf der Au­ßen­sei­te einer Trink­scha­le aus dem frü­hen 5. Jahr­hun­dert be­droht der ju­gend­li­che He­ra­kles sei­nen Leh­rer Linos, den Bru­der des Or­pheus, beim Mu­sik­un­ter­richt (um ihn im nächs­ten Mo­ment zu er­schla­gen).

Bild­be­schrei­bung:
Zu­nächst sol­len die S – am bes­ten als Un­ter­richts­ein­stieg – die Ab­bil­dung be­schrei­ben: Eine ju­gend­li­che un­be­klei­de­te Per­son (ohne Bart!) hält mit dem Arm eine äl­te­re (bär­ti­ge!) Per­son fest und be­droht diese mit einem Stuhl­bein. Die bär­ti­ge Per­son hält in der Rech­ten eine Lyra (gut lässt sich der Schild­krö­ten­pan­zer er­ken­nen, aus dem der Klang­kör­per ge­fer­tigt ist) und ver­sucht, mit dem lin­ken Arm den An­grei­fer ab­zu­weh­ren. Die Über­res­te des zer­bro­che­nen Stuhls be­fin­den sich hin­ter dem aufs Knie ge­sun­ke­nen Leh­rer. Die um­ste­hen­den, eben­falls ju­gend­li­chen Per­so­nen heben er­schro­cken die Arme und wen­den sich zur Flucht, wie die Fuß­stel­lung zeigt; die rech­te Per­son ver­weist hilf­los auf das Ge­sche­hen. Vor der Per­son ganz links ist eine Schreib­ta­fel zu er­ken­nen. – Hier soll­te der L zu ge­nau­er Be­ob­ach­tung und In­ter­pre­ta­ti­on der Hal­tun­gen und Ges­ten an­lei­ten, die ty­pisch für die Iko­no­gra­phie auf Vasen sind.

Zwei Schwie­rig­kei­ten soll­te der L bei der Be­spre­chung be­rück­sich­ti­gen: 1) Nichts deu­tet auf dem Bild dar­auf hin, dass es sich um einen My­thos han­delt (aber es er­schla­gen eben nur Hel­den ihre Mu­sik­leh­rer). 2) Für die S ist si­cher die Nackt­heit pro­ble­ma­tisch; diese ist wohl durch den Sym­po­si­ons­kon­text der Trink­scha­le und die damit ver­bun­de­ne vi­ri­le Ero­tik er­klär­bar.

In einem zwei­ten Schritt sol­len die S Ver­mu­tun­gen über die dar­ge­stell­te Szene an­stel­len. Durch eine Bün­de­lung der Be­ob­ach­tun­gen und pas­sen­de Im­pul­se (Schreib­ta­fel; meh­re­re Jun­gen mit einem äl­te­ren Mann) soll­ten sie dar­auf kom­men, dass es sich um eine Szene aus dem Schul­un­ter­richt han­delt. Auch Ver­mu­tun­gen dar­über, was den Jun­gen so in Rage ver­setzt, kön­nen hier an­ge­stellt wer­den.

Zwie­späl­tig­keit des Hel­den:
An­schlie­ßend in­for­miert der L über die Iden­ti­tät des ju­gend­li­chen Wü­te­richs: Es han­delt sich um den jäh­zor­ni­gen Schü­ler He­ra­kles, der sei­nen Leh­rer Linos aus Zorn über des­sen Kri­tik er­schlug und zur Stra­fe für diese Tat von sei­nem (Stief-)Vater Am­phi­try­on zu den Hir­ten in die Berge ge­schickt wurde. Für eine ver­tie­fen­de Aus­ein­an­der­set­zung mit einem ty­pi­schen my­thi­schen Hel­den ist es auf­schluss­reich, die ver­schie­de­nen Sei­ten des He­ra­kles zu the­ma­ti­sie­ren: Er ist nicht nur ein strah­len­der Held, der – wie in W 2 mit der Be­sei­ti­gung der Hydra – den Men­schen hilft, son­dern ihm ist auch eine ‚dunk­le‘, un­be­herrsch­te We­sens­art zu­ei­gen, die er im Laufe sei­nes Le­bens erst all­mäh­lich zu zü­geln lernt – eine Er­fah­rung, wel­che pu­ber­tie­ren­den S si­cher gut ver­ständ­lich ist.

Im zwei­ten Schritt sol­len die S aus­ge­hend vom zuvor ge­won­ne­nen Ver­ständ­nis der Hand­lung auf dem zu­ge­hö­ri­gen Ar­beits­blatt die pas­sen­den For­men von εἶναι in eine Co­mi­cver­si­on ein­set­zen, wel­che die Hand­lung zum Leben er­weckt. In die­ser durch­aus kom­ple­xen Auf­ga­be soll die Fä­hig­keit trai­niert wer­den, das Ver­ständ­nis einer Hand­lung in rich­ti­ge gram­ma­ti­sche For­men um­zu­set­zen. – Diese Ver­bin­dung von Bild­ver­ste­hen und Gram­ma­tik- sowie Text-Ver­ständ­nis wird in um­ge­kehr­ter Rei­hen­fol­ge in L. 31 trai­niert, wo die S aus­ge­hend von der Er­gän­zung und Über­set­zung eines grie­chi­schen Tex­tes ein Va­sen­bild be­schrei­ben sol­len.

LI­TE­RA­TUR:

  • Alas­ta­ir Blans­hard 2006: Her­ku­les. Aus dem Leben eines Hel­den, Ber­lin, 47-52.
  • Leo­no­re Jahn/Karin Rich­ter 2011: He­ra­kles. Grie­chi­sche My­tho­lo­gie in Bil­dern und Sze­nen. Mo­del­le und Ma­te­ria­li­en für den Li­te­ra­tur­un­ter­richt (Klas­se 3 bis Klas­se 7) (Bil­der er­zäh­len Ge­schich­ten – Ge­schich­ten er­zäh­len zu Bil­dern 12/2), Balt­manns­wei­ler, 10f, 52f.