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Kamera

Folgende Eigenschaften sollten auf jene Schüler/innen zutreffen, die sich als Kameraleute versuchen wollen:

  • Sie sind bereit, nach Anweisung Bilder einzufangen.
  • Sie haben keine Scheu vor technischen Geräten.
  • Sie können sich gut auf die Ideen anderer einlassen.
  • Sie haben ein gutes Gefühl für ästhetische Aufnahmen und schauen gerne Filme.
  • Sie können gut im Team arbeiten.

Grundlagen der Kamerabedienung1

Vor dem Dreh sollten Sie einige Grundeinstellungen und Funktionen der Kamera kennen, ausprobieren oder in der Bedienungsanleitung nachschlagen. Um typische Fehler zu vermeiden, ist hier eine Liste wichtiger Schlagworte und Hinweise:

  • Anschlüsse: prüfen Sie, ob sich der Schnittcomputer mit dem Ausgang des Aufnahmemediums verbinden lässt (z.B. MiniDV Kassette => Firewire; SD-Card => USB).
  • Fernbedienung : für Stopmotionaufnahmen verwenden, damit sich der Ausschnitt nicht verschiebt.
  • Format : viele Computer sind für den HD-Schnitt (High Definition), vor allem im AVCHD-Format, noch nicht gerüstet. Meist kann man die Auflösung vor der Aufnahme wählen (siehe Bedienungsanleitung). Problematisch können Aufzeichnungen mit Handys oder Digitalfotoapparaten werden, da diese oftmals mit speziellen Dateiformaten arbeiten. Für HD-Material braucht man einen sehr schnellen Computer und ein passendes Schnittprogramm. Wenn man beides hat oder das Material nur archivieren will, ist eine hohe Auflösung besser.2
  • Indexcodierung : das Band vor der ersten Aufnahme für den Film erst ohne Unterbrechung „blind“ bespielen, damit der Timecode (die Zeitanzeige) durchgängig ist.
  • Kameraeffekte: Titel, Verfremdungen usw. sollten erst beim Schnitt eingefügt werden, da sich die Bilder später nicht mehr in den Originalzustand zurückversetzen lassen.
  • Manueller Fokus : von Hand eingestellte Scharfstellung. Diese verhindert, dass die Kamera selbst stets auf den Bildmittelpunkt fokussiert. Beispiel: viele bewegte Motive sind im Bild zu sehen und man möchte eine bestimmte Entfernung scharf stellen, ohne dass die Kamera ständig nachkorrigiert.
  • Seitenverhältnis : dies ist oft wählbar ( 16:9 oder 4:3 ). Daher sollte man darauf achten, dass bei allen Aufnahmen zu einem Projekt immer das gleiche Format eingestellt ist.
  • Sicherheit : die Kamera vor dem Herumtragen immer vom Stativ abnehmen, Kabel sichern, Objektivdeckel beim Einpacken verwenden, Gurte verwenden.
  • SP (shortplay): außer bei extrem langen Zeitrafferaufnahmen nicht auf LP (longplay) schalten.
  • Speichermedium: bei Hybridkameras kann man zwischen verschiedenen Datenträgern (DVD, SD-Karte, Band …) wählen. Entsprechend können sich Anschlüsse, Qualität und Aufnahmedauer unterscheiden.3
  • Stativ: sorgt für ruhigere, hochwertigere Bilder. Wenn ohne Stativ gefilmt wird und man rückwärts gehen muss (oder bei engen Gängen): eine Person zur Hilfe nehmen, die einen führt.4
  • Sucher : braucht weniger Strom als das Display. Bei hellem Umgebungslicht ist das Displaybild außerdem meist schlecht zu sehen. Achtung : Display und Sucher zeigen 3-5% weniger, als die Kamera tatsächlich aufnimmt. Auch Farben, Schärfe und Kontraste können stark verändert dargestellt sein. Daher am besten vorher Testaufnahmen machen und die Darstellung auf dem Computer/ Fernseher mit der des Suchers oder des Displays vergleichen. Sucher und Display können mit Hilfe eines externen Kontrollmonitors (z.B. TV-Gerät) exakt justiert werden Pfeil Optimale Bildkontrolle.
  • Weißabgleich : Bestimmung des korrekten Weißwertes in einer Lichtsituation. Die Kamera macht dies im Automatikmodus selbst. Wer hohe Ansprüche hat, kann in Lichtsituationen, in denen der automatische Weißabgleich nicht so gut funktioniert, einen manuellen Weißabgleich durchführen. Beispiele: wenn eine Farbe stark dominiert (Meer), Nahaufnahmen, häufig wechselnde Lichtverhältnisse und künstliche Beleuchtung.
  • Zoom : man unterscheidet zwischen optischer und digitaler Vergrößerung. Digitale Vergrößerungen bewirken eine Verschlechterung der Bildqualität und sollten daher vermieden werden.

Kameraführung

Kameramänner und Kamerafrauen haben die Aufgabe, bewegte Bilder möglichst entsprechend der Storyboardvorlage und der Regieanweisungen einzufangen. Dabei bringen sie auch eigene Gestaltungsideen in den Film mit ein, da sie sich mit den technischen und gestalterischen Möglichkeiten der Kamera besonders gut auskennen.

Dabei gilt allerdings: Kamera, Licht und Ton arbeiten Hand in Hand und das letzte Wort hat die Regie.

Wer gute bewegte Bilder gestalten möchte, kann sich an ein paar Grundregeln halten. Natürlich sind diese Regeln keine allgemeingültigen Rezepte, aber sie helfen dem Zuschauer, Stimmungen im Film leichter zu erfassen und die Bedeutung der Bilder besser zu verstehen.

1. Aufmerksamkeit und Wahrnehmung

Kamera

Abbildung: C. Kreuzer 2008 [ C ] via Isabelle Evers

Bilder wirken über ihre Grenzen hinaus. Das heißt, dass angeschnittene Menschen, Objekte oder Umgebungen vom Betrachter ergänzt werden. Dadurch werden Bilder spannender und der Zuschauer ist dazu gezwungen, bei der Betrachtung mitzudenken5 . Beim Bild rechts fragt sich der Zuschauer, wie wohl der Rest der Person aussehen mag, die hier Gitarre spielt und stellt sich diese vor.

Besonders wichtig ist beim Filmen auch die Blickführung des Betrachters. Wir sind von Natur aus darauf ausgerichtet, vorwiegend Bewegungen und schnelle Veränderungen wahrzunehmen, langsame hingegen nicht6. Daher kann es passieren, dass schnell laufende Menschen im Hintergrund vom eigentlichen Geschehen einer Szene ablenken. Genauso lenken Blicke, Linien (Treppengeländer, Straßen …), Lichtspiegelungen, intensive Farben oder am Bildrand auftauchende Objekte die Aufmerksamkeit des Betrachters. Diese Elemente kann man absichtlich in eine Aufnahme einbauen, wenn man möchte, dass der Zuschauer sich besonders auf einen Bereich des Bildes konzentriert.

Beispiel: bei den meisten Filmen werden die Aufnahmen so hintereinander angeordnet, dass der Betrachtungsschwerpunkt nahtlos ineinander übergeht. Muss der Betrachter zwischen den Achsen des Bildes hin und her springen, kann es passieren, dass er Teile der Handlung verpasst.

2. Aufnahmewinkel

  • Die Froschperspektive/Untersicht drückt Überlegenheit einer Person aus/lässt Gebäude mächtiger und Landschaften unübersichtlicher wirken.
  • Die Bauchhöhe betont die Perspektive von Kindern, visualisiert Unterlegenheit des Betrachters, lässt Personen überlegen wirken.
  • Auf der Augenhöhe sind Betrachter und Filmprotagonist auf einer Ebene. Das wirkt neutral und sachlich bzw. erweckt Vertrauen.
  • Die Vogelperspektive , also das Filmen weit über der Augenhöhe der Personen im Bild, verschafft Überblick und Distanz.
  • Die subjektive Kamera nimmt Bilder aus der Sicht eines der Filmcharaktere auf. Dies ermöglicht dem Zuschauer, sich in die Figur hineinzuversetzen und Situationen aus dessen Perspektive zu erleben. Hier wird in der Regel kein Stativ verwendet7.

3. Bewegungen

  • Kamerafahrten: Kamerafahrten werden in der Filmindustrie oft mit Kränen oder Wagen durchgeführt. In solchen Aufnahmen bewegt sich die Kamera selbst. Beispielsweise begleitet sie eine laufende Person, verfolgt ein Auto oder taucht von oben in eine Gasse zwischen Häuserblocks ein. Viele dieser Möglichkeiten sind mit einem großen technischen Aufwand verbunden. Man kann aber mit einigen Tricks (Kamera auf einen Rollwagen schnallen, beim Fahrradfahren auf einem Rucksack befestigen usw.) auch mit einfachen Mitteln Kamerafahrten machen.
  • Schwenks: die Kamera dreht sich auf der eigenen Achse (z.B. auf dem Stativ). Es entsteht der Eindruck, als würde man sich umdrehen oder umschauen. So kann man Personen oder Objekte ins Bild hinein oder an der Kamera vorbeilaufen lassen oder es wird ein größerer Ausschnitt eines Schauplatzes abgetastet. Wichtig ist bei Schwenks immer, dass man das Ende des Schwenks plant. Der Schwerpunkt der Aufnahme liegt nämlich meist dort, wo der Schwenk aufhört und sollte nicht im Nichts enden.
  • Zoom: ein Zoom lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachters auf ein Detail oder gibt Stück für Stück mehr Informationen über die Umgebung eines anfangs gezeigten Ausschnitts preis. Wenn man von einer weiten Ansicht auf einen Detailausschnitt im Bild zoomt, nennt man das „zoom-in“, umgekehrt “zoom-out“. Da der Mensch an Objekte, die er näher betrachten möchte, nicht heranzoomen kann, sondern dafür näher an das Objekt herantreten müsste, sollte man mit Zooms spärlich umgehen. Filme, in denen in solchen Fällen direkt das nahe an das weite Bild geschnitten wird, oder in denen in diesem Fall Kamerafahrten verwendet werden, wirken oft professioneller.

4. Bewegungen im Bild folgen

Wenn sich Personen und Objekte im Bild bewegen, sollten sie richtig im Bild positioniert sein.

Kamera

[ C ] Isabelle Evers

Der Noseroom ist „der Bereich eines Bildes zwischen der Bildkante und dem Gesicht einer abgebildeten Person im (Halb-) Profil"8. In Bewegungs- oder Blickrichtung eines Menschen sollte immer etwas Raum gelassen werden, da es sonst so wirkt, als liefe er gegen eine Wand. Das Gleiche gilt für Autos oder andere Objekte in Bewegung. Damit eine Person sich nicht den Kopf am oberen Rand des Bildes „anstößt“, lässt man auch über dem Kopf etwas Platz, wenn sie nicht ohnehin angeschnitten ist. In diesem Fall sollte ebenfalls Raum hinter ihr gelassen werden, da sonst der Eindruck entsteht, als sei sie ins Bild gequetscht.

Hinweise

Um beunruhigende oder irritierende Gefühle zu erwecken, kann man die soeben beschriebenen Regeln bewusst brechen. So kann man einen verzweifelten Charakter absichtlich immer gegen den Bildrand laufen oder ihn vom oberen Bildrand „erdrücken“ lassen.

Natürlich kann man auch eine Kombination aus Schwenk, Fahrt und Zoom machen. Allerdings müssen solche Aufnahmen gut geplant und mehrfach ausprobiert werden, damit keine Ruckelbewegungen, Geschwindigkeitsfehler oder unschöne Ausschnitte entstehen.

5. Technische Hinweise

Kamera

Abbildung: C. Kreuzer 2008 [ C ] via Isabelle Evers

Das Display eines Camcorders zeigt oft einen anderen Ausschnitt als Fernseher oder Beamer. Auf dem Beamer oder auf dem Computerbildschirm ist oft mehr zu sehen als auf dem Camcorderdisplay, auf dem Fernseher hingegen zwischen 3% und 5% weniger. Daher empfiehlt es sich, zu störenden Elementen wie z.B. Steckdosen, die man im Bild nicht sehen will, ausreichend Platz vom Bildrand zu lassen und daran zu denken, dass am Ende ein kleiner Teil am Rand des Bildes fehlen könnte (siehe Beispielbild rechts).

Die Kamera fängt oft erst kurz nach dem Drücken des Aufnahmeknopfes an aufzuzeichnen. Daher sollte man immer bereits etwa drei Sekunden vor der eigentlichen Zielaufzeichnung auf den Knopf drücken, und auch am Ende mindestens so lange weiter filmen. Das hilft übrigens auch beim Schnitt.

Beim Filmen wenn möglich immer ein Stativ verwenden, da sich die Sequenzen so besser schneiden lassen und der Film professioneller wirkt.

Interviews filmen

Die folgende Checkliste soll helfen, bei Interviews oder spontanen Befragungen brauchbare Bild- und Tonergebnisse zu erzeugen.

Kamera

  • Schnittbilder: Detailaufnahmen von Händen, Augen, Objekten aufnehmen, die zwischen zwei ähnliche Einstellungen geschnitten werden können (damit der Übergang nicht unschön wird)
  • Passenden Hintergrund wählen: keine störenden Linien oder ablenkende Bewegungen
  • Beleuchtung beachten: kein Gegenlicht, für Lichtschimmer in den Augen sorgen, keine zu starken Schatten im Gesicht
  • Bei geplanten Interviews: wenn möglich etwas Puder gegen Glänzen im Gesicht verwenden, vorher ankündigen, dass keine „flimmernde“ (gestreifte, karierte oder zu grelle) Kleidung getragen werden sollte
  • Personen auf Augenhöhe filmen
  • Befragte darauf hinweisen, dass sie nicht in die Kamera sondern wenn möglich in Richtung des Interviewers schauen sollen
  • In Gesprächspausen weiter filmen, um auch Bilder für Pausen oder Kommentare zu erhalten
  • Ab und zu die Einstellungsgröße oder die Kameraposition wechseln (sofern das die Interviewte Person nicht zu nervös macht)

Anleitung "Grundlagen der Kamerabedienung" [pdf] [68 KB] 
Anleitung "Kameraführung" [pdf] [191 KB]  
Anleitung "Interviews filmen" [pdf] [60 KB]  

1 In Auszügen entnommen aus: Keller, Marco (2007): Kameratipps. Internes Arbeitspapier Seminar „Die Ästhetik der Bewegten Bilder“ an der Pädagogischen Hochschule Freiburg.

2 Videoaktiv Digital (SH 2009)

3 Channel Unit GmbH/ Galileo Press GmbH (Hrsg., 2003): Digitales Filmen: Aufnahmetechniken (DVD)

4 Rogge, Axel (2008, 2.Aufl.): Die Videoschnitt- Schule. Bonn (Galileo Press), S.57

5 Braun (1993): Grundlagen der visuellen Kommunikation, und Mikunda (1987): Kino spüren.

6Vgl.: http://viscog.beckman.uiuc.edu/djs_lab/CB.html

7 Kny (1998): Grundlagen der Filmgestaltung und Büchele (2002): Digitales Filmen

8 www.slashcam.de