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Schnittteam

Jobvoraussetzungen für Schüler/innen, die schneiden möchten:

  • Am Computer sind sie fit
  • Sie können sich schnell in neuen Programmen zurecht finden
  • Sie haben viel Geduld
  • Sie können Anweisungen auch dann folgen, wenn sie nicht genau ihren Ideen entsprechen
  • Sie schauen gerne Filme und achten auch auf Details

1. Filmschnittregeln

Leider gibt es keine für alle Filmgenres gültigen Schnittregeln. Trotzdem sollte man einige typische Fehler kennen, da sie einen Film unprofessionell wirken lassen, sofern man sie nicht gezielt, wiederholt und konsequent als Stilmittel verwendet:

Abgehackte Sätze : Im Film gesprochene Sätze sollten in sich geschlossen sein, also nicht mittendrin beginnen. Im Notfall kann man einen Kommentator einen unvollständigen Satz „antexten“ lassen.

Anschlussfehler : Da ein Film nur in den seltensten Fällen chronologisch dem Drehbuch entsprechend gedreht wird, muss darauf geachtet werden, dass die Anschlüsse zwischen zwei Einstellungen stimmen und die Kontinuität des Ablaufs nicht gestört wird. Das betrifft unter anderem die Dekoration, die Kostüme, das Licht, die Positionen der Schauspieler, aber auch deren Spiel.1

Auswahlfehler : Schlechte Aufnahmen, auf denen z.B. im Hintergrund jemand winkt oder in denen die Schauspieler oder Interviewten in die Kamera starren, sollte man besser aussortieren.

Bild-Ton-Versatz : Der Ton muss zu den (Lippen-) Bewegungen im Bild synchron sein. Z.B. sollte das Klacken von Schuhen auch dann zu hören sein, wenn die Absätze im Bild auf dem Boden auftreffen.

Dissonanzen : Bei der Vertonung dürfen sich bei der Überlagerung oder Überblendung von Musikstücken oder Geräuschen keine ungewollt schräg klingenden Tonkombinationen bilden.

Doppelungen : Informationen, die das Bild im Film ohnehin gibt, sollte der Kommentar nicht überflüssigerweise wiederholen. Bild und Kommentar müssen sich ergänzen und Texte sollten so sparsam wie möglich eingesetzt und nicht zu kompliziert formuliert werden. Auch muss man nicht immer ganze Sätze verwenden, denn manchmal reicht ein passendes Wort als Impuls völlig aus.

Text-Bild-Scheren 2 : Diese entstehen, wenn der Bildinhalt überhaupt nicht zum Kommentartext oder zum Ton passt. Außer bei gewollt ironischen Bemerkungen stört das sehr.

Tonwertsprünge : Lichtverhältnisse und Farbtöne in zusammenhängenden Bilderfolgen sollten optimalerweise zusammenpassen. In der Nachbearbeitung kann man manches ausgleichen.

Überflüssige Effekte : Häufig bauen Anfänger viele bunte Effekte ein, weil sie von all den Möglichkeiten, die das Schnittprogramm bietet, so begeistert sind. Effekte sollte man aber nur dann verwenden, wenn sie eine Funktion haben und nicht vom Filminhalt ablenken. Beispiel: Schlichte Schwarzblenden können Zeitsprünge oder Ortswechsel darstellen, weiche Blenden (= transparente Überblendung von Bild A in Bild B) können eine verträumte oder harmonische Wirkung erzielen.

Übriggebliebene Bild- oder Tonteile : Vor dem eigentlichen Bild, das im Film zu sehen sein soll, befindet sich noch der Rest einer anderen Aufnahme auf der Timeline. So ein Reststück kann sich auch bei der Vertonung hineinmogeln und einen „Tonsprung“ erzeugen. Besonders bei Überblendungen kann es leicht passieren, dass der Anfang der ungekürzten Filmdatei sichtbar ist und so die Bilder während der Blende wechseln.

Schnitt

Isabelle Evers [ C ]

Bildaussage und Musik sollten ebenso zusammenpassen wie der Takt und das Tempo zum Schnitt. Schön ist auch, wenn nicht ständig Musik im Hintergrund läuft, sondern auch mal an geeigneten Stellen völlige Stille herrscht und nur Geräusche zu hören sind. Um Sequenzen optimal zusammenzufügen, kann man den Ton bereits etwas früher einsetzen lassen als das zugehörige Bild. Das nennt sich “J-Schnitt“, da auf der Timeline ein „J“ entsteht (siehe Abb. rechts).

Trenner (= zwischen Themenblöcken eingefügte Titel oder Grafikanimationen …) helfen, den Film zu strukturieren oder interessanter zu machen. „Bauchbinden“, also kleine Textfelder am unteren Bildrand, geben dem Zuschauer nähere Informationen dazu, wer da gerade spricht.

Es ist wichtig immer im Hinterkopf zu haben, für welche Zielgruppe der Film gedacht ist. Beispielsweise sind Musikvideokonsumenten jüngeren Alters sehr schnelle Schnitte und Bildfolgen gewöhnt, wohingegen ältere Zuschauer häufig längere Einstellungen bevorzugen.

2. Montage3

„Filmmontage ist eine Sammelbezeichnung für einen komplexen Vorgang, der den Film in seinem Ablauf strukturiert, seine visuellen und akustischen Elemente auswählt, anordnet und sie organisiert, indem er sie durch Schnitt gegenüber stellt, aneinander reiht und/oder in ihrer Dauer begrenzt.“4

Grundbegriffe

Einzelbild : auf Englisch „frame“. In Europa hat ein Film 24 Bilder pro Sekunde (PAL-Format).

Einstellung :  die kleinste filmische Einheit, also von „Kamera an“ bis „Kamera aus“. Auch das Stück von Schnittanfang bis Schnittende ist eine Einstellung. Siehe hierzu auch: Einstellungsgrößen .

Sequenz : durch Montage zusammengesetzte oder in einer Einstellung gedrehte organische, filmische Einheit. Mehrere im Schnitt zusammengefügte Einstellungen (oder die in einer Einstellung gedrehte Aussage) verbinden sich zu einer inhaltlichen Einheit.

Szene : aus der Theatertradition kommend: die Einheit von Ort und Zeit des Dargestellten. Fälschlicherweise oft für Einstellung oder Sequenz bei Film und Fernsehen benutzt.

Haupttypen der Montage

Vertikale Montage: Einstellung A wird an Einstellung B gehängt.

Plansequenz: Hierunter versteht man eine ungeschnittene Sequenz einer Handlungseinheit in einem Film, eine 'autonome' Einstellung. Im Spielfilm liegt ihr oft ein kompliziertes Zusammenspiel aus Kamerabewegung und/oder Bewegung im Bild zugrunde, wodurch die Einheit der Handlung inhaltlich zusammengeschweißt wird. In der Reportage ist das Prinzip der laufenden, durchdrehenden Kamera, die das Geschehen durchgängig beobachtet, wichtiges Arbeitsprinzip, um die Authentizität des Geschehens zu transportieren.

Einige inhaltliche Möglichkeiten

Erzählende (narrative) Montage: Die einzelnen Einstellungen oder Sequenzen einer bestimmten Handlungsabfolge werden kontinuierlich aneinander gefügt.

Analytische Montage: Die einzelnen Einstellungen oder Sequenzen stehen zueinander in einem Verhältnis von Ursache/Wirkung, Absicht/Folgen, Widerspruch etc.

Parallelmontage: Einstellung/Sequenz A und Einstellung/Sequenz B zeigen verschiedene Handlungsabläufe, die aber miteinander in Zusammenhang stehend durcheinander montiert werden und auf ein gemeinsames Ziel hinführen.

Parallelisierende Montage: Ähnlich wie die Parallelmontage, die Handlungen stehen aber nicht in einem direkten Zusammenhang der Handlungen, sondern in einem dialektischen Zusammenhang der Themen. Ihr Verlauf führt nicht zu einem gemeinsamen Punkt. Ihr Ziel ist die Abgrenzung, der Kontrapunkt (z. B. Fließbandarbeiter und der Generaldirektor am Feierabend, Staatsanwalt beim Golfen, Todeskandidat im Gefängnis).

Kontrastmontage: Einstellung B steht im Gegensatz zu Einstellung A.

Analogiemontage: Einstellung B zeigt etwas Ähnliches wie Einstellung A, wodurch Gemeinsamkeiten der Handlungsabläufe oder Inhalte verdeutlicht werden.

Allegorische Montage: Eine Handlung wird durch ein schnell lesbares, konventionelles Sinn- bzw. Klischeebild ersetzt.

Metaphorische Montage: Mit storyinternen oder -fremden Motiven wird eine Metapher (Chiffre, Gedanke, symbolhaftes Bild) geschaffen (z.B. Demonstration - Eis bricht auf).

3. Grundprinzipien der „narrativen“ Montage5

  1. Progressive Montage: Man montiert die Bilder, indem man erst das Allgemeine zeigt, dann einen Übergang (Transit) schafft und mit einer Detailaufnahme endet. Dieses deduktiv analysierende Vorgehen spricht vor allem die Verstandesebene des Zuschauers an und wird oft bei Erklärstücken eingesetzt.
  2. Regressive Montage: Man montiert die Bilder so, dass erst ein Detail/ etwas Besonderes gezeigt wird, dann schafft man einen Übergang und hört mit einer Übersicht des Geschehens auf. Dieses induktive schrittweise Enthüllen weckt beim Zuschauer Neugierde, baut Spannung auf. Regressive Montagen sprechen vor allem die emotionale Ebene des Zuschauers an und werden vor allem in der Werbung und bei Reportagen als "starke Bilder" an den Anfang gesetzt.
Schnitt

.Abbildung: V. Morbe [C] via Isabelle Evers

4. Schnittprinzipien

  1. Explizit: auffälliger oder "harter" Schnitt. Lässt man Bilder mit Transitfunktion weg, erfolgt also der Übergang vom Horizont zum Focus (oder umgekehrt) abrupt, dann wird die Montage auffällig, sichtbar, spürbar. Dadurch wird ganz deutlich: hier wurde geschnitten.
  2. Implizit: Verwendet man Bilder mit Transitfunktion, also schafft man Übergänge vom Allgemeinen zum Besonderen, vom Horizont zum Focus oder umgekehrt - evtl. in mehreren Stufen - dann entsteht so etwas wie eine "unsichtbare“ oder eine "weiche“ Montage. Diese geschieht auf drei Ebenen:
    • Bildaufbau/Bildkomposition: Räume, handelnde Personen sowie deren Position in den Räumen müssen vom Zuschauer von Einstellung zu Einstellung sofort wieder erkannt werden können. Ein hohes Maß an Kontinuität kann auch dadurch erreicht werden, dass bei hintereinander montierten Bildern das für den Zuschauer entscheidende Bildelement möglichst immer an derselben Stelle innerhalb des Raumes erscheint. Wenn der Zuschauer suchen muss, wird der Aufmerksamkeitsfluss gebrochen; vor allem beim Springen von Linien (Horizont, Vertikalen oder Diagonalen).
    • Bewegungen im Bild/des Bildes: Unmerkliche Schnitte erzielt man auch durch ineinandergreifende oder weiterführende Bewegungen. Da die Aufmerksamkeit des Zuschauers in hohem Maße durch Bewegungen stimuliert wird, nimmt er in diesen Fällen Bildwechsel oft kaum mehr wahr - der Schnitt wird "unsichtbar".
    • Bildfunktionen und Bilddimensionen: "unsichtbare" Montage kann nur entstehen, wenn Bilder mit Transitfunktion verwendet werden. Abrupte Wechsel der Bilddimensionen - aus der Totalen direkt auf eine Große oder umgekehrt - fordern den Zuschauer zum Mitdenken auf, wodurch sein geplanten Aufmerksamkeitsfluss kurzfristig blockiert werden kann.

Anleitung "Filmschnittregeln" [pdf] [40 KB]
Anleitung "Grundprinzipien der narrativen Montage" [pdf] [145 KB]
Überblick "Montage" [pdf] [48 KB]

1Schroeder, Johannes (2008), Workshop PH Freiburg, SoSe 2008 Ausdruck v. 24.07.2008

2 Rogge, Axel (2008, 2.Aufl.): Die Videoschnitt-Schule. Bonn (Galileo Design) S. 100-107

3 Dieses Handout basiert auf Schroeder, Johannes (2006): Montage 04/2006 Ausdruck v. 08.06.2006

4 Beller, Hans (Hrsg., 1993): Handbuch der Filmmontage, München

5 Schroeder, Johannes (2006): Montage 04/2006 Ausdruck v. 08.06.2006