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Einführung

Eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS) wird nach ICD-101 den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen zugeordnet. Mit der Diagnostik, der Behandlung sowie der damit vielfach in Verbindung stehenden Netzwerkarbeit befassen sich Sozialpädiatrische Zentren (SPZ), Kinder- und Jugendpsychiatrische Kliniken (häufig in Institutsambulanzen und Tageskliniken) sowie frei niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiater sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten.

Besonderheiten in der kindlichen Entwicklung bei ASS zeigen sich häufig in

  • der Wahrnehmung und in sensorischen Besonderheiten,
  • der sozialen Interaktion,
  • der Kommunikation sowie
  • in besonderen Verhaltensmustern und Sonderinteressen.

Es gibt keine allgemein anerkannte Erklärung der Ursachen einer Autismus-Spektrum-Störung. Ein Zusammenhang mit genetischen Faktoren wird jedoch verschiedentlich hergestellt. Bei einer Autismus-Spektrum-Störung sind Art und Ausprägungsgrad der Symptome sehr unterschiedlich. Autismus kann schon im frühen Kindesalter bestehen, die Symptome und deren Auswirkungen sind jedoch häufig erst später erkennbar, wenn die (sozialen) Anforderungen steigen. Das Spektrum bewegt sich von sogenannten „autistischen Zügen“ bis hin zu Menschen mit schwerwiegenden autistischen Störungen. Die Bandbreite der kognitiven Fähigkeiten reicht von einer geistigen Behinderung bis zur Hochbegabung. Die Diagnose Autismus macht deshalb keine Aussage über die kognitive Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Demzufolge befinden sich Kinder und Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum-Störung in allen vorschulischen Einrichtungen und in allen Schularten.

Autismus geht mit verschiedenen Symptomen und Erscheinungsbildern einher, wie zum Beispiel mit Beeinträchtigungen in der funktionalen Sprache, mit oppositionellem Verhalten, Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörungen, Ängsten, depressiven Symptomen oder Zwängen. Der Bereich der sozialen Interaktion ist häufig durch eine eingeschränkte Interpretation von Gestik und Mimik und durch eine eingeschränkte Verarbeitung von komplexen sozialen Informationen beeinträchtigt. Dies kann sich in der Kontaktaufnahme zu Gleichaltrigen zeigen, oder wenn es darum geht sich in Andere hineinzuversetzen, um Schwierigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten mit einem Gespräch zu lösen. Ein weiterer Bereich liegt bei der Entwicklung der motorischen Fertigkeiten, der sich auf die Handlungsplanung auswirkt. In diesem Zusammenhang sind im schulischen Kontext häufig Probleme in der Feinmotorik (zum Beispiel Schreiben) oder auch in der Selbstorganisation zu beobachten.

Neben allen Einschränkungen und Besonderheiten zeigen sich bei Menschen mit Autismus auch besondere Stärken: Sie haben oft besondere Interessen mit einem hoch differenzierten Fachwissen oder Sonderbegabungen wie zum Beispiel dem absoluten Gehör. Auch logisches Denken, eine ausgeprägte Wahrnehmung für Details sowie ein ausgesprochener Sinn für Gerechtigkeit, den sie meist deutlich vertreten und einfordern, ist ihnen häufig zu eigen.

Die Betroffenen haben vor dem Hintergrund ihrer spezifischen Wahrnehmung häufig Schwierigkeiten, Ereignisse zu verstehen und einzuordnen, deshalb legen sie meist großen Wert auf Vorhersehbarkeit und geregelte Abläufe und benötigen eine klare, eindeutige Sprache. Sie schätzen eine übersichtliche Alltagsstruktur sowie Rückzugsmöglichkeiten bei sozialer Überanstrengung oder Überforderung.

All diese Symptome und Erscheinungen treten nicht unbedingt bei jedem Menschen mit Autismus auf und sind individuell und altersabhängig ausgeprägt.

Damit die Betroffenen mit ihren Verhaltensproblemen wie zum Beispiel der eigenen Impulsivität besser umgehen lernen, nehmen sie häufig ein unterstützendes therapeutisches Angebot, beispielsweise eine Verhaltenstherapie oder ein soziales Kompetenztraining in Anspruch. Nicht selten werden auch Psychopharmaka in der Behandlung eingesetzt.2

Autismus wirkt sich unterschiedlich stark auf das vorschulische und schulische Lernen aus. Um den jungen Menschen mit Autismus eine möglichst optimale Lernumgebung zu bieten, ist das Wissen um die Besonderheiten und deren Auswirkungen wichtig.

1 10. Version der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme "International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems" (zuletzt abgerufen am: 07.02.2023)

2 Quelle: Christine Freitag, „Wenn die Weichen falsch gestellt sind“ – FAZ 08.11.2017

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