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Wie gehe ich als Lehrkraft mit „diesem heiklen Thema“ um?

Was sollte ich im Vorfeld des Unterrichtens beachten?

  • Eine Behandlung rechter bzw. politischer Songs im Musikunterricht setzt eine gewisse Aufgeschlossenheit, Reife und Reflexionsfähigkeit der Schüler*innen voraus und ist daher eher ab der Oberstufe zu empfehlen, in Einzelfällen auch schon in der oberen Mittelstufe, dann jedoch mit einer altersgemäßen Auswahl / Reduktion und passgenauer Methodik.
  • Ein sensibler und differenzierter Umgang mit dem Thema und eine grundsätzliche Aufgeschlossenheit gegenüber den Meinungen der Schüler*innen sind für die Lehrkraft unbedingt notwendig; es besteht ein schmaler Grat zwischen „erhobenem Zeigefinger“ und unfreiwilliger Propaganda. Die Rolle der Lehrkraft lieg darin, die kritische Analyse und Auseinandersetzung der Schüler*innen zu moderieren, zu fördern und eine kontroverse Diskussion unbedingt zuzulassen.
  • Voraussetzung für eine sachgemäße Behandlung im Unterricht ist die eigene Auseinandersetzung mit den (angehängten) entscheidenden Gesetzestexten, ganz besonders mit dem Grundgesetz, Artikel 53:
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    (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

    (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

    (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

    Lediglich die Vervielfältigung und Verbreitung einzelner Songs aufgrund ihres strafrechtlichen oder jugendgefährdenden Potentials kann untersagt werden durch die sog. „Indizierung“. Auch eine Band kann nicht verboten werden aufgrund ihrer Songs, sondern nur, wenn sie Straftaten verübt bzw. unterstützt, deckt usw.! Meistens werden Songtexte so formuliert, dass sie eben nicht rechtlich angreifbar sind, besonders auch durch die Verwendung von vordergründig harmlosen „Codes“, deren wahre Bedeutung in der entsprechenden Szene bekannt sind.

     

  • Empfehlenswert ist es sicherlich, vor der Behandlung im Unterricht Kontakt aufzunehmen zum/zur Präventionsbeauftragten der Schule, zur Schulleitung oder/und zu den Geschichts- bzw. Gemeinschaftskunde-Kolleg*innen.
  • Als Lehrkraft weiß man nur selten, welche individuellen Erfahrungen Schüler*innen mit bestimmten Themen gemacht haben und inwieweit sie bereits zu Opfern von (körperlicher oder seelischer) Gewalt wurden. Bewährt haben sich daher sog. „Trigger-Warnings“ generell vor der Behandlung sensibler Themen im Unterricht. Beispielsweise könnte man als Lehrkraft eine Woche vorher das jeweilige Thema ankündigen und den Schüler*innen dabei auch die Option ermöglichen, bei der Behandlung des Themas nicht dabei zu sein. Das Gleiche gilt für das gemeinsame Hören von Songs, deren Inhalte belastend sein könnten (z.B. auch durch gewaltverherrlichende Darstellung).

Welches Material darf ich im Unterricht zeigen?

  • Den Umgang mit „Propagandamaterial“ regelt § 86 Absatz (3) des Strafgesetzbuchs: Demnach ist das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nicht strafbar, „wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient“.

Wann muss ich als Lehrkraft unbedingt handeln?

  • Wenn im Unterricht Aussagen von Schüler*innen eine radikale politische Position vermuten lassen, ist es wichtig, sich klar zu positionieren, allerdings zur Aussage, nicht zur Person - sinngemäß: „Du bist mir lieb, aber deine Aussage ist es nicht“. Radikale Aussagen oder Haltungen sind oft eher ein Indikator, dem man (gemeinsam!) nachgehen sollte.
  • Grundsätzlich macht sich jeder, also auch jede Lehrkraft strafbar, die von einer Straftat oder der Planung einer Straftat (§ 138 StGB) weiß und diese nicht anzeigt. Dazu gehört beispielsweise auch die Ankündigung, sich einer terroristischen Vereinigung -auch im Ausland- anschließen zu wollen (§129a und §129b StGB, sog. „Terrorparagraph“)
  • Wenn verfassungsfeindliche Symbole im Schulkontext auftauchen (z.B. ein Hakenkreuz in der Toilette), muss die Schule den Vorfall bei der Polizei anzeigen. Es geht dabei im Übrigen auch um eine Dokumentation verfassungsfeindlicher Vorfälle, auch wenn es sich vermeintlich um einen „harmlosen Streich“ handelt.
  • Im Zweifelsfall sollte immer die Schulleitung miteinbezogen werden. Unabhängig von der Anzeige eines Vorfalls (oder einer kritischen Aussage) wäre in einem nächsten Schritt zu überlegen, wie man schulintern mit einem solchen Vorfall umgeht. Es ist sicher weniger ratsam, „Schuldige“ zu suchen und zu bestrafen, als vielmehr sich als Schule klar zu positionieren und etwas proaktiv entgegenzusetzen. Die eine oder andere Veranstaltung (Klassentage, Projekttage, Aktionstage, Elternabende) zu Themen wie „Zivilcourage“, „Respekt und Toleranz“, „Schule ohne Rassismus“ usw. wären ein geeignetes und klares Signal, dass eine Schule Profil zeigt!
  • (Kostenlose) Unterstützung hierfür findet man in Form von Angeboten und Beratung beim Demokratiezentrum Baden-Württemberg .

 

3 Quelle: https://dejure.org/gesetze/GG/5.html

 

Aktuelle politische Musik: Herunterladen [pdf][629 KB]

 

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